Viel Rummel um Nichts
Status überprüft zu haben, gebe ich zu, dass ich dich ebenfalls überprüft habe. In meinen Augen könntest du ebenfalls keinen zwingenden Grund anführen, weshalb du bei deiner Dienstherrin bleibst.«
»Keinen finanziellen Grund«, verbesserte Laverna ihn. Sie senkte den Kopf, dann sah sie Beeker an. »Trotzdem werde ich mir in nächster Zeit kein Flugticket kaufen. Ich denke, du weißt, was ich meine, Beeker.«
»Ja, ich verstehe, worauf du anspielst«, antwortete der Butler. »Ich möchte betonen, dass es Möglichkeiten gibt, deine Abreise zu arrangieren, solltest du wirklich von hier fort wollen. Sobald du die Station verlassen hast, kannst du leicht untertauchen.«
»Ja, wenn es mir nichts ausmacht, mich den Rest meines Lebens zu verstecken«, erwiderte Laverna. Sie schüttelte den Kopf. »Das würde mir sogar noch am wenigsten ausmachen, denn ich hätte Zeit, all die Bücher zu lesen, für die ich bislang keine Zeit hatte; ich könnte vielleicht sogar versuchen, selber etwas zu schreiben. Ich habe noch nie ein aufsehenerregendes Leben geführt. Doch das ist nicht das Problem. Ich weiß zu viel, und Maxine kann es sich nicht leisten, die Kontrolle über mich zu verlieren. Und selbst, wenn sie nicht mehr da wäre ...«
»Würde es ihren Nachfolgern Sorge bereiten, was du alles aufdecken könntest - und diese Nachfolger besäßen keine persönlichen Bande zu dir, die sie zögern ließen.« Beeker beugte sich vor und senkte die Stimme, damit die Musik seine Worte übertönte, falls ein unerwünschter Zuhörer sich in der Nähe des Tisches aufhallten sollte. »Wenn du es dennoch versuchen willst: Mein Arbeitgeber und die Legion verfügen über Mittel, die die Möglichkeiten einer jeden Privatperson übersteigen.«
Laverna schwieg lange Zeit, ehe sie antwortete.
»Und warum sollte Narrisch mir zuliebe auf diese Mittel zurückgreifen? Du erwartest doch nicht, dass ich glaube, er würde mir aus reinem Wohlwollen helfen - oder weil du ihn darum gebeten hast. Was die Legion betrifft: Ich glaube nicht, dass ich dem Menschenschlag zugehöre, der in die Legion eintritt. In meinem Alter ohnehin nicht mehr.«
»Tatsächlich ist es sogar beinahe üblich, dass sich Menschen für die Legionärslaufbahn entscheiden, um der eigenen Vergangenheit zu entfliehen«, sagte Beeker mit dünnem Lächeln. Er lehnte sich wieder zurück und ließ den Blick durch den grell dekorierten Raum schweifen, bevor er sich wieder zu Laverna vorbeugte. »Zumindest in der Einheit meines Dienstherrn sind Verpflegung und Unterkunft so gut wie in jedem Luxushotel, und die Altersversorgung ist sogar überaus zufrieden stellend. Zugegeben, die Arbeit ist mitunter gefährlich ... aber daran bist du ja gewöhnt.«
»Schluss jetzt«, flüsterte Laverna. »Du klingst schon wie ein Feldwebel, der Rekruten werben will.« Sie blickte ihn scharf an. »Du meinst das nicht ernst, oder?«
Beeker legte die Fingerspitzen aneinander. »Ich biete dir das alles nur als eine Alternative zum hier bleiben an. Wir wissen doch beide, dass letztlich jemand zu der Überzeugung gelangen wird, dass du zu gefährlich bist, weil du zu viel weißt. Als intelligente und scharfsinnige Frau hast du dir gewiss schon Gedanken darüber gemacht, wie du von Loreley fliehen könntest, bevor es so weit kommt. Meiner Ansicht nach ist die Gelegenheit für dich günstiger denn je, da deine Arbeitgeberin an Einfluss verliert und ihre Rivalen schon die Gier in den Augen steht. Doch selbstverständlich musst du allein entscheiden, welcher Zeitpunkt der geeignetste ist.«
Laverna blickte sich um und vergewisserte sich, dass niemand in Hörweite war. »Weißt du, Beeker, da könntest du Recht haben«, sagte sie. »Ich will nur keine übereilten Entschlüsse fassen, verstehst du? Aber du hast mich auf jeden Fall zum Nachdenken angeregt.«
»Denk nicht zu lange darüber nach«, riet Beeker. »Die Gelegenheit bietet sich dir nämlich nicht mehr allzu lange.«
»Ich weiß«, erwiderte Laverna und verfiel dann in Schweigen. Aus den Boxen der Musikanlage drang ein geschmeidiges Tanzlied in Moll. Das Lied war über zwanzig Jahre alt: Musik aus einer Zeit, in der Beeker und Laverna noch jung waren. Eine Zeit der Unschuld ohne weitreichende Verpflichtungen.
Als sie schließlich das Gespräch fortsetzten, redeten sie über andere Dinge.
Tagebucheintrag # 329
Auf Loreley erfuhr ein durchschnittlicher Tourist für gewöhnlich nicht, wo sich der Gladstone Park befand, und erst recht setzte er keinen
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