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Vier Arten, die Liebe zu vergessen

Vier Arten, die Liebe zu vergessen

Titel: Vier Arten, die Liebe zu vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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eines traumatisierten Scheidungsopfers, weiter
nichts.
    Dennoch hörte das Gift nicht auf zu wirken. Auf einmal schien es
Wagner möglich, dass er sich alles Verbindende, alles, was noch gut war
zwischen ihm und Corinna, nur einbildete, dass längst nichts mehr gut war und
er das nur nicht sehen wollte. Am liebsten hätte er sie sofort angerufen, aber
jetzt, nach elf Uhr, ging das nicht mehr. Sie wäre garantiert sauer, wenn er
sie so spät noch störte.
    ~
    BERND wusste nicht, was er von
Thomas’ Kummerarie halten sollte. Wurde das hier jetzt zu einem Kaffeeklatsch?
Jammernde Männer waren das Letzte. So genau wollte man das doch nicht wissen. Hat
nicht geklappt, bin geschieden, und fertig. Das hätte doch gereicht.
    Und Wagners Frage war eine Zumutung. Was ging es den an, wie Bernd
sein Liebesleben einrichtete? Wollte der den Pfarrer spielen und Moralstunden
geben, oder was? Wenigstens hatte Thomas ihn da gleich rausgehauen mit seiner
Leidensgeschichte – das war das Gute an dem Mädchentratsch. Trotzdem: So was
war keine Abendunterhaltung, und es war einer lässigen Männerrunde nicht
würdig, einander die schiefgegangenen Lebensentwürfe aufzudrängen.
    Bernd musste aufpassen, dass er nicht sauer wurde. Je mehr er
darüber nachdachte, desto blöder fand er dieses Gerede. Zum Glück schien
Michael nicht geneigt, jetzt seinerseits das Eingemachte auszupacken. Also
Schwamm drüber und weiterspielen. Bevor Wagner auf die Idee kam, seine Frage
noch mal zu stellen.
    ~
    MICHAEL sah für einen Moment
wie von oben, von der Zimmerdecke aus, auf die vier Männer beim Kartenspielen
und hatte eine Art Eingebung: Wir sind Versager in der Liebe. Oder Pechvögel.
Von Wagner wusste er zwar nicht, wie gut dessen Ehe mit Corinna lief, aber
allein die Tatsache, dass sie ihn gleich nach der Hochzeit betrogen hatte,
ergab kein allzu romantisches Bild. Bernd vermied die Liebe, zwar auf eine
etwas andere Art, als Michael dies ebenfalls tat, aber die Spaltung in treu
sorgender Vater und Ehemann einerseits und Casanova andererseits war nicht nur
ein Absturzprogramm – das konnte nicht gut gehen –, es war auch die Weigerung,
sich einer Person wirklich anzubieten.
    Und Thomas, derjenige unter ihnen, der sich schon immer hatte binden
wollen, war schlicht an die Falsche und dadurch aus dem Gleis geraten.
Natürlich wusste man nicht, wie er sich in der Ehe benommen hatte – vielleicht
war er auch einfach eine Zumutung für seine Frau gewesen und hatte ihre Geduld
irgendwann überdehnt –, allein aus seiner Sicht der Dinge würde man das nicht
erfahren.
    Bernd, dessen Gesichtsausdruck sich beim Anblick der eben
aufgenommenen Karten aufhellte, begann leise vor sich hin zu singen: The trouble is all inside your head, she said to me, the answer is
easy if you take it logically … Wagner fiel ein, und sie sangen zusammen
weiter: I’d like to help you in your struggle to be free,
there must be fifty ways to leave your lover.
    Nach dem Reizen ging das Spiel an Bernd, der einen Grand ansagte,
mit einem Herz-König herauskam und ein Stöhnen damit auslöste, denn es war
klar, dass er eine Flöte und vermutlich alle Buben haben würde. Das Spiel ging
dann auch langweilig durch – alle Stiche an Bernd –, er sammelte die Karten ein
und lächelte wie ein Buddha.
    Â»Ich hab da mal eine Frage«, sagte er, »was ist der Unterschied
zwischen Vögeln und Bumsen?«
    Â»Nicht vorhanden«, schlug Michael vor.
    Â»Marginal«, bot Wagner an.
    Â»Nein, es gibt ihn natürlich«, sagte Bernd.
    Â»Und du bist der Fachmann und willst ihn uns erklären?«, fragte
Michael.
    Thomas streckte sich. »Das ist keine Frage, sondern der Anfang von
einem Witz.«
    Â»Ich korrigier dich ungern«, sagte Bernd, »aber du hast nur zum Teil
recht: Es ist der Anfang von einem Witz in Gestalt einer Frage.«
    Â»Da hast du nun auch nur zum Teil recht.«
    Â»Wieso denn das?«
    Â»Du korrigierst mich nicht ungern, sondern gern.«
    Â»Quatsch, das tut mir doch im Innersten weh. Meinem Idol zu
widersprechen. Da stürzt mir eine Welt zusammen.«
    Â»Dann ist ja gut, dass wir das geklärt haben«, sagte Thomas.
    Â»Arsch«, sagte Bernd.
    Â»Jetzt sag schon«, bat Michael.
    Â»Bumsen können nicht fliegen.«
    Sie lachten. Aber die Pointe war so verspätet gekommen, dass der
Witz das Gealbere nicht mehr schlagen

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