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Vier Beutel Asche: Roman (German Edition)

Vier Beutel Asche: Roman (German Edition)

Titel: Vier Beutel Asche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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mit ihren Drogen? War das das Schlimmste, was sie sich für ihre Kinder vorstellen konnten?
    »Ich bin auch nicht schwanger«, sagte Lena leise.
    Es gibt also noch etwas anderes , zumindest bei Mädchen . Ich musste an den schleimigen Robert denken, wie er sie angegraben hatte, und meine Brust krampfte sich zusammen. Ich wollte mir nicht vorstellen, wie sie sich küssten und fummelten, aber ich konnte nicht anders. Es war zum Kotzen. Ich konnte mich nicht daran erinnern, einen Kuss der beiden gesehen zu haben. Am Feuer hatte sie sich lediglich an ihn gekuschelt. Nähe und Wärme, nichts weiter. Ich wusste nicht, ob ich mich damit besser fühlen sollte.
    Bei Selina hätte es mir auch nicht gepasst , dachte ich, aber das half mir auch nicht weiter.
    »Ich kann nicht«, sagte Lena.
    (…)
    »Nein, ich kann nicht heimkommen. Ich bin zu weit weg.«
    (…)
    »Ich bereite dir nicht ständig Sorgen!«, schrie Lena plötzlich, und wir zuckten alle zusammen. »Das machst du ganz allein!«
    (…)
    »Ich lass mich nicht erpressen!« Sie drückte das Gespräch weg.
    Wir anderen starrten betreten zu Boden.
    »Wenn sie erfährt, was wir hier tun, steckt sie mich in so ein Bootcamp und hofft, dass ich ordentlich zurechtgestutzt werde.« Mit zitternden Händen packte Lena das Handy weg.
    »Was?«, rutschte es mir raus.
    »Was weiß ich.« Sie schüttelte den Kopf und schnaubte. »Wahrscheinlich steckt sie mich eher in die Psychiatrie. Und zeigt mich an wegen Grabschändung.«
    »Deine eigene Mutter zeigt dich an?«
    Wieder schlugen die Höllenglocken auf ihrem Handy, und ohne einen Blick auf das Display drückte Lena den Anruf weg. »Sie glaubt an Buße und Strafe. Sie sagt immer, sie und Gott könnten mir leicht verzeihen, als Mutter und Gott liebt man und ist großmütig. Aber ich muss mir auch selbst verzeihen können, und das geht am leichtesten mit einer Buße, das würde das Ganze irgendwie ausgleichen. Recht ist Recht, sagt sie immer, und wenn Unrecht keine Konsequenzen nach sich zieht, würde man es nicht als Unrecht erkennen und falsch wachsen. Wie ein junger Baum, der nicht an einer geraden Stange angebunden wurde. Selbstvorwürfe halten ewig, sagt sie, eine Bestrafung ist zeitlich begrenzt und damit gnädig, ich bin nur noch zu jung, um das zu begreifen.«
    »Du verarschst uns doch jetzt?«, fragte ich.
    »Nein.«
    »Das Baumbeispiel bringt die wirklich?«
    Sie nickte. »Wortwörtlich. Einmal habe ich sie angebrüllt, dass kein Baum schnurgerade nach oben wächst, warum soll er sich also an einer Stange orientieren? Sie sagte, das ist ein Ideal, und Ideale geben einem Halt. Stangen steckten fest im Boden und deuteten schnurgerade in den Himmel, was kann es für eine bessere Orientierungshilfe geben?«
    »Sorry, aber deine Mutter spinnt«, sagte ich. »Stangen sind doch nur totes Holz.«
    »Das ist gut. Das merke ich mir fürs nächste Mal.« Sie schenkte mir ein zögerliches Lächeln. »Wollen wir weiter?«
    »Cooler Klingelton übrigens«, sagte Maik.
    »Nur für meine Mutter.« Lena setzte den Helm auf.
    Wir stiegen wieder auf. Als ich mich hinter sie setzte, legte ich meine Hände wieder auf den Gepäckträger. Das war besser, ich musste möglichst viel Abstand zu ihr halten.

21
    Mittags machten wir Pause in einem stillgelegten Steinbruch in den Ardennen, den wir von der Landstraße aus erspähten. Er lag am Ende einer kurzen Nebenstraße aus staubbedeckten Betonplatten, etwa fünfhundert Meter abseits zwischen zwei spärlich bewachsenen, felsigen Hügeln. Wir hatten noch massenhaft Äpfel, die nicht mehr ganz so saftig schmeckten wie die ersten beiden. Nach einem hatte ich genug, den anderen ging es genauso, Maik aß lustlos seinen ersten überhaupt. Gierig tranken wir Wasser, die Sonne brannte heiß, es hatte bestimmt dreißig Grad.
    Wir saßen auf Felsbrocken, und Maik hatte seinen Aschebeutel wieder ausgepackt. Plump hockte er neben ihm. Selina sah immer wieder hin, sagte jedoch nichts.
    Schweigend kontrollierten wir unsere Handys nach entgangenen Anrufen oder Nachrichten. Ich hatte keine Lust, mich irgendwo zu melden, ich vermisste keine Mails und kein Facebook. Da hatte ich mich seit dem Unfall kaum noch eingeloggt.
    Coole Party. Danke :-) , hatte Jenny gesimst, wie sie es bei jedem Gastgeber tat. Höflichkeit nannte sie das, mir zeigte es, dass sie nichts verstanden hatte. Ich löschte die Nachricht.
    »Früher hat mich mein Vater mit in die Berge genommen«, sagte Lena und ließ den Blick über die Felsen

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