Viel Laerm um Stratfield
seiner Männlichkeit in überdeutlicher Weise bewusst.
Hätte sie an jenem Tag im Regen nicht die verheerende Sanftheit seines Kusses erlebt, so hätte sie die Situation anders empfunden. Sie hätte mehr Angst vor ihm gehabt. Aber vielleicht hatte sie sich seine Sanftheit auch nur eingebildet. Selbst bei der Erinnerung daran wurde ihr schwindelig. Die sinnliche Macht, die er auf sie ausgeübt hatte, war zu greifbar gewesen.
„Ist es wirklich notwendig, so dramatisch mit mir umzuspringen?", brach es wütend aus ihr heraus.
Mit wesentlich mehr Selbstbeherrschung, als er zuvor gezeigt hatte, blickte er auf sie herunter. „Ich fürchte, solange Sie sich mir widersetzen, ist es das."
Bei dem leichten Druck auf ihre Taille spannte sie sich an und blickte langsam und ängstlich an sich herab. Es dauerte einige Sekunden, bis ihr bewusst wurde, dass der spitze Gegenstand, den er in ihre Rippen drückte, keine Pistole war, sondern ein Federhalter. Ihr eigener Lieblingsfederhalter! Er besaß tatsächlich die Frechheit, sie mit einem Federhalter gefangen zu nehmen. Sie riss ihm nun das Sehreibutensil aus der Hand.
„Was hatten Sie an meinem Schreibtisch zu suchen?", fragte sie voller Entrüstung.
Er trat von der Tür weg und zog sie am Arm bis in die Mitte des Raumes. Sein Blick wich keinen Augenblick lang von ihrem Gesicht, als er hinter sich fasste und den Riegel vorschob. „Ich habe nach Schreibwerkzeug gesucht."
Sie starrte ihn mit blankem Unglauben an. Er musste irgendwo in ihrem Ankleidezimmer einen Kamm gefunden haben, um sein dichtes schwarzes Haar zu ordnen, und einen sauberen Verband, um ...
„Ist das mein rosa Unterrock aus Honitonspitze, den Sie da um Ihre Wunde gebunden haben?", fragte sie empört.
Er lächelte sie schief an. „Es tut mir leid, aber ich hatte wirklich keine große Wahl. Ich konnte entweder das hier nehmen oder eines Ihrer faszinierenden Korsetts." Er ließ seinen Blick belustigt über ihren Körper wandern. „Ich befürchtete, sie würden mir nicht passen."
Seine Dreistigkeit raubte ihr den Atem.
Sie bemerkte, dass seine Pistole verschwunden war. Zumindest trug er die Waffe nicht mehr sichtbar am Leib - vermutlich sollte sie sich dadurch ein wenig getröstet fühlen. Aber dass er sich an ihrem Schreibwerkzeug und ihren Unterröcken bediente! Was würde er als Nächstes von ihr verlangen?
Er umkreiste sie. Die Dunkelheit war sein Freund. Den Toten zu spielen hatte seine persönliche Anziehungskraft nicht im Geringsten vermindert. Abgesehen von der zusammengeknüllten rosa Spitze unter seinem Hemd hätte er beinahe als Gentleman durchgehen können.
„Schreibwerkzeug", wiederholte sie. Ihr Gehirn begann langsam wieder zu funktionieren und lieferte ihr eine unangenehme Schlussfolgerung. „Für eine Lösegeldforderung?"
„Eine was?", fragte er, als könnte er seinen Ohren nicht trauen.
Sie räusperte sich. „Eine Lösegeldforderung."
Er blieb direkt hinter ihr stehen. Geistesabwesend rieb er an der rosa Spitze unter seinem Hemd, und Chloe erinnerte sich daran, wie sie von diesem Unterrock immer einen juckenden Ausschlag auf dem Po bekommen hatte. Sie konnte nur hoffen, dass er ebenso sehr litt.
„Und warum, bitteschön sollte ich eine Lösegeldforderung schreiben?", erkundigte er sich.
Die Dunkelheit und ihre leichte Bekleidung sorgten für eine Intimität, die sie unmöglich ignorieren konnte. Sie meinte zu spüren, wie der „Geist" ihr über die Schulter grinste. Er spielte mit ihr, und das auf eine Art, die sich für einen Gentleman ganz sicher nicht geziemte.
Sie richtete sich auf. „Sie sind sich bestimmt darüber im Klaren, dass mein Bruder der Marquess of Sedgecroft ist, ein Mann, dessen Reichtum sprichwörtlich ist. Es ist nur logisch, anzunehmen, dass er für die Sicherheit seiner Schwester teuer bezahlen würde."
Er trat ein paar Schritte zurück und schob mit dem Fuß den Hocker unter dem Toilettentisch zurecht. Dann setzte er sich hin, um sie zu beobachten. „Ist das logisch?", fragte er mit einer leisen Stimme, die klang, als müsste er ein Lachen unterdrücken.
Sie blickte voller Verachtung auf seinen schattenhaften Umriss. „Trotz Ihrer schlechten Absichten sollte ich Sie warnen. Es besteht die Möglichkeit, dass mein Bruder Ihnen sagen würde, dass Sie mich behalten sollen."
„Sie behalten?", wiederholte er. „Warum, zum Teufel, sollte der Marquess so etwas tun? Warum sollte ein Bruder eine Schwester nicht zurückwollen, die ihm jedes Mal Ärger
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