Vier Werte, die Kinder ein Leben lang tragen
bin das, was manche als »strenge Mutter« bezeichnen würden – andere würden vielleicht sagen, dass ich meinen Kindern vieles erlaube. Aber die Taktiken mancher Eltern, die Sie in Ihren Büchern und Kolumnen ab und an beschreiben, zum Beispiel Kinder mit Lob, Süßigkeiten und symbolischen Auszeichnungen zu »bestechen«, habe ich selbst nie angewandt. Ich meine, dass ich jederzeit als sichtbare und klare Erwachsene in Erscheinung getreten bin, die ihre Grenzen und Bedürfnisse deutlich gemacht hat. Und es geschieht wirklich nie, dass ich den Kindern nach dem Mund rede, nur um einen Konflikt zu vermeiden.
Deshalb verstehe ich auch nicht, warum sich meine Kinder voller Elan in Konflikte stürzen, aus denen sie niemals siegreich hervorgehen!
Dennoch kommt es bei uns inzwischen fast jeden Tag zu Spannungen und Streitereien, bei denen wir uns im Kreis drehen.
Ich hatte damit gerechnet, dass es mit der Zeit besser werden würde. Doch die Konflikte mit meinem 11-jährigen Sohn ufern stattdessen immer mehr aus und treiben mich in den Wahnsinn.
Er hatte mit verschiedenen Dingen zu kämpfen, den kleinen Geschwistern, die irgendwann die Bühne betraten und ihm weniger Raum ließen, mit der Scheidung seiner Eltern und so fort, aber er war immer ein gut gelaunter kleiner Kerl, witzig und klug. In den letzten Jahren scheint er jedoch eine Persönlichkeitsveränderung durchlaufen zu haben. Früher wirkte er frei und unabhängig und wusste stets etwas mit sich anzufangen, doch nun ist er konsumfixiert und macht einen völlig verwöhnten Eindruck, was absolut nicht der Fall ist!
Ich weiß, dass sich allzu verwöhnte Kinder später zu hilflosen und stets unzufriedenen Erwachsenen entwickeln, deshalb verwöhne ich meine Kinder auch nicht. Doch wenn man meinen Sohn an gewissen Tagen erlebt, könnte man glauben, er sei völlig verzogen, weil er in einer Tour meckert und quengelt.
Als ich zum Beispiel heute Nachmittag von der Arbeit nach Hause kam, zwei Kindergartenkinder auf dem Rücksitz und Einkaufstüten auf dem Vordersitz, stand er schon mit zwei Freunden auf der Treppe vor unserem Haus. Die beiden Freunde hatten ihn nach der Schule zu uns begleitet, obwohl einem von ihnen (nach ein paar unangenehmen Zwischenfällen) ausdrücklich verboten ist, zu uns zu kommen, wenn ich nicht da bin.
Der andere ist willkommen, wenn wir das zuvor verabredet haben. Mein Sohn kann mich jederzeit telefonisch erreichen und hat auch ein eigenes Handy, sodass er vorher anrufen kann, wenn ein Freund aus der Schule mitkommen will.
Da standen sie also alle drei auf der Treppe, und ich war kaum ausgestiegen, da brüllte mein Sohn mir schon entgegen: »Darf Lasse zum Vergnügungspark mitkommen? Du hast versprochen, dass wir heute zum Vergnügungspark fahren! Aber du musst für ihn bezahlen, weil er kein Geld hat.« (Ich würde niemals spontan ein solches Versprechen abgeben, schon gar nicht, wenn die betreffende Person dabei ist.) Aber mein Sohn ließ nicht locker. Ich versuchte, mit ihm ein paar Worte unter vier Augen zu reden, doch Andeutungen funktionieren bei Kindern in diesem Alter nicht.
Als ich ins Wohnzimmer kam, bemerkte ich außerdem, dass sie meinen Laptop benutzt hatten, um Computerspiele zu spielen. Das erlaube ich ihm, wenn ich zu Hause bin und er mich vorher fragt. Doch ist ihm das ausdrücklich verboten, wenn er allein ist und irgendwelche Freunde zu Besuch hat – auf der Festplatte befinden sich zahlreiche wichtige Arbeitsdokumente, die ich weder vorzeigen noch verlieren darf. Meine Stimmung näherte sich also dem Gefrierpunkt, doch mein optimistischer Sohn ließ nicht locker und quengelte immer weiter, dass wir zum Vergnügungspark fahren sollten. Ich lehnte das mit der Begründung ab, dass sie in seinem Zimmer ein Riesenchaos veranstaltet und ohne Erlaubnis meinen Laptop benutzt hätten.
Doch statt um Entschuldigung zu bitten oder mit dem Aufräumen anzufangen, quengelte mein Sohn immer weiter. Auf meine Kritik ging er gar nicht ein, sondern richtete all seine Konzentration immer wieder auf die Frage, warum sein Freund nicht mitkommen dürfe und warum ich ihm nicht gleich vor dem Haus geantwortet hätte.
Er verfolgte mich bis auf die Toilette und rief sogar durch die geschlossene Tür hindurch, nachdem ich abgesperrt hatte. Ich kann es nicht ertragen, wenn jemand im unpassenden Moment belästigt wird – man nörgelt nicht, wenn der andere auf der Toilette sitzt. Genauso wenig nehme ich die Kinder beim Essen auf den Schoß
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