Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)
Brüste, die von dem orangefarbenen trägerlosen Top kaum im Zaum gehalten werden. Unwillkürlich nähert Fernando sich dem Fenster, um sich die Beine anzusehen. Lang, kräftig, männlich. Mahlzeit, denkt er, und lehnt den Kopf an die hyperbequeme Stütze.
»Du wirkst ein bisschen angespannt, Schätzchen.«
Fernando überlegt, was er antworten soll. Er will nicht beleidigend wirken, aber wie soll er klarmachen, dass sein Samstagnachmittagsprogramm kein Schäferstündchen mit einem Transvestiten vorsieht, der in der Costanera Sur auf den Strich geht. Also hebt er die Hand, lächelt verlegen und tastet nach dem Zündschlüssel.
»Darf ich einsteigen?«
»Lieber nicht.«
»Bist du so in Eile, dass du nicht mal fünf Minuten erübrigen kannst?«
»Nein, wirklich nicht. Trotzdem danke.«
»Nichts zu danken, Schätzchen. Dann eben ein andermal«, antwortet er oder sie, zieht eine Schnute und legt einen theatralischen Hüftschwung hin.
Fernando stellt den Motor an, während der Transvestit auf das nächste Auto zugeht, das etwa fünfzig Meter entfernt parkt. Plötzlich hat er eine Idee. Er hupt. Der Transvestit dreht sich um, lächelt und trippelt auf seinen Stöckelschuhen zurück. Fernando will erst gar keine Missverständnisse aufkommen lassen.
»Ich wollte dich um einen Gefallen bitten«, sagt er rasch. »Wie heißt du?«
»Celeste. Und du?«
»Fernando. Entschuldige, ich will nicht nerven, aber ich hab kein Handy und müsste dringend jemanden anrufen.«
Celeste tritt einen Schritt zurück und betrachtet ostentativ den Wagen. Dann sieht er wieder zu Fernando, mit einem »Ich glaub dir kein Wort«-Gesicht.
»Das Auto ist geliehen. Ich schwör’s. Und ich hab wirklich kein Handy.«
»Was für ein altmodisches Kerlchen. Zauberhaft. Gibt dir so einen Retrotouch. Steht dir gut.«
Fernando lächelt. »Ich hab keine Ahnung, was zwei Anrufe kosten können. Schlag ruhig noch was drauf. Plus die Zeit, die ich dich von der Arbeit abhalte.«
Celeste sieht ihn an, als stünde sie kurz vor der Lösung eines Rätsels. Dann kramt sie in ihrer kleinen Handtasche und holt ein goldenes Telefon hervor, das ganz flach ist und nagelneu aussieht. Sie verdreht das Handgelenk, als sie es ihm reicht, und wackelt wieder mit den Hüften.
»Heute ist dein Glückstag, Süßer. Telefonier ruhig, ist mit Vertrag.«
Fernando betrachtet das Gerät. Bildet er sich das nur ein oder hat das Ding tatsächlich keine Tasten? Celeste merkt, dass er zögert. »Ach, Schätzchen. Dich hat man wohl auch tiefgefroren wie Walt Disney. Gib her. Welche Nummer soll ich wählen?«
Fernando nennt ihr die Nummer der Waschanlage. Celeste tippt sie ein, und als sie den Wahlton hört, gibt sie ihm das Handy zurück.
»Hallo, Cristo. Ich muss mit Ruso sprechen. Sofort. PlayStation hin oder her. Es ist dringend.« Er wendet sich wieder Celeste zu und gibt ihr zu verstehen, dass sie die Zeit mitstoppen soll. Celeste winkt ab.
»Hallo, Ruso. Hör zu, ich hab nicht viel Zeit. Nein. Ist voll schiefgegangen. Deswegen rufe ich dich an. Du musst mit deinem Bruder sprechen. Hat er immer noch dieses Geschäft in Warnes?«
Celeste tritt ein Stück zurück, wahrscheinlich, um nicht zu stören. Dann geht sie zweimal um das Auto herum, bewundert das Design, die Chromfelgen, die perfekte Innenausstattung. Am Ende lehnt sie sich an die Kühlerhaube.
»Ruf ihn noch mal an. Ich kann nicht warten. Halt, Moment.« Er wendet sich an Celeste. »Kannst du mir deine Nummer geben?«
Celeste sagt sie ihm, und er wiederholt sie.
»Ja, ich weiß, dass das eine Handynummer ist. Nein, natürlich nicht meine. Ich hab mir nur eins geliehen. Das erklär ich dir später. Also, ich warte. Ah, noch was: Das hier ist absolut wichtig. Das musst du hinkriegen, Ruso. Wenn nicht, sind wir am Arsch.«
Er legt auf und hält Celeste das Handy hin.
»Nein, mein Schatz. Wenn er dich sowieso zurückrufen muss, behalt es lieber gleich.«
Fernando stellt sich zu Celeste und lehnt sich ebenfalls an die Kühlerhaube. Er fragt sich, worüber er reden soll. Er will nicht unhöflich sein, aber hat keinerlei Erfahrung mit Transvestiten. Wie kann er das Eis brechen? Bestimmt nicht mit einer Bemerkung wie: Gehst du immer in der Costanera auf den Strich? Celeste erlöst ihn aus seiner Not.
»Tolles Auto, Süßer.«
»Ja, ein Traumwagen. Gehört einem Freund von mir.«
»Willst du mir diesen Freund nicht mal vorstellen?«
Fernando deutet ein Lächeln an. »Du hast mich gerettet.«
»Und das, obwohl
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