Vielen Dank für ihre e-mail
weißen Blatt die Zeichen lesbar wurden.
Diese verblüffend einfache Idee hat sich in die E-Mail-Ära hinübergerettet. Das virtuelle Kohlepapier heißt heute carbon copy und wird CC abgekürzt. Besonders eitle Empfänger achten schon einmal darauf, an welcher Stelle ihr Name dort genannt wird. Zuerst die Frau? Zuerst der Mann? Zuerst der Chef? Zuerst der Mitarbeiter, dessen Nachname mit A beginnt?
Eine Lösung dieses scheinbar kaum lösbaren Konflikts ist die Blindkopie – eine fast schon geniale Erfindung des Internetzeitalters. Diese blind carbon copy , abgekürzt BCC , sorgt dafür, dass jeder relevante Empfänger die Nachricht erhält, ohne von dem jeweils anderen zu wissen. Der Umgang mit CC und BCC ist allerdings heikel, weil er etwas über Macht und Einfluss in einem Unternehmen aussagt. In unterschiedlichen Situationen kann daher unterschiedlicher Umgang mit Kopien gefordert sein.
Die CC-Dank-Mail:
Der Geschäftsführer Theodor Chef möchte dem Mitarbeiter Herbert Käufer aus der Einkaufsabteilung für dessen tolles Engagement in einem erfolgreichen Projekt danken. Er setzt den Abteilungsleiter Bernd Leiter in CC und unterstreicht damit die ohnehin schon motivierende Wirkung seiner Nachricht:
Von: Theodor Chef, Geschäftsführung
An: Herbert Käufer, Einkaufsabteilung
CC: Bernd Leiter, Leitung Einkaufsabteilung
„Meine Anerkennung für Ihren wunderbaren Einsatz!“
Die CC-Missfallens-Mail:
Will sich der Unternehmenschef bei dem Mitarbeiter beschweren, kann das CC an den Abteilungsleiter explosive Sprengkraft entfachen:
Von: Theodor Chef, Geschäftsführung
An: Herbert Käufer, Einkaufsabteilung
CC: Bernd Leiter, Leitung Einkaufsabteilung
„Ich habe keinerlei Verständnis für Ihre schlampige Arbeit.“
Setzt der Chef außerdem noch Claudia Wichtig aus der Personalabteilung in Kopie, dann wird der betroffene Mitarbeiter vor seinem geistigen Auge bereits die Kündigung sehen.
Von: Theodor Chef, Geschäftsführung
An: Herbert Käufer, Einkaufsabteilung
CC: Bernd Leiter, Leitung Einkaufsabteilung; Claudia Wichtig, Leitung Personalabteilung
„Ich habe keinerlei Verständnis für Ihre schlampige Arbeit. Die Personalabteilung wird sich mit Ihnen in Verbindung setzen.“
Die CC-Zwickmühlen-Mail:
Dies ist eines der sensibelsten Kapitel in der E-Mail-Kommunikation. Auf welche Weise soll ein Mitarbeiter auf Mails seines Geschäftsführers reagieren, wenn er noch einen direkten Vorgesetzten als Abteilungsleiter hat? In diesem Fall hatte Herbert Käufer einen direkten Auftrag des Geschäftsführers erhalten. Der Abteilungsleiter ist darüber nicht informiert. Der Mitarbeiter antwortet:
Von: Herbert Käufer, Einkaufsabteilung
An: Theodor Chef, Geschäftsführung
„Vielen Dank für Ihre E-Mail. Ich freue mich sehr über Ihre Anregungen und werde sobald wie möglich mit dem Einkauf der Waren beginnen.“
Nun mag die Welt aus Sicht des Geschäftsführers Theodor Chef in Ordnung sein. Der direkte Vorgesetzte Bernd Leiter allerdings wird brüskiert, wenn er über den Vorgang nichts erfährt. Um einen Ausweg aus dieser Zwickmühle zu finden, wird der Absender Herbert Käufer seinen Abteilungsleiter aber informieren wollen, im Zweifel in einem persönlichen Gespräch.
Antwortet Herbert Käufer auf die Mail seines Geschäftsführers, indem er seinen Abteilungsleiter in Kopie setzt, kann der Geschäftsführer dies wiederum als Zurechtweisung empfinden:
Von: Herbert Käufer, Einkaufsabteilung
An: Theodor Chef, Geschäftsführung
CC: Bernd Leiter, Leitung Einkaufsabteilung
„Vielen Dank für Ihre E-Mail. Ich freue mich sehr über Ihre Anregungen und werde sobald wie möglich mit dem Einkauf der Waren beginnen.“
Der Geschäftsführer wird sich fragen, warum Herbert Käufer den Verteilerkreis nun erweitert hat. Und er wird dies je nach Charakter als Anmaßung oder Kritik an seiner Person empfinden. Wenn er aber transparent kommunizieren will, wird er selbst den Abteilungsleiter in die Kommunikation einbeziehen. Zum Beispiel indem er bei Antworten auf E-Mails von Herbert Käufer den Leiter der Abteilung, Bernd Leiter , in BCC setzt.
Management by Kohlepapier, der kluge Einsatz von Kopien im E-Mail-Verkehr, kann also ein schwieriges Unterfangen sein. Der Grund liegt auf der Hand: Wissen und damit Kommunikation über dieses Wissen ist Macht.
Die Frage, wessen Name wann in welcher Zeile einer E-Mail auftaucht, ist Teil der Kommunikations- und Führungsphilosophie jedes Unternehmens. Und genau aus
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