Veyron Swift und das Juwel des Feuers
Ersatzkleidung und selbst den allermeisten Proviant hatten sie zurückgelassen. Veyron war jedoch noch einmal umgekehrt, hatte sich seinen Rucksack geschnappt und war erst danach den anderen zur Klippe gefolgt. Jetzt band er sich das eine Ende des Seils um die Hüfte, das andere drückte er Tom in die Hand.
»Was haben Sie vor? Wo wollen Sie denn jetzt wieder hin?« fragte er verdutzt. Veyron deutete hinaus auf den Fluss.
»Zu diesem Tier, wohin sonst? Die Klippe ist viel zu steil, als das man sie gefahrlos bei Nacht hinauf klettern könnte, außerdem ist sie viel zu hoch.«
»Sie sind krank, Mann! Was ist, wenn das Biest gar nicht tot ist?«
»Mein lieber Tom, mit einem gesprengten Schädel ist jede Bestie tot. Soviel sollte sogar dir klar sein.«
»Was wenn ihre Schwestern zurückkommen?«
Veyron blickte in den Himmel. Alles war so ruhig, als wenn nie etwas gewesen wäre.
»So gesehen wäre ich da draußen sogar sicherer als du hier. Zudem ist Anschleichen nicht gerade deren Stärke. Wir würden sie schon aus meilenweiter Entfernung wahrnehmen. Also, du hältst das Seil fest. Die Strömung ist nicht sehr stark, aber rund um die Hornisse könnten sich einige gemeine Strudel bilden«, erklärte er und stieg zurück ins Wasser. Tom schaute seinem Paten kopfschüttelnd zu.
Die Lage am Ufer entspannte sich allmählich. Jessica hing in den Armen von Nagamoto und weinte, während er sie behutsam streichelte.
»Das ist nicht fair«, jammerte sie immer wieder. »Ein solches Ende hat Harry nicht verdient.«
Sie wandte sich an die Terroristen, die mit dem Rücken zum Wasser beisammen saßen. Alle sahen sie schockiert und betroffen aus, konnten nicht glauben was geschehen war. Alec war in düstere Gedanken versunken, rieb sich brodelnd die geschwollene Hand.
»Daran seid nur ihr Scheißkerle schuld! Ihr habt Harry auf dem Gewissen, ihr verfluchten Mörder!« fauchte Jessica. Sie riss sich aus Nagamotos Umarmung, wollte Alec angreifen, doch Nagamoto hatte sie schnell wieder eingefangen und hielt sie fest.
Tamara saß abseits der anderen, die Beine fest umschlungen. Welche Gedanken sie verfolgten, vermochte Tom nicht zu sagen. Er bemerkte auf einmal Tränen, die aus ihren Augen kullerten. Sie wischte sie sofort weg, damit niemand es sah.
»Um wem sie wohl trauert? Um Claude oder um Harry, oder um alle beide?« fragte er sich. Allerdings war er immer noch nicht bereit, ihr die Beteiligung an der Flugzeugentführung, den harten und herzlosen Umgang mit den Gefangenen und den versuchten Überfall auf das vermeintliche Rettungsteam zu vergeben.
Der Einzige, der überhaupt keine Gefühle offenbarte, blieb Veyron Swift. Tom schaute zu, wie er auf dem Buckel der Hornisse herumkletterte, wie die Taschenlampe mal hierhin, mal dorthin leuchtete. Nach einer gefühlten halben Ewigkeit schwamm er zurück ans Ufer. Tom konnte die Begeisterung sehen, von der sein Pate erfüllt war, sie sogar förmlich spüren. Veyron rieb sich mit einem breiten Lächeln die Hände.
»Das sind keine echten Insekten«, berichtete er. Tom blinzelte ungläubig.
»Also mir kamen sie ziemlich lebendig vor!« protestierte er.
»So meinte ich das auch nicht. Von außen betrachtet ist das eine wirkliche Hornisse der Art vespa crabro germana , aber um den Faktor 200 vergrößert. Ansonsten stimmt nichts mit normalen Insekten überein. Ihr Panzer besteht aus winzigen wabenförmigen Zellen. Sie sind hohl, der Hinterleib enthält riesige Luftkammern, gefüllt mit einem Gas, dass das Tier leichter macht. Normalerweise müsste es an die vier Tonnen wiegen, könnte also niemals fliegen. So wiegt es jedoch vielleichte eine, höchstens aber zwei Tonnen. Das Herz ist kräftiger und die Lungenröhrchen, die Tracheen, die den ganzen Körper durchziehen, sind mit Muskeln umgeben. Damit kann das Tier Atmung simulieren. Du solltest dir die Muskeln der Flügel einmal ansehen. Sie füllen fast den ganzen Brustkörper aus. Ich schätze, dass dieses Tier pro Flügel 1000 PS Leistung aufbringt. Was sagt dir das?«
Tom überlegte einen Moment.
»Keine Ahnung. Es ist ein Pseudo-Insekt? Eine Laune der Natur? Das Achte Weltwunder?«
Veyron seufzte, drückte sich mit den Fingern die Augenlider zu, wie er es immer tat, wenn er um Geduld für den langsamen Verstand seiner Mitmenschen rang.
»Dieses Tier ist ein Produkt ausgeklügelter Genmanipulation oder dunkler Magie. Ich bin mir sicher, du weißt, wen ihn ich im Verdacht habe.«
Tom weitete die Augen, als er an ihr altes
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