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Vier minus drei

Titel: Vier minus drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Pachl-Eberhart
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Warum nur besteht meine Erinnerung bloß immer noch beharrlich darauf, dass ich zur selben Zeit im Bett lag und schlief? Verkläre ich etwas, oder liegt doch ein wahrer Kern in jenem Bild, das ich von mir selbst zeichne?
    Vermutlich.
    Ich werkelte zwar, hielt Termine ein, funktionierte. Mein anderes, schwer angeschlagenes Ich allerdings wollte lieber nicht mitkommen, nach draußen. Es blieb einstweilen liegen, passte auf meine Familie auf und wartete geduldig, bis ich wieder zurückkam in die Sicherheit meines Nestes.
     
     
    Aus meinem Tagebuch
    18.4.2008
     
    Was heißt, lebendig zu sein?
Zuhören, durchlässig sein, das ist die eine Seite.
Aktiv sein, kräftig und laut. Schwitzen, lachen,
sporteln. Das ist die andere.
Und die dritte Seite: Singen, musizieren, Leiden-
schaft.
GEIST-KÖRPER-HERZ
Zu viel Geist momentan, was meinst du, Heli?

Ich ernenne euch zu meinen Schutzengeln:
Thimo, der Engel des Geistes.
Heli, der Engel des Körpers und dessen Gesund-
heit.
Fini, das Engalein des Herzens.
Noch eine Bitte: Helft mir, mich bei allen zu be-
danken, die mir Gutes tun und getan haben!
Ich fang gleich bei euch an: Danke für euren Mut,
den Weg ins Licht vorauszugehen. Ihr weist so
vielen Menschen den Weg! Und ihr zeigt mir die
unermessliche Fülle des Lebens!
Ich küsse euch!
    Mein Nest war mir heilig. Hier durfte mich niemand stören. Anrufe nahm ich nicht entgegen. Auf SMS antwortete ich nicht. Wer klopfte, musste draußen bleiben. Draußen war ich fleißig und gesprächig. Zu Hause sprach ich nur mit meinen drei Engeln. Und ich übte heimlich, mein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Ohne Hilfe. Allein.
     
     
    Der 8. April 2008
     
    Es ist spät. Den ganzen Tag habe ich Kisten geschleppt. Ich habe Hunger.
    Warum nur habe ich Annas Essenseinladung schon wieder nicht angenommen?
    Die Kekse sind längst aufgegessen und mein Magen knurrt laut. Müde bin ich nicht, leider. Die Flucht in den
Schlaf wird fürs Erste nicht gelingen. Schwindlig ist mir auch.
    Irgendwann musst du ja doch wieder damit anfangen, für dich selbst zu sorgen, flüstert meine innere Stimme mir aufmunternd zu.
    Du hast Recht. Ich werde einen großen Topf Reis kochen, genug für die nächsten drei Tage. Jetzt.
    In der Küche ist es kalt. Die Zentralheizung funktioniert nicht, schon seit Tagen. Warum, weiß ich nicht. Wer es wissen könnte, das weiß ich auch nicht.
    Der Holzofen! Sein Feuer ist ohnehin viel gemütlicher.
    Ich öffne die Holzkiste. Entdecke ein einzelnes Scheit, einsam und verloren. Draußen regnet es in Strömen. Aber was soll’s. Ich muss Holzhacken gehen. Nur dumm, dass ich das noch nie gemacht habe.
    Helis Goretex-Jacke schützt mich vor den dicken Tropfen. Ich laufe im Dunkeln durch den Garten, wo das nasse Gras kniehoch steht. In der Scheune lade ich Helis Leiterwagen voll mit Holz. Ziehe ihn den Hügel hinauf auf die Terrasse. Mein Herz klopft laut. Ich schwitze. Feuere mich an, komme gut voran, fühle mich plötzlich stark, fast übermütig. Oder ist es bloß die Kraft der Verzweiflung, die mich antreibt?
    Mit klammen Fingern ergreife ich die Axt.
    »Ich schaffe das, Heli!«, rufe ich in die Dunkelheit.
    Vielleicht glaubt er mir ja.
    Heli, der Engel, schlägt die Hände vor dem Gesicht zusammen.
    Nein, so doch nicht!

    Aber ich höre ihm nicht zu. Stelle ein Scheit auf den Bock. Es will nicht stehenbleiben. Nun denn. Meine linke Hand hält das Holz, die rechte schwingt die Axt. Hepp! Zehn Millimeter zwischen der Klinge und meinem Daumen. Das war knapp. Ich lasse alles fallen, die Axt, das Scheit, als wären es heiße Kohlen. Meine zitternden Hände, mein klopfendes Herz verraten mir, dass ich kurz vor der Panik stehe. Panik aber kann ich mir im Moment nun gar nicht leisten, allein, frierend, im Regen.
    Nein, Heli, es ist nicht so gefährlich, wie es aussieht. Siehst du? Ich blute nicht. Habe mich gar nicht verletzt.
    Doch auch das Holzscheit hat scheinbar keinen Kratzer abbekommen, leider. Noch ein Versuch. Diesmal etwas weniger schwungvoll. Soll heißen: Ängstlich und unentschlossen.
    Könnte ich vielleicht bitte ein kräftiger Mann werden, hier und jetzt?
    Das mit den Bestellungen beim Universum muss ich wohl noch ein wenig üben.
    Also die nächste Taktik: die Axt als Hammer verwenden. Mit der Klinge auf das Scheit einklopfen, als wäre es ein Nagel an der Wand. Eine gute Methode, um mich abzureagieren. Das ist aber auch schon alles.
    Ich bin schweißgebadet. Ratlos. Am Ende. Zu schwach, zu

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