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Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Titel: Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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Schuss .
Er ging zu einem Regal und holte einen Ordner hervor. Er schlug ihn auf und las darin herum.
Er sah wieder auf und fragte: „Christopher, weißt du eigentlich, wo du geboren wurdest?“
Ich dachte nach. Meinte er wo oder wo? Der Ort oder das Land?
„Wie?“, fragte ich.
Bob holte Luft. „Okay. Weißt du, ob du in einem Krankenhaus oder woanders geboren wurdest?“
„Nö.“ Die Antwort war klar.
Bob nickte.
„Wo wurde ich denn geboren?“ Ich vermutete, dass er das irgendwo in diesem Ordner aufgeschrieben haben musste.
„In Kansas“, sagte Bob. „In einer Scheune.“
Das reichte mir. In Kansas also.
„Christopher?“, fragte Bob.
Ich sah ihn an.
„Kannst du mir die anderen Bilder von dir holen?“
Darauf hatte ich die ganze Zeit gewartet! Ich lief schon los, ehe ich antworten konnte.
Ich hatte mittlerweile drei Mappen vollgemalt. Sie waren sehr schwer zu tragen. Ich war schon ziemlich groß, aber nicht sehr stark. Da war es ein langer Weg von den Schlafräumen bis zum Schulgebäude. Dennoch schleppte ich sie bis in Bobs Büro.
Bob hatte inzwischen seinen Schreibtisch und die Stühle an den Rand des Zimmers geschoben, so dass in der Mitte viel Platz entstanden war.
Er fragte: „Sind die Bilder sortiert?“
„Ja“, antwortete ich.
„Wie?“
Wie, wie?
Er fragte: „Nach Motiven oder nach Datum. – Die Reihenfolge.“
Oh, was war ich plötzlich erwachsen. „Zeitraum“, erschien mir angemessen.
„Gut“, sagte Bob. „Dann werden wir jetzt alle Bilder nacheinander hier auslegen. Was nicht mehr passt, hängen wir an die Wände.“
Eine gute Idee! Ich war begeistert und leerte die erste Mappe. Da war der Raum schon voll, an den Wänden und auf dem Boden.
Bob schüttelte den Kopf. „So geht das nicht“, sagte er, als er noch die anderen Mappen sah.
„Warte“, sagte er und verschwand.
Ich betrachtete meine alten Kunstwerke und war stolz. Vielleicht war der Kunstraum doch zu klein.
Ich hörte, wie Bob mit Mr. Mintz zurückkam und mit ihm stritt. „Wir sind ein Heim, keine Klinik“, sagte Mr. Mintz erbost.
Bob sagte: „Das müssen Sie erst mal sehen.“
Beide kamen herein, und Mr. Mintz schrie: „Herr im Himmel! Was ist das?“
„Meine Bilder“, antwortete ich stolz.
Er drehte sich um und wedelte mit den Armen herum, als er wieder in sein Büro ging. Ich hörte Bob noch sagen: „Aber ich brauche die Halle. Sonst kann ich nicht alle Bilder sehen, Mr. Mintz. Bitte!“
Mr. Mintz schrie aus seinem Büro: „Also gut! Von drei bis fünf. Und nicht eine Minute länger!“
Ich bekam die Turnhalle als Ausstellungsraum! Bob war ein wirklicher Profi! Wie toll er das organisierte!
Er kam zurück und sagte: „Pack alles wieder gut ein. Wir gehen heute Nachmittag damit in die Turnhalle.“
Beim Mittagessen erzählte ich allen von meiner Kunstausstellung in der Sporthalle heute Nachmittag und lud sie ein.
„Was war heute Morgen los?“, wollte Jason wissen.
Ich erzählte allen, dass ich Mr. Mintz geschlagen hätte, mich dann im Bunker mit Blut vollgemalt hätte und dafür jetzt eine eigene Ausstellung bekäme.
Damit war ich am zweiten Tag der Star des Heims. Der Bunker wurde zu einem besonderen Raum und seitdem hoch begehrt. Doch das kommt später. Zunächst zu meiner Ausstellung.
Als Bob und ich kurz vor drei zur Sporthalle gingen, waren fast alle Jungen des Heims schon vor dem Eingang versammelt. Bob bekam einen Wutanfall. Er hatte wohl nicht mit so viel Publikum gerechnet und fragte mich: „Was hast du getan?“
Ich erschrak vor seinem Ton.
Er setzte nach: „Was soll das?“
Mir stiegen Tränen in die Augen, und Bob zerrte mich in eine ruhige Ecke. Er sagte ganz leise zu mir: „Was hast du dir dabei gedacht, Christopher?“
Ich heulte. „Dass vielleicht ganz viele meine Bilder sehen wollen.“ Ich war doch so stolz.
Bob sah mich an, und dann passierte etwas, was noch nie ein Mann mit mir gemacht hatte: Bob nahm mich in den Arm und drückte mich. „Ich weiß“, sagte er ganz leise. „Aber vielleicht ist es besser, wenn wir uns die Bilder erst einmal alleine ansehen.“
Ich nickte und schniefte.
„Sieh mal“, sagte er noch und hielt mich an den Schultern wie ein Vater, der seinem Sohn etwas erklärt. „Wenn jetzt alle in die Halle stürmen, werden sie achtlos auf deine Bilder treten. Ist es nicht besser, wir planen eine kleine Ausstellung von dir? Woanders?“
Ich nickte und schniefte den letzten Rotz aus meiner Nase in ein Taschentuch.
„Warte hier“, sagte er und schickte das ganze

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