Vier Naechte im Paradies
“Wie wäre es, wenn du anfängst? Was hast du denn vor, wenn du mit dem College fertig bist?”
“Ich habe in den letzten beiden Semesterferien bei einer Public-Relations-Firma in Austin ein Praktikum gemacht, und sie haben mir einen Job angeboten.” Sie nahm einen Schluck Wein. “Und wie ist es mit dir? Was sind deine Hauptaufgaben?”
“Ich arbeite bei der Mordkommission.”
“Ach ja? Das muss wohl häufig sehr schwierig sein.”
Er nickte. “Das stimmt. Es kann dich mit der Zeit fertigmachen. Bevor ich hierherkam, hatte ich gar nicht gemerkt, dass ich selbst kurz vorm Zusammenklappen war. Tausend Sachen gingen mir fortwährend durch den Kopf. Ich konnte nicht abschalten. Aber jetzt kann ich mir mein Leben in Kalifornien kaum noch vorstellen.”
“Hast du denn Familie?” Robin hatte schon gesehen, dass Steve keinen Ring trug.
“Meine Eltern leben in Santa Barbara, etwa zwei Stunden von L. A. entfernt. Ich war sehr lange Einzelkind und schon elf, als meine Schwester Tricia geboren wurde. Dann kam Scott zwei Jahre später, und die Zwillinge, Todd und Greg, kamen noch mal drei Jahre danach.”
“Du hast also drei Brüder!” Sie lachte. “Wenigstens das haben wir gemeinsam.”
“Ich war schon in einer anderen Stadt auf dem College, als die Zwillinge aus dem Babyalter heraus waren. Irgendwie fiel es mir schwer, sie als meine Brüder zu betrachten.”
In dem Augenblick kam Carmela, um die Teller abzuräumen, bevor sie den Nachtisch und Kaffee brachte. Steve sah, dass sie ihm zuzwinkerte. Offensichtlich freute sie sich darüber, dass er und Robin sich so angeregt unterhielten.
“Und was ist mit deiner Familie?”, fragte er jetzt.
“Ich habe dir ja schon erzählt, dass mein Dad eine Ranch hat. Ich habe zwei ältere Brüder und einen jüngeren, und ich habe ein sehr enges Verhältnis zu meiner Mutter. Wir werden häufig für Schwestern gehalten. Sie hat früher als hoch bezahltes Model gearbeitet.”
“Ich muss gestehen, auf mich hast du auch wie ein Model gewirkt, als ich dich durch das Fernglas sah.”
Robins grüne Augen funkelten, und ihre Grübchen vertieften sich. “Danke sehr. Das ist ein nettes Kompliment.”
Steve hob sein Glas und prostete ihr zu. “Hast du auch ein enges Verhältnis zu deinen Brüdern?”
“Ja, sie sind mir manchmal näher, als mir lieb ist.” Sie seufzte. “Versteh mich nicht falsch. Ich habe eine sehr liebevolle Familie. Das Problem ist nur, dass sie sich manchmal ein wenig zu sehr um mich kümmern. Meine Bruder scheinen zu glauben, dass ich absolut hilflos bin, wenn sie nicht auf mich aufpassen. Ich darf gar nicht daran denken, was sie sagen würden, wenn sie wüssten, dass ich auf einer Insel gestrandet bin.”
“Aha, also deshalb willst du nicht zu Hause anrufen und um Hilfe bitten.” Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und lächelte.
“Genau. Es ist schon peinlich genug, dass ich das Boot überhaupt verpasst habe. Ich glaube aber, dass ich es noch geschafft hätte, wenn ich nicht hingefallen wäre.” Sie sah auf ihren Fuß. “Aber ich kann ja noch von Glück reden, dass ich mir den Knöchel nicht verstaucht oder gebrochen habe.” Robin sah hoch. Steve hatte ein Funkeln in den Augen, das sie nicht recht zu deuten wusste. Doch sie fühlte, dass ihr Puls sich beschleunigte und dass sie erneut rot wurde. “Wie lange bist du denn schon bei der Polizei?”, fragte sie schnell.
“Vor acht Jahren habe ich die Polizeiakademie abgeschlossen, und seit drei Jahren bin ich bei der Mordkommission.”
“War dein Vater auch Detective?”
Steve schüttelte den Kopf. “Mein Vater war professioneller Baseball-Spieler. Er hörte allerdings auf, als ich fünfzehn war. Der Besitzer dieser Insel, Ed Kowolski, spielte auf dem College in derselben Mannschaft wie mein Dad. Seit damals sind sie eng befreundet. Für mich war Ed immer mehr ein Onkel als ein Freund meines Vaters.” Er deutete auf ihr Glas. “Möchtest du noch etwas Wein?”
“Nein, danke. Ich trinke normalerweise nicht viel.” Robin blickte aus einem der Fenster, die zum Meer lagen. “Sieh mal, die Sonne steht schon tief. Mit den Wolken am Horizont wird der Sonnenuntergang sicher besonders schön aussehen.”
Steve stand auf. “Ich kenne einen Platz, von dem aus man den Sonnenuntergang besonders gut beobachten kann. Wollen wir hingehen?”
“Gern.” Sie stand auf, und er reichte ihr die Hand. Es war eine so natürliche Geste, dass sie gar nicht darüber nachdachte und seine Hand nahm.
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