Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)
in Gang bringe. Das passiert nur, wenn ich von einer Sirene überrascht werde. Dann schreie ich wie am Spieß.
Dr. Pilburg sah auf meinen blauen Helfer. Der hatte Schiss. Das konnte man in seinem Gesicht sehen. Ein Schisser. Also nickte er.
„Die Stunde ist beendet“, sagte Dr. Pilburg. Wir mussten alle in den Garten gehen und abwarten. Schade, mein Spiel war noch nicht fertig aufgeschrieben.
Zum Mittagessen durften wir alle wieder rein, und Dr. Pilburg teilte mit, dass wir unser Spiel noch bis zum nächsten Tag vorbereiten konnten. Das war gut. Da konnte mir noch viel mehr einfallen. Ich brauchte noch Uniformen. Ich wollte mit meiner Idee immerhin schwer beeindrucken und gewinnen.
Oh, ich muss Schluss machen. Dr. Pilburg kommt gerade.
Jetzt ist Dr. Pilburg wieder weg. Er hat mich gelobt, dass ich so folgsam im Gruppenraum geschrieben und nichts Schlimmes angestellt habe. Na ja, das mit den Pillen weiß er ja noch nicht. Das wird erst heute Abend kommen, wenn Henry seine Pillen braucht.
Ich darf jetzt raus in den Garten. Die Sonne scheint. Gerade richtig, um das Gehirn für eine gute Spielidee zu erwärmen.
Bis gleich.
Ich muss wieder im Zimmer bleiben.
Das soll einer verstehen. Dabei sitzen alle blauen Helfer auf der Wiese und schauen Grashalme an. Sie sind ganz entspannt. Was ist bloß los? Dabei habe ich es doch nur gut gemeint.
In der Sonne im Garten ist mir die Idee gekommen, dass ich für mein Spiel gar keine Uniformen habe, aber man könnte sich die Gesichter bemalen, damit man weiß, wer zu welcher Mannschaft gehört. Das haben die Indianer auch gemacht. Das habe ich in der Schule gelernt. Man nennt das eine Kriegsbemalung.
Warum sollte ich in meinem Spiel nicht auch eine Kriegsbemalung haben?
Ich fragte meinen Helfer, ob ich für mein Spiel Filzstifte bekommen könnte, um es aufzumalen. Ich wollte es besonders schön machen, damit ich den Wettbewerb gewinnen würde. Da brachte mir der Helfer ganz dicke Filzstifte und einen großen Pappbogen. Ich sagte ihm, dass ich den Pappbogen erst morgen brauche (um die Ergebnisse aufzuschreiben. Das sagte ich ihm aber nicht. Er sollte ja nicht alles wissen) und nahm mir drei rote, drei schwarze und drei weiße Filzstifte. Der blaue Helfer sagte: „Sei vorsichtig, nicht auf die Haut malen. Sie gehen nicht mehr abzuwaschen.“
Das brachte mich auf eine Idee. Wenn ich Farbe hätte, die nicht abzuwaschen war, dann könnte ich die Mannschaften schon heute Abend kennzeichnen. Es würde beim Waschen dranbleiben und morgen hätte ich keine Arbeit mehr damit. Dann wäre mein Spiel schneller fertig, als bei den anderen.
Damit die Vorbereitungen geheim bleiben konnten, musste ich Dr. Pilburg und die blauen Helfer irgendwie ablenken. Ich dachte an die Pillen. Es sind verdammt viele Pillen in der Dose drin. Eine Pille hatte Dr. Pilburg doch so glücklich und ruhig gemacht. Das war die Lösung. Es war doch nicht schlimm, die Helfer auch glücklich zu machen. Jetzt brauchte ich mir nur noch Gedanken darüber zu machen, wie ich die Pillen am besten verteilte.
Ich ging zu Samuel. Samuel lebt hier im Camp und gibt uns an seinem Kiosk immer Limo und Eis. Ich stellte mich bei ihm an den Kiosk und sagte: „Na, Samuel, alles klar?“
Samuel nickte und fragte mich: „Wills'ten Eis?“
„Och, jo, wenn de so fragst.“
Und wir lutschten beide ein Eis. Dabei setzten wir uns ins Gras und ließen uns die Sonne aufs Hirn scheinen.
„Ist der Garten nicht schön?“, fragte Samuel und zeigte mit dem Finger zur Parkanlage. Ich nickte natürlich. Der Park ist wirklich schön.
„Wenn da nicht überall diese dämlichen Brennnesseln wären. So schön, sonst.“
„Jou“, sagte ich, „diese scheiß Brennnesseln.“
Samuel sah mich an. Seine Hautfarbe ist etwas dunkler als meine, aber nicht schwarz. Ich dachte, Utah ist eben ein Backofen im Sommer. Da muss man ja wie ein Flammkuchen aussehen.
Samuel kannte schon meinen Namen und sagte zu mir: „Chris, ich sag dir was. Diese Brennnesseln sind eigentlich was ganz besonderes.“
Ich hörte gut zu. Ich bin immer neugierig auf Besonderes.
„Sie brennen nicht, wenn man sie berührt.“
„Aha“, sagte ich, „und warum dann Brennnesseln?“
Samuel zuckte mit den Schultern. „Hast recht. Blöder Name.“
Wir lutschten weiter an unserem Eis wie zwei einsame Cowboys in der Prärie.
„Es sind Heilpflanzen“, sagte Samuel.
Ich wollte wissen, was sie heilen. Da sagte er: „Oh, man kann sie auf die Haut legen, dann wirken sie gegen Rheumaschmerzen.
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