Vielleicht Verliebt
zu mir passt. Haben sie aber nicht. Und nun schlepp ich das Ding seit elf Jahren mit mir rum.«
Jorams Schultern heben und senken Elisas Arm leicht im Rhythmus seines Atems. »Das ist aber was anderes«, sagt er matt.
»Ist es gar nicht. Das Nicht-drüber-Nachdenken, darauf kommt es an! Du nimmst dir vor, dein Baby ›Elisa‹ zu nennen und nennst es ›Elisa‹. Und obwohl es eindeutig eine Anti-Elisa wird, lässt du den Namen so. Aus. Max und du, ihr wollt euch treffen? Dann ab zu dir. Irgendwann ist das dann einfach so. Aus.«
Jorams Stirn liegt in tiefen Denkfalten. Lange sagt er nichts, und Elisa hat Zeit, sich zu fragen, was an ihm eigentlich so gut duftet. Vielleicht die Haare? Oder der Nacken?
Dann schüttelt Joram den Kopf. »Deine Eltern fanden deinen Namen schön. Das ist der Grund, warum sie ihn nicht geändert haben. Und das mit Max, das muss auch einen Grund haben.«
»Der Grund kann aber bescheuert sein«, sagt Elisa. »Vielleicht …« Sie würde Joram jetzt so gerne lächeln sehen! »Vielleicht hat Max zu Hause einen gefährlichen Alligator frei rumlaufen, der am liebsten hochbegabte Klavierschüler frisst, und wollte dich nicht in Gefahr bringen.« Sie grinst Joram an, aber der grinst nicht zurück.
Er sieht ihr nur in die Augen und sagt dann ernst: »Das hätte er mir ja erzählen können.«
***
Erst klappert die Wohnungstür, dann klimpert ein Schlüssel, dann hört man aus dem Flur ein ungläubiges »Joram?« – und da steht sie auch schon im Zimmer. Die Joram-Mutter. »Wieso bist du nicht bei – oh? Du hast Besuch?«
Joram ist aufgesprungen.
Elisa sieht seine Ohren von hinten leuchten. »Äh, ja. Ich – das …«
»Hallo!«, sagt Elisa.
»Hallo!« Die Joram-Mutter kommt auf sie zu und gibt ihr die Hand. »Ich bin Nikola. Und du?«
»Das …«, Joram stockt, »das ist …«
»… so«, ergänzt Elisa. »Du bist doch Schriftstellerin, oder?«
Nikola zieht überrascht die Augenbrauen hoch. »Äh, ja. Warum?«
»Perfekt. Schriftsteller haben doch immer so viel Fantasie. Wenn du mich auf der Straße sehen würdest, oder nein, noch besser: Stell dir vor, du würdest über mich ein Buch schreiben! Wie würdest du mich dann nennen? Ich such nämlich einen neuen Namen.«
Nikola legt den Kopf schief, genau wie Joram das manchmal macht, und sieht Elisa an. Lange. Elisa vermutet, dass sie nicht über den Namen nachdenkt, sondern darüber, ob sie sich überhaupt darauf einlassen soll, einen zu suchen. Aber dann gräbt sich ein Schmunzeln in ihr Gesicht. Und damit ist die Sache wohl entschieden.
»Wie wär es, wenn ihr mit in die Küche kommt? Da mach ich uns was zu trinken. Ohne Kaffee gehen Namen bei mir gar nicht.«
»Cool.« Elisa steht auf.
»Aber … Mama, ich … das …«
»Schon gut.« Nikola schickt Joram ein voll verschwörerisch-mütterlich-liebes Zwinkern. Und wenn Joram jetzt nicht kapiert, dass Nikola längst weiß, wer Elisa ist, dann kann das nur an dem ganzen Max-Schock liegen. Armer Joram.
»Also.« Nikola füllt eine klitzekleine Espressokanne mit Wasser. »Ich weiß natürlich viel zu wenig von dir, um dir einen Namen zu geben.« Aus einem Hängeschrank holt sie das Kaffeepulver. »Es kommt ja nicht nur auf das Aussehen an.«
»Ist klar.« Elisa setzt sich an den Küchentisch. Joram gleitet in Zeitlupe und mit offenem Mund auf den Stuhl daneben. Seine Ohren sind auf Dauerrot geschaltet.
Als die Kanne auf dem Herd steht, geht Nikola zum Kühlschrank und mustert seinen Inhalt. »Mal sehen.« Dann mustert sie Elisa. »Ich würde vermuten, du magst – Rhabarbersaftschorle?«
»Volltreffer!« Das fängt gut an.
»Okay. Was ist dein Lieblingstier?«
»Schimpanse.«
»Lieblingsblume?«
»Sonnenblume.«
»Lieblingsessen?«
»Schnee.« Elisa zögert einen Moment. »Und Tortellini-Auflauf«, sagt sie. ›Tristans Spezial-‹ sagt sie nicht.
Nikola sieht kurz auf, dann werkelt sie weiter an den Getränken rum.
»Lieblingsfarbe?«
»Grün.«
»Was willst du mal werden?«
»Ich bin schon.«
Nikola stellt Elisa die Rhabarbersaftschorle hin. Mit Eiswürfeln und Strohhalm und einer Scheibe Zitrone. »Schöne Antwort!«
»Danke.«
Joram bekommt kalten Kakao. Allerdings sieht er nicht so aus, als könnte er in absehbarer Zukunft was trinken. Er guckt mit Riesenaugen zwischen Nikola und Elisa hin und her.
Auf dem Herd röchelt der Espresso. »Was würdest du auf eine einsame Insel mitnehmen?«
»Ein Rettungsboot.«
Nikola lacht. »Sonst nichts?«
»Einsame
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