Vier zauberhafte Schwestern
an dem ich wohnen möchte, aber ich habe keine Ahnung, wovon wir die Reparaturen bezahlen sollen«, sagte er. »Ich bin Architekt, und ich sehe genau, was am Haus getan werden müsste, aber es ist nicht genügend Geld da, um das Dach ausbessern zu lassen und gleichzeitig für vier Töchter Schulgeld zu zahlen. Ich werde wohl ein paar neue Aufträge an Land ziehen müssen.«
Dad nahm einen Schluck Tee und seufzte noch einmal.
Mum und Grandma sahen an der Fassade des Hauses hoch, sie seufzten ebenfalls.
»Die Dinge wären nicht so kompliziert, wenn dieser hinterhältige Anwalt sich nicht mit unserem Geld davongemacht hätte, als dein Vater starb«, sagte Grandma und sah Dad an. »Wir waren damals reich, ich hätte mit Leichtigkeit für das Dach aufkommen können.«
Dad lächelte ihr traurig zu.
»Ja, das war wirklich ein harter Schlag«, sagte er zustimmend.
»Vielleicht schnappt die Polizei diesen fiesen Betrüger ja noch, Grandma«, warf Flame ein.
»Ja, man kann nie wissen«, sagte Dad. »Vielleicht gelingt es ihnen.«
»Und ich behalte meine übrigen Ersparnisse gut im Auge«, sagte Grandma. Seit sie den Großteil ihres Geldes verloren hatte, hatte Grandma begonnen, in Aktien zu investieren. Sie hatte ein sicheres Gespür für vielversprechende Unternehmen und überprüfte die Aktienkurse mehrmals täglich übers Internet.
»Ich habe heute Verenas Großmutter gesehen«, sagte Marina plötzlich.
Alle sahen sie an.
»Sie hat Verena zur Schule gebracht. Verena war spät dran, wie üblich«, erzählte Marina.
»Und was hast
du
um diese Zeit auf dem Hof gemacht?«, fragte Mum.
»Ich habe mit Janey gequatscht.« Marina grinste.
Mums Gesichtsausdruck sprach Bände.
»Wie sah sie aus?«, fragte Flame.
»Wer?«, gab Marina zurück.
»Verenas Großmutter natürlich, du Schnellmerkerin!«, sagte Flame.
»Nenn mich nicht so! Sonst erzähle ich gar nichts mehr. Sie hatte blondes Haar, das irgendwie in ihrem Nacken zusammengebunden war, und sie hat mich angestarrt«, sagte Marina.
»Sie hat dich angestarrt?«, fragte Grandma.
»Ja, sie hatte diese unglaublich kalten Augen, und ich konnte fühlen, dass sie mich beobachtete, als ich davonging – als ob sie ein Loch in meinen Rücken brennen würde. Es war merkwürdig.«
Grandma spürte, wie sie ein eisiger Hauch streifte. »Wie seltsam«, sagte sie langsam und guckte nachdenklich.
Als Marina die Worte ›unglaublich kalte Augen‹ sagte, sah Flame das Gesicht aus ihrem Albtraum vor sich. Einen Moment lang spürte sie den Schrecken des Traums aufs Neue.
Der warme Sommernachmittag erschien Flame plötzlich deutlich kühler. Sie fröstelte und blickte hinüber zu Grandma.
Grandma sah Flame an und bemerkte, dass sie zitterte.
Ich muss ihr von meinem Albtraum erzählen, dachte Flame.
Ich muss ihr von meiner Befürchtung erzählen, dachte Grandma.
Marina fiel der Blick auf, den Grandma und Flame sich zuwarfen, und sie erinnerte sich daran, wie Verenas Großmutter sie angestarrt hatte; und sie begann ebenfalls zu frieren.
Einen kurzen Moment herrschte Stille.
Dann piepste Sky: »Ich habe einen Zettel von der Schule dabei, darf ich aufstehen und ihn holen?«
»Natürlich, mein Schatz«, sagte Mum.
Sky rannte ins Haus. Wenig später war sie zurück und gab Mum ein zerknittertes Stück Papier.
»Es ist von Mr Blenkinsop«, sagte Mum. Sie faltete den Brief auseinander und begann zu lesen. »Er schreibt … er schreibt …«
Mums Stimme versagte. Sie fing an zu lachen.
»Was schreibt er denn?«, fragte Dad.
Mum las den Brief ein zweites Mal. Sie versuchte, ihre Gesichtszüge unter Kontrolle zu halten. »Mr Blenkinsop schreibt, er habe von einem ›Vorfall‹ in Skys Klasse gestern zu berichten, der die Lehrerin und die Klasse in ›Unruhe‹ versetzt habe. Er versichert den Eltern und, Achtung: ›den Behörden‹!, dass es sich um ein ›einmaliges Vorkommnis‹ gehandelt habe, das sich nicht wiederholen werde. Lustigerweise sagt er nicht, was das für ein ›Vorfall‹ war. Er schreibt, dass Mrs Crump eine Woche Urlaub genommen habe, und versichert uns – wie aufmerksam von ihm –, dass alle Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften beachtet wurden.«
Die Cantrips brachen in Gelächter aus.
»War das die Sache mit der fliegenden Brille, Sky?«, fragte Mum.
»Was für eine fliegende Brille, Sky?«, sagte Dad lachend. »Erzähl!«
Sky zuckte vor Schreck zusammen. Sie hatte die Sache mit der Brille ganz vergessen, es schien bereits Wochen her zu
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