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Video-Kid

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Titel: Video-Kid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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würdet. Und der Kasten dort ist wirklich groß, in und an ihm findet sich Platz für alle mögliche Ausrüstung. Infrarot. Satellitenanschluß oder sogar Geruchsanalyse.«
    »Meinst du, er hält nach uns Ausschau?« fragte Anna.
    »Professor Angelhecht interessiert sich für die Masse«, antwortete ich grimmig. »Und glaubt ja nicht, dieser Hopper könnte sich nicht zur Wehr setzen. Seine Greifarme sind computerkontrolliert. Sie bewegen sich sehr rasch und machen keinen Fehlgriff. Ich für meinen Teil habe keine Lust, mit einer solchen Anlage in den Clinch zu gehen.«
    »Macht euch keine Sorgen«, sagte Armbruster Moses. »Sobald wir uns einmal in der Masse befinden, sollte es doch mit dem Teufel zugehen, wenn ein Hopper uns da noch entdeckt.«
    »Einen Moment mal!« rief ich. »Offensichtlich hast du wirklich vor, mit uns durch die Masse zu hetzen, aber dann solltest du dir schon die Zeit nehmen, uns überzeugende Argumente für dieses Vorhaben zu liefern. Wir wollen uns nicht länger von dir wie kleine Kinder behandeln lassen. Ich habe dir schon unmißverständlich erklärt, daß ich nicht vorhabe, diesen ekelhaften Brei zu betreten, solange es noch einen anderen Weg gibt.«
    Armbruster schob die Zunge in die linke Wange und verschränkte die Arme vor der Brust. »Also weißt du. Viddi, ist dieser melodramatische Auftritt wirklich nötig? Dein Mut sollte hier doch eigentlich nicht zur Diskussion stehen. Außerdem hast du schon vorher Proben der Masse gesehen. Haben sie dich vielleicht gebissen oder gestochen? Wovor hast du eigentlich Angst? Ich habe schon früher mit der Masse zu tun gehabt, und ich gebe dir mein Wort als Mikrobiologe und Akademiker, daß dir in der Masse kein Leid zugefügt wird.« Das Neutrum hielt inne, als es die offene Skepsis in meinem Gesicht bemerkte. »Komm schon, Kid, der einzige Grund deiner Furcht ist deine Unwissenheit. Ich weiß, die Masse sieht aus dieser Höhe etwas unheimlich aus. Also werde ich ihr etwas von ihrer Mystik nehmen.«
    Einer alten Gewohnheit folgend baute sich das Neutrum wie ein Professor auf, der gerade eine Vorlesung gibt. »Die eigentliche Masse setzt sich aus dem ›Armbruster-Körper‹, den dazu gehörigen Mikroorganismen und den Elementen des Gen-Pools auf Träumerei zusammen. Bei den Mikroorganismen handelt es sich im wesentlichen um fortgeschrittene Schimmel- und HefeSpezies, die als Binder und unglaublich reiches Reservoir an Nährstoffen fungieren. Der Armbruster-Körper fängt Gene ein, erhält sie und kombiniert sie neu. Man muß sich das wie eine gigantische Petrischale vorstellen, eine, die mehrere Quadratkilometer Fläche hat. Sobald die Gene neu kombiniert sind, bilden sie einen bisher nicht vorhandenen Organismus, der sich anhand der Nährstoffe im Schimmel und in der Hefe fortentwickelt. Daraus entstehen nicht nur neue simple Formen, sondern alle Arten von Leben: Insekten, Vögel und Säugetiere. Das Ganze ist eine Art Gen-Bank. Und die Masse darf als permanente Garantie gegen das Aussterben angesehen werden. Sie ist der ultimate Fortschritt im Krieg der Evolution gegen den Tod.«
    »Willst du damit sagen, daß hier Vögel wachsen?« sagte ich ungläubig. »Und auch Säugetiere? Ohne Gebärmutter oder ähnliche Vorrichtungen? Ohne Spermien oder Eizellen? Und die wachsen dann zur vollen Reife heran?«
    »Nun ja, das kommt eher selten vor«, gab Armbruster zu. »Meistens reifen sie in kleinen Taschen aus einem homogenen Material heran, bis sie im Armbruster-Körper wieder in ihre Bestandteile zerlegt werden. Aber die Anzahl der eingefangenen Gene erhöht sich bei jedem dieser Vorgänge beträchtlich. Wenn die Gen-Konzentration einer bestimmten Spezies einen kritischen Punkt erreicht, wird auch schon einmal ein voll ausgewachsener Organismus produziert. Natürlich besteht alles an ihm aus dem Material des Armbruster-Körpers, denn es dient als Vektor für die Verteilung dieses Genfängers. Und wenn dieser Organismus stirbt, werden seine Zellen wieder zerlegt und im Armbruster-Körper aufbewahrt, bis sie einem neuen Verwendungszweck zugefügt werden. Auf diese Weise entgeht der Organismus dem Aussterben, denn seine genetischen Bestandteile bleiben ja in jedem Fall erhalten. Gene sind das Herz des Lebens. Gewebe ist nur eine der äußeren Ausdrucksformen der Gene.«
    Ich sah hinaus auf die weiße, eitrige Landschaft. »Dort unten kann ich aber nicht sehr viele ›voll ausgewachsene Organismen‹ entdecken. Ein paar Verdrehungen erinnern vage an Bäume

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