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Vier minus drei

Titel: Vier minus drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Pachl-Eberhart
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treffen.
    Wunderbar. Wohnung, Arbeit, Beziehung. Was will man mehr?
    Bahn frei für eine bewegte Reise in die Zukunft? Nur noch wenige Schritte entfernt vom Happy End? Vielleicht hat es von außen so gewirkt. Vielleicht wollte ich es selbst glauben, lieber noch als alle anderen.
    Das Bild, das ich mir zurechtgezimmert hatte, sah so aus:
    Ich bin durch die Trauerphasen gegangen. Phase Vier, die Phase der Öffnung und Neuorientierung, habe ich schon vor geraumer Zeit erreicht. Ich habe mich durch eine ganze Wagenladung an Herausforderungen gewühlt,
die das Schicksal über mir ausgeleert hat. Habe meine Hausaufgaben erledigt und sehe wieder Licht. Nur noch ein paar Staubkörnchen abputzen, dann kann es unbeschwert weitergehen.
    Vielleicht dachten meine Freunde so ähnlich. Vielleicht waren sie außerdem froh, dass es neuerdings einen Menschen an meiner Seite gab, der die Intensivbetreuung übernahm, die sie mir so gern geboten hätten, die ich zuvor aber weitgehend verschmäht hatte.
     
    Das Problem war nur: Zwischen mir und meiner Zukunft stand eine gewaltige Hürde. Ich musste übersiedeln, mit Sack und Pack. In der Theorie hatte ich mir das ganz einfach vorgestellt. Die Praxis sah anders aus. Möbelstücke. Umzugskartons. Drohende Ungeheuer, die mir fauchend im Traum erschienen und mich zu erdrücken drohten.
    Es war Advent. Jeder hatte viel zu tun, daheim, im Kreis der Familie. Kekse backen, Strohsterne basteln, Weihnachtsfeiern ohne Ende. Im vergangenen Jahr war es mir noch genau wie meinen Freunden ergangen. Froh über jede freie, besinnliche Minute, die ich daheim mit meinen Kindern verbringen konnte, hatte mich nichts nach draußen gezogen, in die dunkle Kälte der Vorweihnachtszeit.
    In diesem Jahr jedoch gestaltete sich mein Advent alles andere als besinnlich. Ich hatte kein altes Heim mehr, und das neue musste ich erst einrichten.
    Statt Kerzen zu gießen und Lieder zu singen, wühlte ich mich durch Kisten und stieß dabei auf so manche Erinnerung.

    Das Spielzeug, die Bücher meiner Kinder, Helis Werkzeug, Theaterkulissen, Requisiten.
    Mir war klar, dass ich nicht alles mitnehmen konnte. Offen gestanden wollte ich es auch gar nicht. Wünschte ich mir doch einen bewussten Neuanfang. Doch wohin sollte ich all die tausend Sachen bringen, die mir immer noch so viel bedeuteten? Ich schaffte es nicht, sie einfach auf die Mülldeponie zu werfen. Das kam mir vor wie Verrat, an meinen Kindern, an meinem Mann, an meiner eigenen Vergangenheit.
    Also begab ich mich auf eine Art Herbergssuche, nach einem Heim für die Besitztümer meiner Familie.
    »Kannst du nächsten Samstag in mein Haus kommen und mir beim Aussortieren helfen? Ich möchte gern alles verschenken, was ich nicht mehr brauche.«
    An wie viele Türen habe ich geklopft? Wie viele Telefonnummern gewählt? Ich weiß es nicht mehr. Eine einzige Freundin versprach zu kommen. Ich werde es ihr nie vergessen.
    Ich hatte meine Hilferufe offenbar zu kurzfristig ausgesendet. Doch mir blieb keine Zeit mehr. Das Haus musste übergeben werden, schon in einer Woche. Ich hatte zu lange verdrängt.
     
    Gab es da vielleicht noch einen anderen Grund, warum die Besitztümer meiner drei Engel nicht den reißenden Absatz finden wollten, den ich erhofft hatte?
    Mit Schaudern erinnerte ich mich an ein Gespräch, das mir vor gar nicht langer Zeit heftig in die Glieder gefahren war:

    »Sandra, wie schön dich zu sehen!«
    Ich bin mitten auf dem Zebrastreifen in der Grazer Innenstadt stehen geblieben. Freue mich, meine Freundin zu treffen. Seit sie mir vor ein paar Wochen geholfen hat, meine Eigentumswohnung zu streichen, habe ich sie nicht mehr gesehen. Gemeinsam überqueren wir die Straße und stellen uns in die Sonne.
    »Wie geht es dir? Sitzen deine Kinder gut auf dem neuen Sessel?«
    Ich habe Sandra als Dank für ihre Hilfe einen wunderschönen Kinderlehnsessel geschenkt. Thimo hatte ihn sich wenige Tage vor seinem Tod bei IKEA erbettelt und ihn nur allzu kurz genießen können. Meine Freundin war sehr gerührt gewesen über das Geschenk und seine Geschichte. Sie war eilig heimgefahren, hatte es kaum erwarten können, ihn ihren Kindern zu zeigen.
    Nun, auf der Straße, verfinstert sich ihr Gesicht.
    »Gut, dass du fragst. Ich wollte sowieso schon mit dir darüber sprechen.«
    Der Ton in Sandras Stimme gefällt mir nicht wirklich. Es scheint, als machte der Sessel Probleme.
    »Weißt du, ich habe am Wochenende ein Aufstellungsseminar gemacht, und da ist mir doch so einiges

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