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Vier Arten, die Liebe zu vergessen

Vier Arten, die Liebe zu vergessen

Titel: Vier Arten, die Liebe zu vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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hier. Rauchen«, sagte Bernd.
    Diesmal zündete sich Thomas keine Zigarre an, auf dem Weg zur
Anlegestelle wäre das noch absurder gewesen als auf dem Parkplatz vor dem
Friedhof.
    Â»Taxi oder Linie?«, fragte Michael.
    Â»Was spricht für was?«, fragte Thomas.
    Â»Das Taxi ist schneller und eleganter und komfortabler, die
Alilaguna ist langsamer, umständlicher, aber eventuell unterhaltsamer.«
    Â»Taxi«, sagte Bernd, und Thomas nickte dazu.
    Der Fahrtwind und der Sprühregen, den das Boot beim regelmäßigen
Aufschlagen seines Bugs aufs Wasser entstehen ließ, milderten die Sommerhitze
etwas, aber Thomas und Bernd hatten dennoch ihre Jacken ausgezogen und über die
Arme gelegt. Sie standen alle drei hinten im Boot und schauten über dessen
Kabinendach auf die Silhouette, der sie sich näherten, während sie an der
Glasbläserinsel Murano und der Friedhofsinsel San Michele vorbeirasten.
    Â»Der Hammer«, sagte Bernd.
    Â»Das ist erst die Rückseite«, sagte Michael, »warte, bis du die
andere siehst.«
    Er bückte sich, ging durch die Kabine nach vorn zum Fahrer und bat
ihn, durch die Stadt zu fahren, der Mann bedankte sich mit einem lässigen Kopfnicken
für den lukrativen Umweg und bog nach links ab.
    Offene Münder hatten sie nicht, aber sie gaben sich auch keine Mühe,
ihre Faszination zu verbergen, immer wieder sagte Bernd: »Der Hammer, einfach
nur der Hammer«, und Thomas nickte schweigend, bis sie bei Ca Pesaro in den
Canal Grande einbogen und er murmelte: »Der Anblick heilt doch sicher Krebs,
oder?«
    Â»Krebs ist nicht Psycho«, sagte Bernd.
    Â»Hab ich anders gehört«, sagte Thomas.
    Â»Hast du falsch gehört«, sagte Bernd.
    Â»Ihr verfehlt gerade das Thema«, sagte Michael.
    Â»Ach ja? Und was ist das Thema?« Bernd legte eine Hand über die
Augen, weil die Sonne ihn blendete.
    Â»Schönheit.«
    Thomas brummte eine Art von Zustimmung, und Bernd nickte
enthusiastisch mit dem Kopf.
    Â»Wart ihr noch nie hier?«, fragte Michael.
    Â»Einmal«, sagte Bernd, »aber da hatte ich meine Augen nicht mit.«
    Â»Nie«, sagte Thomas, »und jetzt will ich schon nie wieder weg.«
    Den Rest der Fahrt schwiegen sie, nur hin und wieder von »Der
Hammer« unterbrochen, das Bernd vor sich hinmurmelte, als beschütze ihn dieses
Mantra vor dem Irrsinn.
    ~
    Michael konnte das Staunen der beiden nur zu gut verstehen
und freute sich darüber, als hätte er ihnen ein besonders gelungenes Geschenk
überreicht. Und einstweilen ging es so weiter, denn als sie an der Anlegestelle
vor seinem Haus ausstiegen und Michael vorausging, das Gartentor aufschloss und
»Bitte sehr, willkommen« sagte, da waren ihre Gesichter fassunglos.
    Â»Da wohnst du?«, fragte Thomas.
    Â»Ja.«
    Â»Das ist ein Palast«, sagte Bernd.
    Â»Ich schnorre hier nur. Das Haus gehört einem englischen
Musikverleger, der nie kommt und mich hier auf alles aufpassen lässt«, log
Michael.
    Â»Den Mann heiratest du«, schlug Thomas vor, und Bernd bot die
Alternative an: »Oder ich nehm ihn.«
    Â»Er ist nicht schwul.«
    Â»Dann lass ich mich zur Frau umbauen.«
    Â»Berndine Benson klingt nicht übel«, sagte Michael, »aber was willst
du hier in Venedig, du hast doch einen Job, oder?«
    Â»Dann hab ich doch ausgesorgt«, sagte Bernd, »oder ich sattel um auf
Raviolischneider.«
    Â»Schneider in , wenn schon«, gab Thomas
dazu.
    Â»Ist vielleicht ein aussterbender Beruf«, sagte Michael, »kommt ihr
jetzt rein, oder soll ich was zu trinken rausbringen?«
    Â»Trinken ist ein Argument«, sagte Thomas, und sie betraten das Haus.
    Dort ging es weiter mit dem Staunen. Thomas erkannte die Holzplastik
neben der Treppe sofort als Arbeit von Balkenhol und betastete sie respektvoll.
»Super«, sagte er, »der Verleger hat Geschmack.«
    Â»Aber die sind nicht echt«, sagte Michael, als er Thomas’ Blick sich
den Pseudo-Rothkos zuwenden sah, die links und rechts der Treppe zwischen den Türen
der Gästezimmer hingen, »die hat ein Student von hier gemalt.«
    Â»Aber schön sind sie«, fand Thomas, »auf echt kommt’s nur an, wenn
man Geld damit machen will. Fürs Auge tut’s auch Schönheit.«
    Â»Da hast du recht«, sagte Michael und sah, wie Bernd mit der Hand
über das raffiniert gedrechselte Treppengeländer strich.
    Â»Nicht aus der

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