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Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)

Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)

Titel: Vier Jungs auf einem Foto (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduardo Sacheri
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klar geworden. »Jetzt weiß ich, was los ist. Sie haben eine Anfrage. Und jetzt wollen Sie mich umfunktionieren.«
    »Was?«, fragt Ruso, der nun seinerseits nichts mehr kapiert.
    »Ich wette, jemand hat Ihnen ein Geschäft vorgeschlagen, und jetzt wollen Sie mich bequatschen. Aber nicht mit mir. Wenn ich eines nicht bin, dann blöd. Kapiert?«
    Ruso seufzt. Eine Schwachsinnsidee wie diese kann ja nur so enden. »Nein, Junge. Das hast du falsch verstanden oder ich hab mich nicht richtig ausgedrückt. Tu einfach so, als hätte ich nie was gesagt.«
    »Einen Scheiß werd ich tun!«
    Es ist das erste Mal, dass es so aus ihm herausbricht, denkt Ruso. Die Tür geht auf, und Pittilangas Mannschaftskollegen kommen aus der Kabine und machen sich frisch geduscht und umgezogen auf den Heimweg. Eine leichte Brise wirbelt die trockenen Blätter auf.
    »Hör zu«, sagt Ruso ganz ruhig. Er hat beschlossen, die Wahrheit zu sagen, und allein schon der Gedanke, die Wahrheit zu sagen, beruhigt ihn. »Kann sein, dass ich keine Ahnung hab vom Fußball, dass ich ein Idiot bin, dass ich lieber den Mund halten sollte.«
    »Ja, gut möglich.«
    Ruso verzieht das Gesicht, übergeht aber die Beleidigung. »Trotzdem werd ich dir jetzt zwei Dinge sagen. Zwei Dinge, über die du mal nachdenken solltest.«
    »Sind Sie jetzt beleidigt?«
    »Nein, überhaupt nicht«, erwidert Ruso und meint es auch so. »Also, erstens: Die Transferrechte hat ein gewisser Alejandro Raguzzi gekauft. Das weißt du, oder?«
    »Ja.«
    »Gut. Mono – für uns hieß er nämlich nicht Alejandro, für uns war er immer Mono –, Mono war eigentlich gar kein richtiger Spielerberater. Er hat selber mal Fußball gespielt. Ganz gut sogar. Als rechter Innenverteidiger. Aber nach der A-Jugend war Schluss. Danach hat er studiert, Informatik. Hatte richtig Köpfchen. Außerdem war er mein bester Freund. Na ja, jedenfalls hatte er einen gut bezahlten Job, und als man ihn rauswarf, hat er eine fette Entschädigung kassiert. In dem Moment hat Salvatierra ihm von dir erzählt, und Mono hat dich kurz entschlossen gekauft. Damals warst du gerade in den Kader für die WM in Indonesien berufen worden. Tja, und letztes Jahr hat er Krebs gekriegt. Sieben Monate später war’s vorbei.«
    Ruso verstummt. Das Leben eines Menschen ist so unbedeutend, dass sich seine Biografie in fünf Minuten packen lässt, egal, wie sehr die, die noch da sind, ihn auch lieben. Fünf Minuten. Höchstens.
    »Und wir drei haben noch weniger Ahnung von dem Geschäft als Mono. Überhaupt sind wir nur deshalb eingestiegen, weil wir versuchen wollen, das Geld irgendwie wiederzukriegen. Mono hat nämlich alles in deine Transferrechte investiert. Und er hat eine kleine Tochter … Ist nicht deine Schuld, ich weiß. Ich sag dir’s nur, damit du verstehst.«
    »Okay, Chef. Tut mir leid. Aber ich wüsste nicht, was ich da tun kann.«
    »Wie gesagt, ist nicht deine Schuld. Aber tun kannst du schon was. Hör zu, Mario, machen wir uns nichts vor: Du bist nicht gut genug für die erste Liga. Für hier reicht’s, aber was ist morgen? Du bist nur ausgeliehen, und irgendwann musst du zurück zu Platense. Platense wird dir sofort die Freigabe erteilen, die du dir dann sonstwo hinstecken kannst. Und damit sind auch die dreihunderttausend futsch. Ich kann mir schon vorstellen, was du jetzt denkst. Ist nicht dein Problem, sondern unseres. Aber ich sag dir eins: Würden wir nicht da mit drinhängen, würd ich dir auch nichts anderes sagen.«
    »Glaub ich nicht.«
    »Stimmt. Wahrscheinlich würd ich es dir nicht direkt ins Gesicht sagen. Aber nur, weil ich’s nicht übers Herz bringen würde. Nur deshalb. Und nicht, weil ich glaube, dass du es in die erste Liga schaffen kannst. Und wenn du ehrlich bist, glaubst du es selber nicht.«
    Pittilanga sieht zur Kabinentür, als hätte er Angst, Bermúdez könnte alles hören. Aber außer ihnen beiden ist keiner da.
    »Ich glaube, Sie verstehen mich nicht. Ich … Ich kann nichts anderes. Seit zehn Jahren hänge ich mich voll rein. Ich bin von der Schule abgegangen. Wegen des Trainings. Und trainieren tue ich, seit ich elf bin. Das ist richtige Arbeit. Immer musste mich jemand zum Training bringen. Mein Vater. Oder mein älterer Bruder. Und das bedeutete meistens Stress für meinen Vater, weil er alles unter einen Hut bringen musste: Arbeit, Trainigszeiten, Spiele. Sie … Für Sie ist Fußball Spaß. Für mich ist es Arbeit. Ich muss damit mein Brot verdienen. Weil ich nichts anderes

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