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Video-Kid

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Titel: Video-Kid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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eine einfache schwarze Dominomaske. Selbstverständlich entwarf und schneiderte ich meine Kleidung selbst.
    Als nächstes drängte das Problem des Palankins. Natürlich war das Traggerät selbst in Ordnung: Quadra und ich konnten es mühelos aufbauen, zurechtmachen und neu dekorieren. Die große Schwierigkeit bestand vielmehr darin, welchen sechs von meinen zwölf Jüngern die Ehre zukommen sollte, mich in der Sänfte zu tragen. Dem halben Dutzend Auserwählter würde der Kamm schwellen, während den sechs Abgewiesenen der ganze Spaß an der Festivität verdorben sein würde. Dann mußte ich mich auf die verschiedenen Treffen vorbereiten, und schließlich kam ich wohl nicht daran vorbei, meine Verbindungen spielen zu lassen, um einen würdigen Platz für meine Sänfte bei der Hologramm-Vorstellung zu bekommen. Mich persönlich interessierte kaum etwas weniger als diese Hologramme, aber um meiner gesellschaftlichen Stellung willen mußte ich mich um einen bevorzugten Platz für meine Sänfte kümmern.
    Ich haßte Harlekinaden.
    Glücklicherweise nahm mein lieber Freund und Künstlerkollege Frostfaktor, Mitführer der Kognitiven Dissonanzen und Präsident der K.D. Enterprises, die Angelegenheit mit dem Palankin in die Hand. Einen Tag vor Beginn der Harlekinade rief er mich an.
    »Besten Gruß, Kiddy, mein kleiner Engel der Gewalt«, sagte Frost. »Was macht das Bein?«
    »Der Verband kommt morgen ab«, antwortete ich. »Was gibt's, Frost?«
    Frost sah nicht allzu gut aus. Auf seinem scharf geschnittenen, schmalen und eisblauen Gesicht hatten sich kleine Falten zwischen den weißen, reifbedeckten Brauen breitgemacht. Gefrorene Schweißperlen waren auf seinen Wangen und seiner Stirn, und in seinem Eiszapfenhaar stand zwei Zentimeter dick der Rauhfrost. Offensichtlich ließ ihn seine Statusposition kaum zur Ruhe kommen.
    Hinter ihm hing an der Wand seines Aufnahmezimmers eine Karte der in Frage kommenden Region, säuberlich unterteilt in ein Netz aus Sechsecken. »Ich habe hier einen Platz für dich«, sagte Frost, erhob sich von seinem Konsolensessel und zeigte auf die Karte. »Du sitzt neben Raphael von den Vierwegern und Todd Tandler von den Zerfleischern. Ich selbst habe nur ein kleines Stück den Hügel hinauf mit Eisdame und ein paar von den Kognis meinen Platz - Blinker, Hammer, Freudige Betäubung … na, du weißt schon, die, die immer bei mir sind.«
    »Fein, dort gehe ich hin«, sagte ich. Der Platz war wirklich gut.
    Frost wirkte erleichtert. Er wischte sich mit einem eisblauen Handrücken über die Stirn und zerbrach dabei die feine Eisschicht, die sich zwischen den Knöcheln gebildet hatte. Frosts tiefgekühlte Zweithaut paßte sich perfekt seinem Gesicht an, nur an den Fingern fanden sich einige verräterische Beulen und Falten. Ich bin bis heute nicht dahintergekommen, wie seine zweite Haut mit der nötigen Kälteenergie versorgt wird, aber ich vermute, sie kommt aus kleinen, in seinen fellbedeckten Muklucks verborgenen Generatoren.
    »Dann ist alles klar?« meinte er. »Sehr schön, so gefällt mir mein Engel Kiddy. Der Statuskrieg in diesem Jahr hat mir sehr, sehr viel Kummer bereitet. Um einige Gebiete wurde erbittert gerungen, deinen Platz eingeschlossen. Ich rechne eigentlich mit, nun, keinem Blutvergießen, denn Kämpfe während der Festlichkeiten sind ja tabu, aber das Gerangel wird im nächsten Jahr so manche Ehrenfehde hervorrufen.«
    »Ich werde mein Territorium schon zu verteidigen wissen«, sagte ich. »Ruf mich nur, wenn du Hilfe brauchst.«
    »Vielleicht komme ich darauf zurück«, nickte Frost. »Billys Keulen gehen bei dieser Harlekinade als einzige auf Streife.«
    Ich war entsetzt. Nichts verachtete ich mehr als Hilfspolizisten. Sicher, man bekam viel Geld dafür, aber in Wahrheit war es nur eine Bestechungssumme des neuen Direktoriums, um die Kampfgruppen einigermaßen unter Kontrolle zu halten. Irgendwie hatten die alten Ärsche es verstanden, aus dem Hilfsdienst eine heißumkämpfte Ehre zu machen. »Verdammte Arschkriecher«, knurrte ich, »worauf können die Keulen schon aufpassen? Die treffen ja auf einen Meter keine Mauer. Verflixt noch mal, Billys Keulen sind wirklich der Gipfel.«
    »Da ist noch etwas, das ich dir erzählen wollte«, fuhr Frost fort. Er rieb sich mit einer eisigen Handfläche über die frostige Stirn und mußte sie mit einem krachenden Ruck wieder losreißen. »Also, es geht um den mysteriösen Mann in Rot.« Seine Stimme wurde lauter. »Eisdame! Habe ich diesen

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