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Vier Arten, die Liebe zu vergessen

Vier Arten, die Liebe zu vergessen

Titel: Vier Arten, die Liebe zu vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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wurde.«
    Â»Das Getto«, sagte Wagner.
    Â»Ist auch interessant. Sehr übersichtlich allerdings, eigentlich nur
ein Platz mit umliegenden Häusern, aber es gibt ein Museum mit religiösen
Kultgegenständen.«
    Â»Bernd müsste sich eigentlich für Casanova interessieren, oder?«,
fragte Thomas.
    Â»Wieso denn das?«, fragte Bernd zurück.
    Â»Na, wenn der nicht dein Vorbild ist, wer dann?«
    Â»Ein Mann wie ich hat allenfalls Nachahmer, aber doch keine
Vorbilder.«
    Â»Klar. Casanova und Don Juan haben dich im Voraus nachgeahmt.«
    Â»So etwa. Du kapierst schnell.« Bernd grinste und lehnte sich
zurück.
    Â»Alles«, sagte Thomas und sah Michael dabei an. »Zeig uns einfach
alles.«
    Â»Wie lang könnt ihr bleiben?«
    Â»Ich sollte am Donnerstag zurück«, sagte Bernd.
    Â»Ich auch«, schloss sich Wagner an.
    Â»Bei mir ist es egal«, sagte Thomas, »ich hau ab, wenn du genug
hast.«
    Â»Doch nicht etwa jetzt schon?«, witzelte Bernd.
    Â»Keineswegs«, sagte Michael, ohne auf den lockeren Ton einzugehen,
»ich freu mich, dass ihr da seid.«
    Â»Auf die Musik«, sagte Wagner und hob sein Glas.
    Â»Und Emmi«, sagte Michael.
    Â»Und alle schönen Frauen«, sagte Bernd.
    Â»Zum Beispiel Jeanne Moreau«, sagte Thomas.
    Â»Lina Venturo vielleicht auch noch?«, fragte Bernd und hielt
ebenfalls sein, allerdings leeres, Glas in die Höhe.
    Â»Die würdest du eher nicht anbaggern«, gab Thomas zurück.
    ~
    Bis auf drei Blättchen vom Salat blieb nichts übrig. Das
vierte Steak hatten sich Thomas und Bernd geteilt, und die vorsorglich schon
vor einer Stunde geöffnete zweite Flasche Amarone war auch schon im Spiel, als
Bernd, nachdem der Tisch abgeräumt und das Geschirr in der Spülmaschine
verschwunden war, ein Päckchen mit Karten aus der Tasche zog und auf den Tisch
knallte.
    Â»Sollen wir?«, fragte er in die Runde und erntete Nicken, Stöhnen
und die rhetorische Gegenfrage von Thomas: »Könnte man seine Zeit besser
totschlagen?«
    Â»Aber nicht um Geld«, warf Wagner ein.
    Â»Und wer verbissen spielt, setzt aus«, sagte Michael, »ich geb als
Erster.«
    Eine Zeit lang spielten sie nahezu schweigend und freuten sich, dass
sie offenbar nichts verlernt hatten, denn die alte Rollenverteilung stellte
sich schnell wieder ein, und sie spielten, wie sie immer miteinander gespielt
hatten: Bernd überlegt und souverän, Thomas riskant und launenhaft, Wagner
vorsichtig und Michael leichtfertig.
    Dass sie das Spiel auch früher so lange nicht leid geworden waren,
lag nicht nur am Zufall, dem Glück oder Pech, das man eben mit dem aufgenommenen
Blatt hatte, sondern auch an dieser immer wieder neu zusammengestellten
Kombination von Charakteren. Wenn die beiden Einschätzbaren Bernd und Wagner
zusammenspielten, ergab sich eine ganz andere Taktik, als wenn eines der
Irrlichter, Michael oder Thomas, mit einem der Einschätzbaren zusammenging.
    Als Michael wieder mit Geben dran war und eine neue Flasche Wein
aufmachte, diesmal einen Primitivo, fragte Wagner: »Bernd, kann ich dich mal
was echt Persönliches fragen?«
    Â»Ungern, aber frag mal«, sagte Bernd und starrte stirnrunzelnd auf
sein nicht sehr vielversprechendes Blatt, »ich kann ja dann immer noch
blocken.«
    Â»Warum bist du so wild hinter den Röcken her, trotz Frau und
Kindern, meine ich, was ist, wenn du mal auffliegst?«
    Bernd hatte das Spiel übernommen und legte die erste Karte, ein
Kreuz Ass. »Das passiert nicht«, sagte er, »ich flieg nicht auf.«
    Â»Einmal doch«, sagte Thomas, »ich bin auf die Art mein Haus und
meine Familie losgeworden.«
    Â»Erzähl«, sagte Michael, denn er wusste, dass Thomas nicht aus
Versehen ins Gespräch gestolpert war, sondern die Gelegenheit beim Schopf
packte, weil es ihn drängte, die Geschichte loszuwerden.
    Â»Es ist so simpel wie peinlich wie zum Kotzen«, sagte Thomas, »ich
hab mich bei einer Hausbesichtigung mit einer Frau eingelassen, die sich später
bei ihren Freundinnen drüber ausgelassen hat. Und eine dieser Freundinnen war
meine Frau. So schnell geht das.«
    Das Spiel ging weiter. Aber keiner sagte etwas. Sie ließen Thomas in
Ruhe überlegen, ob er mehr erzählen wollte oder nicht. Irgendwann wollte er:
»Und was dann kam, war genauso simpel und peinlich und zum Kotzen. Scheidung,
Haus weg, verrückt hoher

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