Vier Naechte im Paradies
Sofort durchfuhr es sie wie ein kleiner elektrischer Schlag. Unwillkürlich zuckte ihre Hand, aber er schien nichts davon zu merken.
Er führte sie nach draußen und über einen Pfad, der bei einer Holzbank endete, die nach Westen zeigte. Die Sonne war kurz davor, im Meer zu versinken, und färbte das Wasser blutrot. Der Himmel sah aus wie eine Farbpalette.
Wie jedes Mal war Steve bezaubert von dem Schauspiel der Natur. In Los Angeles hatte er kaum Zeit für den Sonnenuntergang. Dort kannte er nur seine Arbeit. Aber jetzt war er hier mit einer außerordentlich attraktiven Frau und genoss Licht und Farben. Ray hätte seine Freude an ihm.
Er sah Robin an. Sie war von dem Ereignis offenbar ebenso beeindruckt wie er. Still saßen sie nebeneinander, bis es dunkel geworden war und die ersten Sterne sichtbar wurden.
Schließlich stand Robin langsam auf und seufzte. “Kein Wunder, dass es dir hier so gut gefällt. Aber nun habe ich genug von deiner Zeit in Anspruch genommen. Ich werde wohl ins Bett gehen.”
“Kommt nicht infrage! Es ist doch noch viel zu früh zum Schlafen, vor allen Dingen, nachdem du heute Nachmittag so lange geschlafen hast. Wie wäre es mit einer Runde Billard? Oder spielst du gern Karten?”
Er konnte ihren Gesichtsausdruck nicht erkennen, während Robin vor ihm stand, die Hände hinter dem Rücken gefaltet.
“Bist du dir sicher?”, fragte sie. “Du hast mir doch schon so viel Zeit gewidmet. Ich möchte dir nicht zur Last fallen.”
Steve genoss ihre Gesellschaft. Die Stunden mit Robin waren wie im Flug vergangen. Er hatte keine Lust mehr, allein zu sein. Er wollte Robin die Insel zeigen und mit ihr zusammen die Gebiete erforschen, die er selbst noch nicht kannte. All das konnten sie allerdings nur am Tag tun. Doch jetzt …
“Du fällst mir absolut nicht zur Last. Es tut mir leid, dass ich vorhin so brummig war. Komm zurück ins Haus, ich zeige dir das Spielzimmer.” Er lachte. “Jetzt habe ich wenigstens einen Partner. Für die meisten Spiele muss man nämlich mindestens zu zweit sein.”
Steve nahm sie beim Oberarm, um mit Robin wieder ins Haus zu gehen. Ganz leicht strich er mit dem Daumen über ihre weiche Haut.
Robin erschauerte.
“Ich hätte für dich eine Jacke mitbringen sollen”, sagte er und legte ihr den Arm um die Schultern. Er zog sie dicht an sich heran. Sie passten in der Größe wunderbar zusammen.
“Es ist ja toll, dass ihr hier sogar einen Billardtisch habt”, erwiderte sie ein wenig außer Atem.
“Spielst du gern Billard?” Steve hoffte, dass sie das laute Schlagen seines Herzens nicht hören konnte.
“Ja.”
Sie hatten die Terrasse erreicht, und er öffnete Robin die Schiebetür. Carmela hatte eine der Lampen angelassen, bevor sie nach Hause gegangen war. Sie waren also ganz allein im Bungalow. Aber das ist eigentlich gleichgültig, dachte Steve. Er hatte es ernst gemeint. Robin war bei ihm sicher aufgehoben. Und wenn er sich das oft genug beteuerte, würde er es allmählich auch selbst glauben.
“Hast du schon oft Billard gespielt?”, fragte er, als er Robin voran zum Spielzimmer ging.
Sie lachte leise, und er sah sie erstaunt über die Schulter an. “Immer wenn meine Brüder mich ließen. Es macht mir viel Spaß.”
Er nickte wohlwollend. Er würde nett sein und sie auch mal gewinnen lassen. Denn warum sollte er sie in Verlegenheit bringen? Heute würden sie nur zum Spaß spielen und nicht so hart und gegen Geld wie er und Ray normalerweise. An der Tür ließ er Robin den Vortritt. In dem großen Raum stand nicht nur ein Billardtisch, sondern auch eine Tischtennisplatte und ein achteckiger Spieltisch. Diverse Spiele, Würfel und Pokerchips lagen in Regalen an der Wand.
“Du kannst anfangen”, sagte er großzügig.
“Ja, aber sollten wir nicht …”
Er winkte ab. “Nicht nötig. Fang nur an.”
Robin zuckte mit den Schultern. “Meinetwegen, aber ganz fair ist das nicht.”
Wie lieb von ihr, dachte er gerührt, sie will die Situation nicht ausnutzen. Wenn sie wüsste, dass er im College mehr Zeit damit verbracht hatte, Billard zu spielen als zu lernen … Aber natürlich würde er sie nicht merken lassen, wie gut er eigentlich war. Er wollte sie ja schließlich nicht einschüchtern.
Steve sah zu, wie Robin die Kugeln in die Anfangsstellung brachte, dann mit dem Queue sorgfältig zielte, anstieß und zwei Kugeln versenkte, eine gestreifte und eine einfarbige.
Sie prüfte die Lage der restlichen Kugeln und erklärte: “Ich nehme die
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