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Viele Mütter heißen Anita

Viele Mütter heißen Anita

Titel: Viele Mütter heißen Anita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sprang er zur Seite und ließ ihn an sich vorbeirennen. Dabei stach er kurz in den Rücken. Der Bulle brüllte auf und wendete. Seine Augen waren rot vor Wut.
    Die Bauern tobten. Sie klatschten, sie trampelten, sie riefen den Namen Pedros im Chor. Und wieder kam der Stier … wild, mit der entfesselten Kraft seiner Natur … er stürzte auf Pedro zu, der wieder zur Seite sprang und den Degen hob. Doch bei diesem Sprung stieß er an einen Stein … er stolperte, er fiel … und der Stier hatte sich schon herumgedreht und die Hörner gesenkt.
    Ein Schrei gellte durch das Dorf. Anita hob die Fäuste.
    »Pedro!« schrie sie wie irrsinnig. »Pedro … der Stier!«
    Doch da war plötzlich ein anderer Mann in der Arena, ein schmächtiger Jüngling in blauen Hosen und einem weißen, leuchtenden Hemd. Er trat näher und stellte sich an Pedros Seite, riß das rote Tuch aus dem Staub und wirbelte es vor den Augen des Stieres hin und her.
    Anitas Augen waren starr und leblos. »Juan«, flüsterte sie. »Juan … Mutter Gottes, steh ihm bei …«
    Der Stier war einen Augenblick verwirrt – dann wandte er sich seinem neuen Feind zu und rannte brüllend auf Juans Tuch. Der riß es zur Seite, sprang mit weitem Satz von dem Bullen fort und warf einen großen Stein, den man erst jetzt in seiner Hand sah, dem Tier mit voller Wucht zwischen die Augen.
    Einen Augenblick war Pedro durch das Auftauchen Juans wie gelähmt … dann schnellte er aus dem Staub empor, ergriff den entfallenen Degen und rannte dem Stier nach, der Juan vor sich her hetzte.
    Juan lief … er schlug Haken und schwenkte das rote Tuch. Als er sah, daß Pedro wieder stand, lächelte er und winkte ihm zu. Die Bauern schrien, sie hieben mit den Fäusten gegen die Latten der Brüstung … Ricardo Granja warf seinen Hut und eine Handvoll Silbergeld Juan vor die Füße und schrie wie ein Irrer. Nur Concha saß starr und bleich zwischen Pilar und dem Vater und starrte auf den rennenden Juan.
    Der Stier blieb einen Augenblick stehen. Er sah sich um und blickte in das kalte Auge Pedros. Und ehe er sich herumwerfen konnte, stieß der Degen blitzend zu … er fuhr durch den Körper genau in das Herz des Bullen. Noch einmal brüllte er, ein Zittern durchlief seinen mächtigen Leib, Blut stürzte ihm aus dem Maul … dann sank er in die Knie und fiel zur Seite um.
    Der Knauf des Degens ragte golden in die grelle Sonne.
    Schwitzend und glücklich riß Pedro seinen Bruder in die Arme und küßte ihn. Und während die Blumen auf sie niederregneten, während Ricardo Granja Pedro das Band des Toreros und Juan den Beutel mit Silbergeld gab, saß Anita an der Arena und weinte.
    »Meine Jungen«, sagte sie glücklich. »Das hätte ihr Vater sehen sollen …«
    Und sie hakte sich nachher bei ihnen unter und trank mit ihnen bis in die Nacht hinein, tanzte mit Pedro einen Ehrentanz und war außer Atem, als sie wieder saß.
    Juan aber stand unter den jungen Burschen und zeichnete sie. Sein Herz schlug ihm in der Kehle, wie es bei allen ist, die glücklich sind …
    In der ganzen folgenden Woche lag Juan im Bett. Ein Herzanfall , der so plötzlich kam, daß er die Pillen Dr. Osuras nicht mehr aus der Tasche nehmen und schlucken konnte, warf ihn in der Küche in die Arme der Mutter.
    Anita fing den nach Luft Ringenden auf und trug ihn – woher sie die Kraft nahm, den Jungen zu tragen, wußte sie nachher nicht mehr – in seine Kammer. Dort gab sie ihm die Tabletten mit etwas Wasser, und der Herzkrampf ließ nach. Röchelnd und gelblich-blaß lag Juan auf den Kissen und hatte die Hände zu Fäusten geballt, als wolle er sich im letzten Augenblick bezwingen, der rätselhaften, niederschmetternden Macht in seinem Herzen nicht nachzugeben.
    Anita war in dieser Woche nur für Juan auf der Welt. Das Haus blieb liegen, das Vieh mußte Elvira füttern, sie mußte kochen und kehren, und Pedro machte die ganze Feldarbeit allein. Juan war nach diesem Anfall schwächer als zuvor und empfand nicht die geringste Lust, sich zu erheben und das Gehen wieder zu versuchen. Nur wenn er an das unfertige Steinbild seines Kopfes dachte, hatte er den Gedanken, aufzuspringen und wieder zur Höhle zu laufen.
    Dr. Osura hatten sie von dem neuen Anfall nichts berichtet. »Es wird zu teuer«, hatte Juan gesagt, als Anita Pedro nach Mestanza schicken wollte. »In ein paar Tagen ist alles wieder gut, und wir haben dann eine Rechnung gespart.« Man sah ein, was er sagte, denn ein Bauer der Santa Madrona muß mit jedem

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