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Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Titel: Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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lebendiges Kunstwerk im Kunstraum.
Dann war mir wieder langweilig. 
Als mich viele Stunden später ein Mann aus dem Bunker holte, fand etwas sehr Witziges statt: Er schloss auf, und Licht fiel in den Raum. Ich stand, bis auf die Unterhose, nackt mit gespreizten Armen und Beinen in diesem Lichtkegel und strahlte ihn an. Na, was würde er wohl sagen?
Er sagte nichts, schloss die Tür wieder zu und ging. Er holte wohl noch andere, weil ich so außergewöhnlich ausgesehen haben musste. Und das stimmte absolut.
Kurze Zeit später kam er mit Mr. Mintz und Mr. Koman, dem Kunstkenner, wieder.
Ich stand wieder im Lichtkegel und grinste.
Drei bewegungslose Männer starrten mich an. Sie starrten und starrten und starrten. Ich grinste und grinste und grinste.
Mr. Koman kam als Erster auf mich zu. Klar, als Kunstkenner. Er drehte mich, um festzustellen, ob mein Rücken auch bemalt war. Doch da musste ich ihn enttäuschen.
Er besah sich meinen linken Arm und fand die Wurzel allen Übels. Er zeigte sie Mr. Mintz. Der fragte: „Wann hast du das gemacht?“
„Gestern, Sir“, sagte ich.
„Er gehört Ihnen“, sagte Mr. Mintz zu Mr. Koman und ging. Mr. Koman brachte mich unter die Dusche und wusch mich sauber. Er war ganz vorsichtig und fasste mich nirgends an, wo ich es nicht wollte. „Du kannst mich Bob nennen“, sagte er, während er mir den Arm mit Salbe einrieb und in Verband einwickelte. Danach nahm er mich mit in sein Zimmer. Ich dachte, ich sollte erst um fünf kommen, aber er wollte sich mehr Zeit für mich nehmen als geplant. Das freute mich außerordentlich. Was auch immer ich tat, es kam immer was Gutes raus.
Ich musste auf einem Stuhl sitzen und sah mir das Zimmer an. Es war langweilig. Hier gehörten ein paar Bilder hin.
Er sagte: „Ich möchte nicht, dass du dich noch einmal ritzt, verstanden? Nirgendwo, klar?“
Ich nickte gehorsam.
Dann setzte er sich auf einen Stuhl, mir genau gegenüber und sah mich lange Zeit an. Das war komisch. Ich versuchte, ihm nicht meine Langeweile zu zeigen.
„Warum hast du Mr. Mintz heute Morgen geschlagen?“, fragte er, als ich nichts sagte.
Ich dachte nach. „Weil der Knall so laut war.“
„Welcher Knall?“, fragte Bob.
„Von Mr. Mintz“, sagte ich brav.
„Du hast einen Knall gehört?“
Ich nickte.
Bob verließ das Zimmer und ließ mich alleine zurück. Ich sah mich wieder gelangweilt im Zimmer um und überlegte, wie ich das Zimmer schöner machen könnte. Bob war doch ein Kunstkenner. Da fehlten Zeichnungen, überall.
Bob kam zurück und sagte: „Stimmt, Mr. Mintz hat heute Morgen einen Knall verursacht. Du hast Recht.“
Ich war zufrieden. Bob war nett. Er glaubte mir.
„Hast du schon öfters andere Menschen geschlagen, wenn du einen Knall gehört hast?“
Ich dachte nach. „Ja, habe ich.“
„Wen?“
Ich dachte wieder nach. „Die Schrumpeltante, den Kaktus und Brad.“
Bob schwieg und nickte. Dann fragte er: „Wer ist die Schrumpeltante?“
„Die Frau im Kindergarten“, antwortete ich brav. Ich konnte mich noch gut an sie erinnern.
„Und wer ist der Kaktus?“
„Die Mutter von meiner Mutter.“ An die konnte ich mich besonders gut erinnern, auch wenn ich es nicht wollte.
Bob nickte wieder.
„Haben die beiden Frauen auch Namen?“, fragte Bob.
„Nein“, antwortete ich. Nicht, dass ich mich erinnern konnte.
Bob nickte. „Brad hat bei dir und deiner Mutter gewohnt, stimmt's?“
Ich nickte. Hatte er.
„Brad hat dich geschlagen, stimmt's?“
Was Bob alles wusste!
„Stimmt, Sir“, antwortete ich sehr erwachsen. „In Grund und Boden, Sir.“
Bob rieb sich das Gesicht und sah zur Seite.
Er fragte: „Musst du immer schlagen, wenn du einen Knall hörst?“
Ich nickte.
„Warum musst du das?“, fragte er weiter.
Ich zuckte mit den Schultern und erklärte irgendwie: „Mein Hirn rastet dann aus.“
„Aha. Seit wann schlägst du schon?“, fragte Bob weiter.
„Seit ich denken kann.“
„Gut“, sagte Bob und ging im Zimmer herum. „Male mir einen Knall auf.“
Er gab mir ein Blatt und viele bunte Filzstifte. Zuerst nahm ich schwarz und malte eine Explosion. Dann nahm ich rot und malte Blut. Ich fand das Bild äußerst gelungen. Bob betrachtete es fachmännisch. „Sieht toll aus.“
Nicht wahr!?
„Sag mir etwas dazu“, forderte mich Bob auf.
Ich sah ihn an. Sollte ich bumm ! sagen?
„Sag mir, warum du schwarz zuerst gemalt hast.“
Jetzt konnte ich antworten: „Weil der Schuss zuerst da war. Dann das Blut.“
Bob nickte. Seine Lippen formten stimmlos

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