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Vier Tage im August

Vier Tage im August

Titel: Vier Tage im August Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvio Blatter
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Gesicht, verkniffener Mund, Querfalten auf der Stirn. Tom schottete sich ab. Alsdas Handy klingelte, rührte er sich nur, um es auszuschalten. Felix liebte Tom und bewunderte den Freund seiner Mutter, weil er als Schriftsteller etwas Großartiges schaffen würde. Doch jetzt war er gewiss außerstande, die anstehenden Dinge mit der notwendigen Energie zu regeln. Statt einer kühnen Idee hatte Tom nun Watte im Kopf.
    Felix war bereit, die Führung zu übernehmen.
    Der Junge ließ den Motor an, etwas ruppig, die Zündung kratzte, er tat alles übereilt, war noch ungeschickt im Umgang mit Kupplung und Gas, die Räder drehten auf dem sandigen Weg durch, bevor der Lancia losfuhr. Während der Fahrt durch den Wald beruhigte sich Felix, atmete tief durch. Er befuhr den Schotterweg mit der gebotenen Vorsicht, ohne zu rumpeln. Jede Erschütterung schadete Geoff. Auf der Hauptstraße, auf der glatten Fahrbahn, legte er die Zurückhaltung ab und fuhr schnell.
    Tom schwieg noch immer.
    Am Innenspiegel hing ein silbernes Medaillon, der heilige Christophorus, der Schutzpatron der Autofahrer. Er hatte das Jesuskind auf seinen Schultern durch einen gefährlichen Fluss getragen. Seine Mutter rechnete auch mit ihm, sie hatte Tom das Medaillon geschenkt, der heilige Christophorus bewahrte vor jeder Karambolage. Sähe Jara nun ihren Sohn, schickte sie ein Stoßgebet zum Himmel. Dann wiese sie Felix zurecht.
    Du hast keinen Führerschein.
    Geoff stirbt, würde er sich rechtfertigen.
    Und du riskierst dein Leben.
    Geoff soll leben, würde er schreien.
    Er ist nur ein Hund, ein Tier.
    Als Polizistin durfte Jara seine Übertretung niemals gutheißen, es zu tun, zerrisse ihr das Herz, ihr einziger Sohn war ein Verkehrssünder, er verstieß gedankenlos gegen das heilige Strafgesetz. Die mustergültige Jara nähme Felix fest. Legte ihn in Handschellen. Felix war der Meinung, seine Mutter sei Polizistin geworden, um ihr überbordendes Bedürfnis nach Ordnung und Sicherheit auszuleben. Ihr Kontrollwahn nervte ihn. Ständig steckte Jara die Nase in seine Angelegenheiten, stellte einfältige Fragen, die sie gleich selbst beantwortete, und ärgerte ihn, falls er aufbrauste und ihr widersprach, mit der humorlosen Bemerkung, deine Mutter kennt dich besser als du dich selbst, nicht wahr?

ALS IVO MIT DEM MOUNTAINBIKE weggefahren war, hatte er sein Büro aufgeräumt zurückgelassen. Nun war der Schreibtisch mit Kram überhäuft, und es machte den Anschein, als hätte Ivo den Ort fluchtartig verlassen. Doch Ivo Blume war nicht ein Mann, der sein Haus mit einem Chaos auf dem Schreibtisch verließ. Er verabscheute Unordnung. Der niederträchtige Hundekiller hatte im Büro die Schubladen ausgekippt, sämtliche Schränke geöffnet und wahllos Dinge durcheinandergebracht. Grimmig schob Ivo einen Wust Papiere beiseite, um Platz zu schaffen. Dann legte er die Pistole auf den Tisch.
    Du hast zweimal geschossen, zuerst einen verzeihlichen Warnschuss abgegeben; danach den dümmsten Schuss deines Lebens.
    Das war schrecklich, aber nicht zu ändern. Ivo löste das Magazin aus der Pistole und nahm die übrig gebliebenen, scharfen Patronen aus dem Magazin. Sie lagen schwer in seiner Hand. Vier Stück. Zwei Patronen fehlten. Trotz der Unordnung fand er die Blechdose für die Munition, Ivo kippte die Patronen hinein.
    Im Nachhinein war er ins Grübeln geraten, was ihn wohl bewogen haben mochte, nicht auf den Mann zu schießen, nicht auf den Körper des hässlichen Clowns.
    Ivo glaubte nicht an Gott und seine Schutzengel.
    Warum denn hatte er die Hand mit der Waffe im letzten Augenblick ein wenig nach oben gerichtet und auf das alberne Hütchen gezielt?
    Er fand keine logische Erklärung, er wusste keine schlüssige Antwort. Diese kleine Veränderung des Winkels hatte Tom das Leben gerettet und Ivo davor bewahrt, ein Mörder zu werden.
    Ivo suchte Halt, brauchte Ablenkung. Etwas, das ihm den Kopf wieder frei machte. Zuallererst musste die Waffe gereinigt werden. Nach jedem Gebrauch war das Pflicht. Die pragmatische Feststellung half ihm. Er zerlegte die Pistole. Begann ihre Teile, den Lauf, den Verschluss, sorgfältig von Pulverresten zu säubern. Dann fettete er sie ein und setzte sie wieder zusammen. Als er damit fertig war, polierte er die Pistole mit einem Lederlappen.
    Die Reinigung der Waffe war ein Zwischenspiel, eine Verschnaufpause gewesen, nun sollte er mit dem Aufräumen beginnen, seine Papiere durchsehen und prüfen, ob etwas gestohlen worden war. Doch ebenso

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