Veyron Swift und das Juwel des Feuers
stolz die grüne Fahne Talassairs flattern ließ. Er riss sie aus, drückte sie Tom in die Hände.
»Stoß ihr damit zwischen die Beine, wenn wir nahe genug sind. Keine Sorge, sie wird sich nur ein paar Knochen brechen. Vampire halten so etwas locker aus, ich hab es selbst erlebt«, rief er. Tom klemmte sich die Stange wie eine Lanze unter den Arm, konzentrierte sich ganz auf Jessica. Sie näherten sich ihr Meter für Meter, er machte sich für den Stoß bereit. Jessica blickte kurz in ihre Richtung, fletschte die Zähne. Plötzlich sprang sie hoch in die Luft, und weit über Veyron und Tom hinweg. Elegant wie ein Flughörnchen landete sie an der Mauer eines hohen Wohngebäudes und krallte sich in den Putz. Veyron hielt an, schaute ihr interessiert zu.
»Eine clevere Alternative. Ich weiß allerdings bereits, was sie vorhat«, sagte er und beschleunigte wieder. Tom war jetzt vollkommen verwirrt.
»Wo fahren Sie denn hin? Sie klettert das Haus hinauf! Wenn Sie das Dach erreicht, erwischen wir sie niemals«, jammerte er, wütend darüber, wieder einmal nicht in Veyrons Pläne eingeweiht zu werden.
»Das Ziel ist immer noch der Hafen, wir brauchen nur ein wenig Vorsprung, das ist alles!« erwiderte sein Pate schnell.
Tamara versuchte eine andere Strategie. Sie fuhr um das Gebäude herum, als Jessica die Hausmauer hinaufkletterte. Sie gelangte in den Hinterhof. Genau wie sie sich gedacht hatte, befand sich dort eine Rettungsleiter. Sie sprang vom Motorrad und eilte die Leiter hinauf. So schnell sie konnte, hastete sie die Sprossen hoch. Sie wusste, wie schnell Jessica im Klettern war. Wenn sie vor ihr auf dem Dach sein wollte, brauchte sie alle Kraft und Geschwindigkeit.
Ein Schatten kam um die Hausecke, schnell wie ein Tier, doch zweifelsfrei von menschlicher Gestalt. Jessica! Sie machte einen gewaltigen Satz und landete auf der Rettungsleiter. Blitzschnell hangelte sie sich nach oben. Tamara musste sich richtig anstrengen, um mitzuhalten.
»Reed! Jessica, stopp!«, rief sie schwer schnaufend. Die Vampirin hielt für einen Moment inne und blickte nach unten. Tamara kletterte ihr so schnell sie konnte entgegen.
»Geben Sie auf, Sie können nicht entkommen! Noch haben Sie niemanden getötet oder ernsthaft verletzt. Geben Sie auf, dann wird man Sie gnädig behandeln!«
Jessica erwiderte Tamaras Blick voller Furcht.
»Sie kennen Nemesis nicht. Er wird mich töten, wenn ich ihm dieses Juwel nicht bringe«, winselte sie. Tamara kletterte weiter. Jessica war nur noch ein paar Meter über ihr.
»Die Elben können Ihnen helfen! Ich weiß es! Es ist noch nicht zu spät«, erwiderte sie. Jessica verharrte regungslos, zögernd, mit ihrer Angst ringend. Im nächsten Moment wurde ihr Gesichtsausdruck wieder kalt, die Angst hatte gesiegt. Sie kletterte weiter.
»Nein, mir kann niemand helfen. Ich bin eine Ausgestoßene, genau wie Sie. Oder glauben Sie wirklich, dass Sie jemals Vergebung finden werden, wenn Sie in die Menschenwelt zurückkehren? Sie sind eine Terroristin! Sie sind doch überhaupt erst Schuld daran, das alles so weit kommen musste!« zischte die Vampirin. Mit einem letzten Satz sprang sie aufs Dach, doch Tamara war dicht hinter ihr. Sie warf sich nach oben, bekam ihren rechten Stiefel zu fassen. Jessica strauchelte und landete hart auf dem Dachbeton.
Tamara setzte ihr sofort nach, sprang hoch in die Luft, die Fäuste geballt. Jessicas Reaktionen waren jedoch schneller als die jedes Menschen. Sie rollte zur Seite, wie eine Sprungfeder katapultierte sie sich in die Luft, landete auf ihren Füßen und rannte davon. Tamara trat nach ihr, doch sie erwischte nur Luft. Jessica sprang vom Rand des Daches, hinüber auf das nächste Gebäude. Tamara schnaufte, nahm Anlauf und warf sich in die Luft. Sie schrie vor Anstrengung. Es war ein Sprung, der all ihre Kraft kostete. Krachend landete sie auf dem anderen Hausdach. Alles schmerzte, doch sie verzog keine Miene. Jessica, die dem Ganzen überrascht zugesehen hatte, wirbelte herum und rannte weiter. Tamara hetzte ihr hinterher, aber die Vampirin war zu flink.
Mit einem gewaltigen Satz, als hätte sie nur das Gewicht einer Feder, sprang sie einfach auf das nächste Hausdach und Tamara – erfüllt von ihrem unerbittlichen Instinkt – stürmte ihr hinterher. Erneut brauchte sie alle Kraft, um den Abstand zwischen den Dächern zu überwinden. Er betrug gut und gerne fünf oder sechs Meter. Einer Leistungssportlerin wären kaum mächtigere Sprünge gelungen. Im
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