Vier Morde und ein Hochzeitsfest
Bunchy.
Ich schloss meine Wohnungstür auf und sah schon beim Eintreten meinen Anrufbeantworter blinken.
»Hallo, Babe«, sagte Ranger, »ich habe einen Job für dich.« Die zweite Nachricht war von Benito Ramirez. »Hallo, Stephanie«, sagte er. Eine leise Stimme, aber klar und deutlich, wie immer. »Ich war eine Zeit lang weg… wie du weißt.« Es folgte eine Pause, und in Gedanken sah ich seine Augen vor mir, klein für das Gesicht, mit einem absolut irren Blick. »Ich wollte dich besuchen, aber du warst nicht da. Ist schon gut. Ich versuch’s ein andermal.« Es folgte ein kurzes mädchenhaftes Kichern, dann wurde aufgelegt.
Ich löschte Rangers Nachricht, aber ließ die von Ramirez auf dem Apparat. Vielleicht sollte ich eine einstweilige Verfügung erwirken. Normalerweise halte ich von dem Verfahren nicht viel, aber in diesem Fall könnte ich erreichen, dass seine Bewährung aufgehoben würde.
Ich wählte Rangers Autotelefon an. »Was ist das für ein Job ?«, fragte ich ihn.
»Ein Job als Chauffeur. Ich muss einen jungen Scheich abholen, der um fünf Uhr in Newark landet.«
»Hat der Drogen dabei? Handelt er mit Waffen?«
»Nichts dergleichen. Er besucht übers Wochenende Verwandte in Bucks County. Und Sprengstoff hat er auch keinen dabei.«
»Wo ist der Haken?«
»Es gibt keinen Haken. Du ziehst dir ein schwarzes Kostüm und eine weiße Bluse an, holst ihn am Flughafen ab und begleitest ihn sicher an sein Ziel.«
»Hört sich doch gut an.«
»Du fährst ein Town Car, ein Auto mit Trennscheibe zwischen Fahrer und Fahrgast. Du kannst den Wagen in der Werkstatt Third Ecke Marshall Street abholen. Melde dich da um drei Uhr und verlang nach Eddie.«
»Sonst noch was?«
»Achte darauf, dass deine Kleidung vollständig ist.«
»Meinst du das Kostüm und die weiße Bluse -«
»Ich meine, deine Waffe.«
»Oh.«
Ich legte auf und nahm mir noch mal Freds Foto vor. Wie schon beim ersten Mal breitete ich die Farbkopien auf dem Tisch aus. Zwei Bilder zeigten den Beutel zugebunden. So hat Fred ihn wahrscheinlich vorgefunden, überlegte ich. Er macht die beiden Fotos, dann schnürt er den Beutel auf. Die Frage war bloß: Wusste er vorher, was sich in dem Beutel befand, oder war das eine Überraschung für ihn?
Ich ging hoch zu Mrs. Bestier, die schlechte Augen hatte und daher eine Leselupe besaß. Ich trat mit den Farbkopien näher ans Fenster und sah sie mir durch die Lupe an. Die Lupe war keine große Hilfe, aber ich war mir ziemlich sicher, dass es sich bei der Leiche um eine Frau handelte. Kurzes, dunkles Haar. Kein Schmuck an der rechten Hand. Offenbar war sonst nur noch zerknülltes Zeitungspapier in den Beutel gestopft worden. Eine Laboruntersuchung konnte vielleicht Aufschluss darüber geben, wann die Fotos entstanden waren. Der Beutel mit der Frauenleiche stand neben anderen Beuteln. Ich konnte vier Stück erkennen, auf Asphalt abgestellt. Vielleicht der Abfall von einem kleinen Geschäft, das keinen eigenen Müllcontainer brauchte. Von denen gab es viele. Vielleicht war es auch eine Einfahrt zu dem Haus einer Familie, die wahre Müllberge produzierte.
Im Hintergrund war teilweise ein Gebäude zu erkennen. Schwer zu sagen, um was es sich handelte. Es war verschwommen und lag im Schatten, die Fassade war verputzt, aber das konnte ich nur erahnen.
Mehr ließ sich aus den Bildern nicht herausholen. Ich duschte, schaute mich nach was Essbarem um und begab mich zu Mabel.
5
Ich verließ das Haus mit mehr Vorsicht als sonst und hielt Ausschau nach Ramirez. Als ich den Buick erreichte, war ich fast darüber enttäuscht, dass mich niemand angesprochen hatte. Einerseits wäre es gut, die Konfrontation hinter sich zu bringen, andererseits… Andererseits wollte ich über das Andererseits lieber nicht nachdenken.
Bunchy war ebenfalls nicht da. Auch dieser Umstand löste gemischte Gefühle bei mir aus. Bunchy war eine Nervensäge, und ich hatte keine Ahnung, wer er in Wirklichkeit war, aber es wäre ganz gut, ihn in der Nähe zu wissen, falls Ramirez mir auflauerte. Lieber Bunchy als Ramirez. Ich weiß auch nicht, warum ich so empfand. Schließlich war es gut möglich, dass Bunchy der Schlächter war.
Ich rollte von dem Parkplatz herunter und fuhr im Blindflug zu Mabel, wobei ich versuchte, eine Rangliste meiner Vorhaben zu erstellen. Ich musste Ramirez ausschalten, der Sache mit Fred auf den Grund gehen, Chauffeur für einen Scheich spielen… und dann machte mir die tote Frau in dem Müllbeutel noch
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