Viel Laerm um Stratfield
konnte, ohne dass er es bemerkte. „Was für ein Geheimnis, Onkel Humphrey?", fragte sie verständnislos.
„Na, deine Besuche von Devon." Er warf ihr einen eigenartigen Blick zu. „Ich bin nicht böse auf dich, Chloe. Es ist verständlich, dass du deinen Bruder schützt. Aber du musst ihn warnen. Es ist gut möglich, dass dieses Haus unter Beobachtung steht. Chistlebury ist weit weg von London ... "
„Das brauchst du mir ganz bestimmt nicht zu sagen."
Ihr Onkel runzelte die Stirn. „Die hiesigen Behörden sind nie wirklich ausgelastet. Der dumme Junge wird vermutlich erschossen, bevor irgendjemand auch nur bemerkt, dass er ein junger Lord ist, der lediglich harmlosen Unfug anstellt. Handschuhe und Strumpfbänder, Chloe. Nun gut. Wenigstens kam dieses Mal niemand zu Schaden."
Sie lehnte die Stirn gegen die Tür. Die Gewissheit, dass Stratfield auf sie wartete, machte es ihr unmöglich, sich auf die Unterhaltung zu konzentrieren. Sicherlich beabsichtigte er nicht, die Nacht in ihrem Zimmer zu verbringen. „Devon ist nicht hier."
„Sag, ist bei dir auch alles in Ordnung, Chloe? Du siehst recht unwohl aus. Du wirst doch nicht wieder krank werden, oder?"
Die Tür zum Ankleidezimmer knarrte laut. Hatte ihr Onkel das nicht gehört? Konnte er nicht an der Angst in ihren Augen erkennen, dass jemand eine Pistole auf ihren Rücken gerichtet hatte?
„Es muss das Gerede in der Kutsche gewesen sein", erwiderte sie leise.
„Gerede? In der Kutsche? Du meinst, wegen der Katze, die eine Maus zum Stuhl des Pastors gezerrt hat? Ich habe dich nicht für so ein zimperliches Fräulein gehalten."
„Nicht die Katze", sagte sie leise und sehr betont.
„Dann - ah, ja." Missbilligend hob er die dichten weißen Augenbrauen. „Wieder dieser Unsinn über den Geist. Der arme Stratfield. Ihr Weiber habt keinen Respekt vor den Toten."
Chloes Schläfen begannen zu pochen. „Respekt?" Ihr Onkel hegte Sympathien für einen Mann, der sie direkt vor seiner Nase als Geisel hielt?
„Wie blass du geworden bist, Chloe. Hast du Angst vor Geistern? Wenn dem so ist, kann ich dir versichern, dass Stratfields Geist in diesem Haus niemanden verführen wird." Er lachte bei dem Gedanken. „Warum sollte er umherschleichen und im Tode das tun, was er auch im Leben hätte tun können? Der arme Mann hätte nur mit den Fingern zu schnippen brauchen, um jede beliebige unserer albernen Damen aus Chistlebury haben zu können. Außer natürlich dir und meiner Pamela."
Vor Chloes Augen tanzten Pünktchen. Verführung war ihr vollkommen gleichgültig. Ob Stratfield wirklich so weit gehen würde, sie zu erschießen? Wenn sie sich durch die Tür quetschte und losrannte, gelänge es ihr vielleicht, die Treppen hinunterzukommen und sich zu verstecken.
Aber dann stünde Onkel Humphrey immer noch auf dem Flur, ohne etwas von der Gefahr auf der anderen Seite der Tür zu ahnen. Er würde vielleicht versuchen, sich gegen Stratfield zu wehren.
„Wir sollten uns lieber Sorgen um Devon machen", fügte er nüchtern hinzu. „Geh zu Bett. Wir werden uns morgen überlegen müssen, wie wir den jungen Tunichtgut wieder auf die rechte Bahn bringen."
„Morgen", wiederholte sie wie betäubt, als er davoneilte und auf der Treppe verschwand. Würde sie am Morgen überhaupt noch leben und in der Lage sein, eine Unterhaltung zu führen? Würde sie von dem geisterhaften Galahad entehrt werden?
Sag ihm, dass der Geist von Stratfield dich als Geisel hält.
Sag es ihm, bevor es zu spät ist...
„Onkel Humphrey", rief sie, „bitte komm ..."
Ihr Onkel hörte sie nicht. Sie erkannte bereits, dass ihr Hilferuf fehlgeschlagen war, bevor sie zu Ende sprechen konnte.
Sie sah nicht, wie Dominic vorsprang, eine plötzliche Bewegung in dem Standspiegel war ihre einzige Warnung. Das Nächste, dessen sie sich gewahr wurde, war, wie er sie mit seinem ganzen Gewicht gegen die Tür drückte. Der Schlag hätte mit lautem Knallen durch das Haus gehallt, wenn die Tür nicht verzogen gewesen wäre.
Chloe war zwischen der Tür und Dominic eingeklemmt und konnte sich nicht mehr bewegen. Sie spürte die geballte Kraft in seinem Körper und hoffte, dass er nicht die Kontrolle verlor. Was sie anging, so blieb ihr keine andere Wahl, als vollkommen stillzustehen und zu beten, dass sie bald aufhören würde zu zittern. Er tat ihr nicht wirklich weh, aber die Schwäche, die sie durchströmte, und die Hitze seines Körpers fühlten sich beinahe an wie ein körperlicher Angriff. Sie war sich
Weitere Kostenlose Bücher