Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition)

Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition)

Titel: Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Krappweis , Heinz J. Bründl
Vom Netzwerk:
und dem Fuchs.
    Ja, aber dem war das wurscht. Der war satt.

Kapitel 36: Jean-Luc
oder: ’at disch dör Chili geschmeeeck’?
    Von Tommy Krappweis
    J ean-Luc bekleidete im Lauf der Zeit mehrere Positionen in No Name City. Ich lernte ihn als Chefkoch kennen, weil er anfangs die Gastronomie in der Westernstadt unter seiner französischen Fuchtel hatte. Als dann der Amerikaner John Moody diesen Job übernahm, wechselte er hinter die Bar des Saloons.

    Wir bekamen jeden Tag Personalessen aus der Gastro und waren Jean-Luc darum hilflos ausgeliefert. Ich glaube, Jean-Luc wusste das, und ich glaube außerdem, Jean-Luc hat es genossen.
    Ach, das glaub ich nicht.
    Ach, das glaub ich schon.
    Der hat nur so ausgeschaut, als wär da was.
    Meinst du …
    Ich möchte hier ein zugegebenermaßen unappetitliches Beispiel nennen. Nun wird dem Franzosen an sich ja gerne mal nachgesagt, er sei gelegentlich ein bisschen arg unappetitlich im Ausdruck. Da ich zu wenig Franzosen kenne, um das beurteilen zu können, wage ich hier keine Meinung darüber zu formulieren. Aber was ich doch sagen kann, ist, dass Jean-Luc definitiv ein Talent hatte, einem das Hungergefühl auszutreiben und an dessen Stelle ein schlechtes Gewissen zu plazieren.
    Schlechtes Gewissen? Für was denn?
    Dafür, dass man »umsonst« Essen bekommt, dass man ihm dadurch Arbeit macht und dass man kein Franzose ist.
    Ja, kein Franzose zu sein empfand er als genetischen Nachteil.
    Ich erinnere mich an eins meiner ersten Gespräche mit Jean-Luc. Ich wollte nur nett sein und fragte ihn, ob es ihm Spaß mache, in No Name City zu kochen. Erst schaute er mich lange an und runzelte die Stirn, als ob er sich fragte: »Das da kann sprechen?« Dann machte er ein erstaunlich geringschätziges Seufzgeräusch, verdrehte dabei sehr französisch-hektisch die Augen und murmelte: »Kochen? Das ist nischt kochen. Das ist Scheis’.« Er deutete auf die riesige Pfanne in der Mitte der Küche, die aussah, als hätte er sie aus Villariba geklaut, und seufzte noch einmal: »Das alles, Scheis’. Das ist nischt kochen. Ich ’att ein Restaurant in’ Elsass, dort ’ab isch gekocht. ’ier mach isch warm. Ich kann kochen, aber nischt für die Arschlöscher.«
    Dabei deutete er mit seinem Schöpflöffel in einer ausladenden Armbewegung einmal über die Mainstreet und schloss damit alle Besucher, Kollegen, Tiere und sonstigen Lebewesen ein. »All’ Arschlöscher. Für die koch isch nischt. Die sollen Scheis’ fressen.« Dann wandte er sich ab und rührte missmutig die Paella in der Riesenpfanne um.
    Zu mir hat er so was nie gesagt.
    Ach was …
    Den Gipfel der Geschmacklosigkeit leistete er sich aber ein paar Wochen später, als ich noch einmal den Versuch machte, nett zu sein, und irgendein Gespräch anfing.
    Warum?
    Weil ich nicht wollte, dass mich der Typ hasst, der mein Essen macht!
    Is’ doch wurscht.
    Ist es nicht, hör zu!
    Wie immer bekam ich von Jean-Luc zunächst keine oder nur eine einsilbige Antwort, gefolgt von einem Louis-de-Funèsischen Achselzucken. Also nahm ich meinen Teller Chili con Carne und verzog mich in eine Ecke zum Essen. Doch später, als ich den leeren Teller zurückbrachte und ihn einfach nur an der Theke abstellen wollte, winkte mich Jean-Luc mit einem Grinsen zu sich. Erst dachte ich, er meinte irgendwen anders, und sah mich um. Doch, doch, er meinte mich und bedeutete mir herzukommen. Offensichtlich wollte er mir etwas sagen.
    Neugierig und irgendwie auch erfreut über die Kontaktaufnahme seinerseits, kam ich näher. Jean-Luc beugte sich über die Theke und winkte. Ich sollte noch näher kommen. Als ich ihm schließlich so nah war, dass ich es kaum noch erträglich fand, raunte er mir zu: »Ey, Dommy … Hat dir de’ Chili geschmeck’?« Sein Lächeln war undurchdringlich.
    Irgendetwas in mir schrie mich an, auf keinen Fall mit »Ja« zu antworten. Also entschloss ich mich zu einer Gegenfrage: »Warum?«
    Die Antwort könnte typischer nicht sein, und ich bitte um Entschuldigung, dass ich sie jetzt hier auch leider im Original wiedergeben muss. Sie lautete: »Isch ab reingeschiss’.« Dann wandte er sich ab.
    Ja, sauber.
    Eher das Gegenteil …
    Nach ein paar Sekunden bemerkte er, dass ich immer noch dastand, unfähig, irgendwas zu sagen. Weder eine schlagfertige Antwort noch ein lahmes »Hahaha« oder sonst irgendwas halbwegs Adäquates kam mir über die plötzlich etwas trockenen Lippen. Aber weggehen konnte ich irgendwie auch nicht, denn das war einfach

Weitere Kostenlose Bücher