Veyron Swift und das Juwel des Feuers
Silberschwan startete mit dröhnenden Motoren und stieg wieder in die Lüfte. Die eroberte Giganthornisse ließen sie zurück, Tom schenkte dem Tier die Freiheit. Zumindest eine Sklavin weniger, über die Nemesis gebietet , dachte er etwas wehmütig. Obwohl sie ein richtiges Monster war, hatte er die Giganthornisse irgendwie liebgewonnen.
Der Flug nach Talassair dauerte etwa zehn Stunden bei etwas unter 200 km/h. Schneller traute sich Captain Viul aufgrund der Schäden nicht zu fliegen. Die Reise zum Inselreich ging über viele Länder, überquerten mehrere kleinere Gebirge, Seen, Flüsse und Wälder. Schließlich erreichten sie das Meer. Lange flogen sie über die azurblauen Fluten, erblickten hin und wieder ein Segelschiff.
Am späten Nachmittag erreichten sie die Insel Talassair und befanden sich im Landeanflug. Talassair war riesig, gut und gerne an die einhundert Kilometer lang und etwa die Hälfte breit. Sie hatte die Form einer riesigen Träne, die im Norden ihre schmalste Stelle besaß. Ihre dunklen Küsten ragten fast senkrecht aus den peitschenden Wellen. Darüber erhoben sich viele grüne Hügel, die sich zu vier großen Bergen im Zentrum der Insel auftürmten. Das Klima war mediterran, warm aber nicht zu heiß, die Luft meistens trocken. Wälder gab es kaum, aber es wuchsen überall viele dichte Hecken.
Im Süden lag eine Lagune, in der das Wasser ruhig genug war, um die Silberschwan ungefährdet zu landen. Tom erspähte aus den Fenstern einen großen Hafen, zahlreiche Schiffe ankerten dort. Er sprang hoch vor lauter Aufregung.
»Wow! Schaut doch, schaut doch!« rief er voller Begeisterung. Veyron und Tamara blickten aus den Bullaugen. Sie entdeckten mehrere prunkvolle Linienschiffe des 18. und 19. Jahrhunderts. Nebeneinander lagen sie im Hafenbecken, mit hohen Masten und bunt bemalten Holzrümpfen, gleich daneben einige eiserne Kriegsschiffe aus der viktorianischen Ära. Ihre Kamine dampften, die Rümpfe strahlend weiß, mit goldgelben Aufbauten.
»Kapitän Viul hat nicht zu viel versprochen. Die Ramer-Könige haben ja allerhand Dinge aus unserer Welt nach Elderwelt schaffen lassen. Das da drüben ist die Oregon , ein altes Schlachtschiff aus den Vereinigten Staaten. Du kannst sie an den Kanonentürmen erkennen, sie sehen aus wie übergroße Pillendosen. Sie wurde 1956 verschrottet, zumindest glaubt man das in unserer Welt. In Wahrheit wurde sie hier wieder aufgebaut. Ich frage mich, auf welcher Museumsstücke wir noch alles stoßen werden«, erklärte Veyron. Tamara schüttelte nur den Kopf.
»Männer und ihre Spielzeuge«, murmelte sie abfällig. Veyron gestattete sich ein breites Grinsen.
»In diesem Fall dürfen Sie das durchaus wörtlich nehmen.«
Die Silberschwan landete unerwartet sanft und glitt hinüber zur Hafenanlage. Dort wurde sie bereits von einigen Seeleuten erwartet, welche die Taue auffingen, die ihnen die Matrosen des Flugschiffs zuwarfen. Kapitän Viul hieß seine Besucher auf Talassair willkommen und wünschte ihnen viel Spaß und Erfolg am Hof des Königs.
»Er erwartet euch bereits. Macht mir also bloß keine Schande!«
Tom fragte Viul und Toink ob sie nicht mitkommen wollten, doch sie lehnten ab. Die Silberschwan benötigte jetzt eine professionelle Reparatur. Außerdem war Jessica noch immer im Gepäckraum eingesperrt. Jmand musste auf sie aufpassen und ihr Beruhigungsmittel verabreichen. Veyron hielt das während des Tages für unnötig.
»Sie ist zwar jetzt wach, aber keine Gefahr für uns. Sie würde nicht entkommen können, die Sonne würde sie verbrennen. Ich hatte während des Fluges einige Gelegenheit mit ihr zu reden. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob sie überhaupt noch fliehen will. Ihr scheint inzwischen bewusst zu sein, dass sie versagt hat und dass Nemesis sie wahrscheinlich exekutieren wird, sollte sie es wagen, zu ihm zurückzukehren. Dennoch: Lassen Sie den Gepäckraum weiterhin bewachen, vor allem wenn’s dunkel wird. Ich habe eine Betäubungsspritze vorbereitet, nur für den Fall das Sie sicher gehen wollen.«
Mit dieser Warnung verließen Tamara, Veyron und Tom die Besatzung der Silberschwan . Auf der Kaimauer erklärten ihnen die Seemänner, dass im Hafenbüro ein Bote des Königs auf sie wartete.
Das Hafenbüro lag im zweiten Stock eines Holzhauses und der Weg dorthin führte die drei vorbei an großen Lagerhallen, Werkstätten, Unterkünften und Gaststuben. Der Hafen war zweigeteilt, wie sie erkannten. Die eine Hälfte war ausschließlich
Weitere Kostenlose Bücher