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Vier Beutel Asche: Roman (German Edition)

Vier Beutel Asche: Roman (German Edition)

Titel: Vier Beutel Asche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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Jenny wollte den anderen nur etwas am gegenüberliegenden Ufer zeigen, irgendein halb verfallenes Gebäude mit mysteriösen Symbolen an der Wand, wie aus einem Horrorfilm. Sie schlenderten auf dem Radweg der breiten Brücke hinüber, jeder eine Flasche Bier in der Hand. Außer den fernen Feuern und einem halben Mond gab es kein Licht.
    »Schön, dass ihr mitkommt«, sagte Jenny. »Die anderen sind alle Langweiler.«
    »Klar«, sagte Maik. »Wie könnten wir bei Ruinen und Horror Nein sagen?«
    »Du könntest uns auch eine tote Ratte zeigen, Maik macht alles, was du sagst.« Sein Kumpel lachte und schlug ihm auf die Schulter. Das erklärte nicht, weshalb er selbst auch mitgekommen war.
    Das andere Mädchen kicherte und fragte: »Echt?«
    Jenny schwieg und sah raus auf den dunklen Lech.
    »Aber klar«, sagte der Kumpel, der einer von diesen sprichwörtlichen Freunden war, die einem sämtliche Feinde ersparten. »Wenn sie sagt ›spring‹, dann springt er.«
    »Echt?«, fragte das andere Mädchen wieder und hörte nicht auf zu kichern.
    »Blödmann«, sagte Jenny bestimmt. Damit war das Thema eigentlich erledigt.
    »Warum nicht?«, fragte Maik, und die anderen hielten die Luft an. Bei ihm wusste man nie, wann er einen Scherz machte. So gut wie nie verzog er das Gesicht, und er hatte einen anderen Humor als die meisten, auch eine andere Vorstellung davon, was Ernst war, was Vernunft und was zu viel. »Aber die meisten Leute sagen sowieso nicht, man soll springen. Die meisten Leute wollen einem das Springen nur verbieten.«
    Der Kumpel lachte, das Mädchen kicherte.
    »Ich nicht«, sagte Jenny.
    »Das sagen alle.«
    »Ach ja? Ich bin aber nicht alle«, sagte Jenny. »Dann spring halt.«
    Sie hatten die Brücke fast zu zwei Dritteln überquert, der Fluss schwappte fünfzehn Meter unter ihnen durch die Nacht, und keiner wusste, wie tief er war. Niemand mit Verstand würde hier einfach springen, nicht einmal bei Tageslicht. Herausfordernd sah Jenny Maik an. Sie wollte sehen, wie er sich aus der Geschichte herauswand.
    »Okay.« Maik blieb stehen, nahm einen Schluck von seinem Bier und drückte Jenny die Flasche in die Hand. »Halt mal.«
    Dann machte er mit groß zur Schau gestelltem Ernst zwei Kniebeugen.
    »Spinner.« Jenny lachte, das andere Mädchen auch.
    Der Kumpel runzelte die Stirn.
    »Dann sehen wir uns also drüben«, sagte Maik, warf einen Blick hinab, lächelte Jenny an und sprang seitlich über die Brüstung hinweg, als wäre sie lediglich ein kleiner Gartenzaun und fester Boden dahinter, weiches grünes Gras. Mit den Füßen voraus verschwand er in der Tiefe.
    »Halt!«, schrie der Kumpel viel zu spät.
    Die Mädchen waren viel zu verblüfft, um irgendwas zu rufen. Hilflos beugten sie sich über das Geländer und hörten, wie Maik aufs Wasser schlug.
    »Warum hast du das getan!«, blaffte der Kumpel Jenny an.
    »Ich?«
    »Ja, du. Ich hab doch gesagt, er springt, wenn du es willst.«
    »Aber ich wollte doch nicht …« In der Dunkelheit konnte Jenny nichts erkennen, dennoch stierte sie hinab. »Maik! Maik!«
    »Yeah!«, schrie der und lachte. Der Fluss hatte ihn ein gutes Stück weit mitgerissen. »Das Wasser ist ganz warm. Kommt rein!«
    »Spinnst du!«, schrie Jenny.
    »Wieso?«
    »Du kannst nicht einfach springen!«
    »Doch. Ich kann alles!« Lachend wurde er immer weiter abgetrieben. Er würde wohl erst einen halben Kilometer von hier an Land kriechen.
    »Ich warte nicht auf dich, du Spinner. Du kannst die verdammte Ruine allein suchen!«
    »Was?«
    »Ersauf doch!« Wütend drehte sie sich um und stapfte zurück zur Party.
    Die anderen rührten sich nicht.
    »Kommt ihr?«, rief sie über die Schulter. »Oder will noch einer springen?«
    Jenny und das andere Mädel hatten sich nach ihrer Rückkehr an mein Feuer gesetzt, da war noch Platz. Die Geschichte von Maiks Sprung machte rasend die Runde, alle lachten und ich am lautesten, denn Jenny saß nun direkt neben mir. Wir quatschten über die Schule, und ich hätte ihr gern die Sternbilder gezeigt, aber dafür saßen wir zu nah am Licht. Ich kannte den Jäger Orion, die beiden Bären und Kassiopeia. Das war nicht viel, doch mehr als die meisten. Alle anderen Sternbilder erfand ich zur Not, wie ich sie brauchte.
    »Kennst du die Story von der alten Friedenthaler, die ihrem eigenen Mann in der Freinacht ins Bein geschossen hat?«
    »Was?«
    »Mit der Schrotflinte. Hackedicht.«
    »Erzähl«, sagte sie, und ich merkte zu spät, dass ich ihr dummerweise schon die

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