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Vielleicht Verliebt

Vielleicht Verliebt

Titel: Vielleicht Verliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Loebner
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es sein, dass ich hier gerade irgendwas nicht mitbekomme?«
    Tristan schweigt. Holly schweigt auch.
    »Krieg ich jetzt endlich auch mal was zu essen?«, knurrt Mai. »Ich sterbe sonst.«
    Holly reicht ihren Teller an sie weiter. »Hier, du Motzknoten.«
    Sie hat keinen Hunger mehr. Tristan starrt sie an, als wäre ihr Gesicht eine Tafel mit geheimen Schriftzeichen, die er entziffern muss.
    Holly halbiert die Tortellini auf dem neuen Teller, den Eva ihr hingestellt hat, mit der Gabel.
    »Hilfst du mir heute Abend noch mit Jorams Zimmer?«, fragt Tristan plötzlich. »Wenn wir bis nächsten Samstag damit fertig sein wollen, wird es sonst knapp.«
    Und da können wir uns in Ruhe darüber unterhalten, was um alles in der Welt du bei Nikola gemacht hast und wieso sie dir ihren Lieblingsnamen verpasst hat.
    Nein, danke.
    »Vielleicht morgen.«
    Tristans Augenbrauen berühren sich in der Mitte. »Vielleicht?!«
    Holly schiebt ihren Teller weg. »Ja, vielleicht.«
***
    Am nächsten Morgen stößt sie vor dem Frühstückstisch fast mit Tristan zusammen, weil sie vor lauter Gähnen nicht hinguckt.
    »Guten Morgen«, sagt er fröhlich. »Na, wieder besser gelaunt heute?«
    Als ihre verklebten Augen auf ihn scharfstellen, überzieht sich ihr ganzer Körper mit einer Gänsehaut.
    Vielleicht liegt das nur am Erschrecken!
    Vielleicht liegt das nur daran, dass es noch so früh am Morgen ist.
    Immerhin ist es kein Geheimagentenspezialanzug mit Zwischenschicht! Es wird besser!
    Was wird besser?!
    Früher war es mit Tristan einfach GUT!
    Und jetzt ist er nur noch ein Gänsehauterreger!
    Holly beäugt die vielen klitzekleinen Hautberge auf ihrem Unterarm. Aus jedem Berg ragt, wie ein kleines Bäumchen ohne Krone, ein blondes Haar auf.
    Tristan setzt sich mit seinem Brot an den Tisch. »Wie sieht’s denn aus mit uns?«, fragt er. »Nach der Schule? In Jorams Zimmer?«
    Holly pustet auf die Gänsehaut. Die kleinen Bäumchen wiegen sich im Wind. »Ehrlich gesagt hab ich keine Lust.«
    »Keine Lust!?« Tristan legt sein Brot auf dem Brettchen ab. »Mensch, Elisa«, sagt er, und Holly wäre es lieber, wenn er es nicht so sanft sagen würde. Sondern sauer. Wütend. »Was ist denn eigentlich mit dir los?« Warum tut er so verständnisvoll, wo sie sich nicht mal selbst versteht? Holly hätte Lust, mal ein bisschen rumzuschreien.
    »Woher soll ich das wissen?«, schreit sie rum und springt von ihrem Stuhl auf. »Und außerdem heiß ich Holly und nicht Elisa!« Das Schreien macht sich gut. Die Gänsehaut ist weg. »Und jetzt geh ich. Tschüss!«
    »Wo willst du denn hin?«
    »In die Schule!«, brüllt sie. »Wohin denn sonst?«
    »Aber du bist viel zu früh!«
    »Dann nehm ich halt einen Ummmmweeeeeeeg!« Ihre Stimme kippt fast. Hustend schnappt sie sich den Rucksack, schiebt sich zwischen einer total verdatterten Oma Eins und einem geschockt aussehenden Opa Eins durch den Flur zur Haustür, reißt sie auf und knallt sie dann von außen genüsslich zu.
    Sie atmet ein. Hier draußen ist die Luft noch dicker als drinnen. Dunkel umrandete, tiefe Wolken ballen sich über ihr am Himmel zu riesigen Fäusten. Holly denkt an gestern Morgen, als Tristan der netteste Phase-Zwei-Vater aller Zeiten war und kein Wut auslösender, nervender Glibber-Schleim-Hervorrufer.
    »Willst du mir vielleicht irgendwas mitteilen?«, murmelt sie in den Gewitterhimmel hinein. »Dann werd mal deutlicher.«
    In der Ferne grollt ein Donner.
    »Na toll«, grollt sie zurück.
    Es geht die ganze Woche so weiter: Holly begegnet Tristan im Flur und bekommt eine Gänsehaut. Sie beobachtet Tristan beim Kochen und wird wütend. Sie hört Tristans Stimme und würde am liebsten losheulen. Sie sieht Tristan mit Mai und Juni spielen und kriegt Angst.
    Holly hat keine Ahnung, was mit ihr los ist. Sie weiß nur, dass sie diese unerklärlichen Gefühlsausbrüche nicht aushält. Also geht sie Tristan aus dem Weg. Sie schnappt sich Mai und Juni und erzählt ihnen stundenlange Papa-Paul-Geschichten.

    Sie schließt sich in ihr Zimmer ein und liest das dickste Buch, das sie in ihrem Regal finden kann. Als sie durch ist, hat sie nicht mal einen blassen Schimmer, worum es ging. Um die gemeinsamen Mahlzeiten zu umgehen, macht sie einmal mit Mai und Juni ein Picknick im Garten, einmal ist es ihr zu heiß zum Essen, einmal hat sie Bauchschmerzen. Irgendwann gibt es gar keine gemeinsamen Mahlzeiten mehr, weil keiner Lust hat zu kochen. Jeder prutschelt vor sich hin, schmiert sich ein Brot, taut sich

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