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Vier Frauen und ein Mord

Vier Frauen und ein Mord

Titel: Vier Frauen und ein Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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den Kopf.
    »Wissen Sie, wie sie aussah, als sie aus dem Zimmer lief, um ihren Mann zu rufen? Sie erinnerte mich an einen schönen, flatternden Falter. Sie stieß gegen die Möbel und streckte ihre Hände vor wie eine Blinde.«
    Spence sah ihn nachsichtig an.
    »Romantisch, das sind Sie, Monsieur Poirot«, sagte er. »Sie und Ihre schönen flatternden Falter und großen blauen Augen.«
    »Durchaus nicht«, sagte Poirot. »Mein Freund Hastings, der war romantisch und sentimental, aber ich nicht. Ich, ich bin streng sachlich. Ich sage Ihnen nur, wenn die Ansprüche auf Schönheit einer Frau hauptsächlich von der Schönheit ihrer Augen abhängen, dann wird sie ihre Brille abnehmen, ganz gleich, wie kurzsichtig sie ist, und sie wird lernen, sich ohne sie zu bewegen, selbst wenn die Umrisse verschwommen und die Entfernungen schwer abzuschätzen sind!«
    Und er klopfte sachte mit dem Zeigefinger auf die Fotografie des Kindes Lily Gamboll mit seinen dicken, entstellenden Brillengläsern.
    »Das meinen Sie also? Lily Gamboll?«
    »Nein, ich sage nur, was sein könnte. Als Mrs McGinty starb, war Mrs Carpenter noch nicht Mrs Carpenter. Sie war eine junge Kriegswitwe, sehr arm, wohnte in der Hütte eines Tagelöhners. Sie war mit dem reichsten Mann der Gegend verlobt – einem Mann mit politischem Ehrgeiz und einer hohen Meinung von seiner Wichtigkeit. Wenn Guy Carpenter herausgefunden hätte, dass er im Begriff war, ein Kind niederer Herkunft zu heiraten, das dadurch bekannt geworden war, dass es seiner Tante den Schädel mit einer Fleischhacke eingeschlagen hatte, oder etwa die Tochter Craigs, eines der bekanntesten Verbrechers unseres Jahrhunderts – der in eurer Schreckenskammer ganz vorn aufgestellt ist –, nun, da fragt man sich, ob er sie wirklich geheiratet hätte. Sie sagen vielleicht – wenn er das Mädchen wirklich geliebt hat, ja. Aber er ist nicht dieser Typ. Mir scheint er selbstsüchtig, ehrgeizig und sehr auf seinen Ruf bedacht zu sein. Ich glaube, wenn die junge Mrs Selkirk, wie sie damals hieß, Wert auf diese Heirat legte, dann hätte sie zugleich sehr, sehr großen Wert darauf gelegt, dass keine derartige Andeutung ihrem Verlobten zu Ohren kam.«
    »Ich sehe, Sie glauben, dass sie es ist, nicht wahr?«
    »Ich sage Ihnen nochmals, mon cher, ich weiß es nicht. Ich prüfe nur die Möglichkeiten. Mrs Carpenter war bei meinem Besuch sehr vorsichtig, passte auf, war nervös.«
    »Das sieht böse aus.«
    »Ja, ja, aber es ist alles sehr schwierig. Einmal wohnte ich bei Freunden auf dem Lande, und sie gingen auf die Jagd. Sie wissen, wie das vor sich geht? Man geht mit Hunden und Gewehren spazieren, und die Hunde, die scheuchen das Wild auf – es fliegt aus dem Wald heraus und in die Luft, und man macht piff, paff. Das ist so wie bei uns. Wir stöbern nicht nur einen Vogel auf. Vielleicht sitzen noch andere Vögel im Dickicht. Vielleicht Vögel, mit denen wir gar nichts zu tun haben. Aber die Vögel wissen das nicht. Wir müssen sehr genau herausfinden, mon cher, welches unser Vogel ist. Während Mrs Carpenters Witwenschaft kann geklatscht worden sein – nicht mehr als das, aber immerhin unangenehm. Es muss doch einen Grund haben, dass sie mir so schnell sagte, Mrs McGinty sei eine Lügnerin gewesen.«
    Kommissar Spence rieb sich die Nase.
    »Sprechen Sie einmal offen, Poirot. Was ist Ihre wahre Ansicht?«
    »Meine Ansicht hat nichts zu sagen. Ich muss wissen. Und bis jetzt sind die Hunde eben erst ins Dickicht eingedrungen.«
    Spence brummte: »Wenn wir nur etwas Bestimmtes herausfänden. Einen wirklich verdächtigen Umstand. Aber so ist alles nur Theorie, und dazu noch eine an den Haaren herbeigezogene Theorie. Die ganze Sache ist mager, wie ich schon gesagt habe. Mordet denn wirklich jemand aus den Gründen, über die wir gesprochen haben?«
    »Das kommt darauf an«, meinte Poirot. »Aber die Leidenschaft für Ehrbarkeit ist sehr groß. Und ehrbare Leute bewahren gern ihre Ehrbarkeit. Vielleicht Jahre einer glücklichen Ehe, kein Verdacht, dass man je eine Rolle in einem der sensationellsten Mordprozesse gespielt hat, kein Verdacht, dass ihr Kind das Kind eines berüchtigten Mörders ist. Man könnte sagen: ›Lieber sterbe ich, als dass mein Mann das erfährt!‹ oder ›Ich würde lieber sterben, als meine Tochter herausfinden lassen, wer sie ist.‹ Und dann könnte man sich überlegen, dass es besser wäre, wenn Mrs McGinty stürbe…«
    Spence sagte ruhig:
    »Sie glauben also, dass es die Wetherbys

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