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Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)

Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)

Titel: Vier Jungs auf einem Foto (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduardo Sacheri
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anschließend in Richtung Papierkorb zu werfen, der in der Ecke steht. Die erste Kugel geht knapp vorbei. Bevor er die zweite wirft, knüllt er sie fester zusammen, damit sie besser fliegt. Diesmal prallt sie an die Wand und fällt von dort in den Korb. Jubelnd nimmt er die dritte Kugel zur Hand. Da klopft Natalia an die Tür.
    »Besuch für dich. Glaub ich«, sagt sie, als wüsste sie nicht recht, wie sie den Besucher einordnen soll.
    »Wer?«
    »Salvatierra heißt der Mann. Steht bei mir im Büro und will dich sprechen. Ich hab gefragt, ob er einen Termin hat, aber er sagt nein, es sei was Persönliches.«
    Mauricio nickt. Früher oder später musste Salvatierra bei ihm auftauchen. Dann lieber früher als später. Besser, sich das Problem schnell vom Hals schaffen.
    »Sag ihm, er soll reinkommen, Nati. Warte. Hier ist das Schreiben in Sachen Tolosa.«
    »Ah, prima. Dann schicke ich alles gleich los.«
    Kurz darauf tritt Salvatierra ein, und Mauricio begreift sofort, warum Natalia so herumgedruckst hat. Salvatierra trägt eine weiße Hose und ein kariertes Jackett, darunter ein wassergrünes Hemd. Sieht aus wie eine Mischung aus Vorstadtzuhälter und Schwager von Rocky Balboa, denkt Mauricio, während er ihn auffordert, Platz zu nehmen.
    »Wie geht’s, Mauri?«
    Mauri. Ein bisschen sehr vertraut. Niemand nennt ihn so, nur seine Freunde. Und an die will er jetzt lieber nicht denken. Von Fernando hat er nichts mehr gehört seit ihrem Streit im Hotel. Und von der letzten Begegnung mit Ruso tut ihm immer noch die Schulter weh. Außerdem ärgert er sich immer noch, dass er nicht zurückgeschlagen hat. Oder schlimmer: dass Ruso ihn nicht mal wirklich geschlagen, sondern nur geschubst, durch die Luft geworfen hat, als wäre er eine Plastiktüte. Den Kredit, den er ihm gegeben hat, hat er brav abbezahlt. Drei Monate, drei Raten. Nur dass er nicht mehr selber vorbeikommt, sondern einen Angestellten schickt. Und sich eine Quittung geben lässt. Der Idiot.
    »Gut, Polaco. Und dir?«
    »Kann nicht klagen. Ich hab versucht, dich auf dem Handy zu erreichen.«
    »Ach ja? Kann gut sein. Das wurde mir neulich geklaut, und ich hab mir eine neue Nummer geholt«, lügt er. »Ich sag meiner Sekretärin, sie soll dir ein Kärtchen geben. Aber jetzt erzähl: Was führt dich zu mir?«
    Bevor Salvatierra zur Sache kommt, krempelt er sich die Ärmel hoch. »Ich hab Neuigkeiten. Wichtige Neuigkeiten. Sehr wichtige Neuigkeiten.«
    Mauricio stutzt. Was sollen das für Neuigkeiten sein? Dass seine Mutter ihm hausgemachte Pasta versprochen hat? Oder dass er sich in eine Suchtklinik einliefern lässt?
    »Ich hab neulich einen Anruf bekommen. Wegen Pittilanga«, sagt Salvatierra schließlich und sieht Mauricio strahlend an, bis er sich sicher ist, dass die Nachricht Wirkung zeigt. »Aus Saudi-Arabien. Von Al-Shabab. Einem der wichtigsten Clubs dort. Da spielen schon andere Argentinier.«
    Mauricio schluckt. Salvatierra reicht ihm einige zusammengefaltete Blätter. Faxe, Fotokopien von Mails auf Englisch, aus Riad. Oben links ziert die Faxe ein Logo, eine Art Wappen. Die Sache scheint sauber.
    »Erzähl«, murmelt Mauricio, während er liest.
    »Die Typen haben Pittilangas Mappe seit Oktober. Offenbar hatten sie in der Sendung von Armando Prieto von ihm gehört. Erinnerst du dich? Er hat den Jungen damals in den höchsten Tönen gelobt.«
    Mauricio hält kurz inne und sieht Salvatierra an. Was für ein naiver Trottel. Rührend. Aber auch beängstigend. Ahnt der etwa nicht, dass Prietos Lobhudelei gekauft war? Sein schwarzer Audi fällt ihm ein, und schon ärgert er sich wieder.
    »Und?«
    »Damals hatte der Trainer kein Interesse, weil er genügend Verteidiger hatte. Aber sie haben den Jungen im Hinterkopf behalten. Und irgendwie haben sie auch mitgekriegt, dass er in die Ukraine verkauft werden sollte. Jedenfalls ist ihnen gerade ein Innenverteidiger abhandengekommen, ist nach Frankreich gegangen, glaub ich. Und, na ja …«, stockt er, weil er vor lauter Freude lachen muss. »Dann kamen plötzlich diese Faxe. Ich war so frei, sie zu beantworten, war ja nur eine Kontaktaufnahme. Ah, noch was, die Araber hatten auch eine Statistik parat, von einer Seite im Internet. Weißt du was davon?«
    Die Frage bleibt im Raum stehen, Mauricio hat sich wieder den Faxen zugewandt. Sein Englisch ist dürftig, aber es reicht, um zu erkennen, dass stimmt, was dieser Schwachkopf erzählt. In einer der Mails wird die Internetseite erwähnt: www.engedeckung.com.ar .

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