Veyron Swift und das Juwel des Feuers
wie letzte Nacht. Jessica war jedoch klug genug, nicht erneut aufzubegehren. Schweigend marschierte sie weiter. Sie ließ sie es sich allerdings nicht nehmen, Said beiseite zu stoßen, als sie an ihm vorbei kam. Er nahm es zu Toms Erstaunen ohne jede Gegenwehr hin.
»Bald ist es soweit«, raunte Veyron leise. »Es braucht nicht mehr viel, dann bricht die ganze Gruppe auseinander. Sieh dir nur ihre Gesichter an, Tom. Sie trauern um ihren verlorenen Freund und sie misstrauen Alecs Urteilsvermögen. Die ganze Terroristensache macht ihnen keinen Spaß mehr. Sie zweifeln, sie bereuen. Und sie haben alle Angst, was verständlich ist, wenn man sich an letzte Nacht erinnert.«
Tom versuchte aus den Gesichtern der Terroristen irgendetwas herauszulesen, doch es gelang ihm nicht. Er fragte sich, was wohl geschehen würde, wenn der Zusammenhalt zwischen diesen Verbrechern auseinanderfiel. War das gut für sie oder würde Alec sie alle eiskalt umlegen? Für ihn war nur klar, dass der Anführer des Roten Sommers den Verstand verloren hatte.
Die Stunden vergingen und der Wald wollte einfach nicht aufhören. Die Gruppe hatte sich weit auseinander gezogen. Alec, Nagamoto und Said waren weit voraus. Ein Dutzend Meter hinter ihnen trottete Fizzler teilnahmslos durch das Unterholz, beobachtet von Xenia, die ihre Waffe achtlos zu Boden baumeln ließ. Carlos, der sich hustend, schwankend und torkelnd vorankämpfte, fiel immer weiter zurück. Tamara bildete mit Dimitri, Veyron und Tom abermals das Schlusslicht.
»Venestra«, sagte sie plötzlich. Tom drehte sich zu ihr um. Er verstand nicht, was das heißen sollte. Dieses Wort hatte er noch nie gehört.
»Das ist mein Nachname. Du hattest mich danach gefragt.«
Sie brachte ein zaghaftes Lächeln zustande. Eigentlich hätte ihr Tom gerne gesagt, dass ihn das gar nicht mehr interessierte. Aber angesichts von Veyrons Voraussicht, dass die Terrorbande gerade dabei war als solche aufzuhören zu existieren, wollte er Tamara lieber nicht durch neue Unverschämtheiten provozieren.
»Das klingt schön«, sagte er stattdessen. Komischer Weise meinte er es sogar ehrlich. Er lächelte und sie erwiderte es zaghaft.
»Was tust du da«, fuhr Xenia plötzlich dazwischen. Die junge Terroristin schien vollkommen fassungslos.
»Wir dürfen unsere Nachnamen nicht verraten! Das ist Hochverrat, was du da machst!«
Tamara wollte etwas erwidern, aber es war Carlos, der plötzlich das Wort ergriff.
»Und wenn schon«, hustete, wischte sich dabei Blut vom Mund. »Wer sollte daraus jetzt noch Nutzen ziehen? Glaubst du, das wird diese Giganthornissen interessieren? Oder diesen verfluchten Wald? Xenia, wir werden hier alle sterben, niemand wird nachhause zurückkehren!«
Der ganze Zug hielt an, alle drehten sich zu ihm um.
»So was will ich nicht hören«, sagte Tamara bestimmend, aber Carlos lachte nur laut, ein Lachen voller Bitterkeit.
»Schön, dann leb du nur solange du kannst. Aber ich sterbe und niemand hier soll mir etwas anderes erzählen. Und wenn ich ehrlich bin, ist es auch besser so. Wir hätten alle mit dem Flugzeug draufgehen sollen, das wäre gerecht gewesen. Doch die Welt ist nicht gerecht, sie ist grausam! Statt uns die Gnade eines schnellen Todes zu gewähren, werden wir am Leben gelassen, damit uns die Monster einer fremden Welt auffressen. Und hey, wisst ihr was? Ich weiß auch schon, wen sie sich als nächstes holen.«
Als Antwort auf seine eigene Frage, deutete Carlos mit beiden Daumen auf sich. Voll bitterem Zynismus begann er zu lachen und wollte damit gar nicht mehr aufhören. Das war zu viel für die junge Xenia. Sie biss sich in die Hand und wandte sich ab, um nicht gleich loszuweinen.
Tamara sagte nichts, sondern konzentrierte ihren Blick auf die Umgebung. Die Schuld die sie in sich fühlte, die sie schon so lange begleitet hatte, bahnte sich allmählich ihren Weg aus den dunklen Tiefen ihres Herzens. Bisher war sie stets Alecs Befehlen gefolgt – wider besseres Wissen. Wie lange würde sie noch so tun können, als wäre sie die Härte in Person? Carlos hatte mit allem recht, was er sagte. Wenn es nach ihr ginge, wären Tom und die anderen längst frei und könnten gehen wohin sie wollten.
Plötzlich fiel ihr ein Schatten im Gebüsch auf. Ihre Gesichtszüge wurden wieder hart und konzentriert. Sie zog ihre Pistole aus dem Halfter, reckte die linke Faust in den Himmel. Schlagartig gingen alle Terroristen in die Hocke. Grob zogen sie ihre Noch-Geiseln nach unten. Tom
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