Vier zauberhafte Schwestern
Fünfzigern, war ein beliebter, wenn auch wenig charismatischer Rektor. Zu seinem Unglück war er mit einer Frau verheiratet, die von den Cantrip-Schwestern den Spitznamen ›der Wasserspeier‹ bekommen hatte. Die froschgesichtige Frau hätte sich mit ihrer lauten Stimme einen Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde sichern können. Es überraschte nicht, dass die meisten Schüler einen großen Bogen um sie machten.
An diesem Abend stand der Wasserspeier neben ihrem Mann und begrüßte die Cantrips so warmherzig, wie es ihr möglich war. Was nicht sehr warmherzig war.
»Hallo, Mädchen!«, dröhnte sie. »Ich hoffe, ihr werdet Drysdale heute Abend alle Ehre machen!«
Die Schwestern lächelten höflich.
»Sucht euch ein paar gute Plätze!«, sagte Brian Blenkinsop. Dann wandte er sich dem nächsten Elternpaar zu, das es zu begrüßen galt.
Die Cantrip-Familie sah an diesem Abend ausgesprochen elegant aus. Dad standen Anzug und Krawatte phantastisch, Mum trug ein geblümtes Sommerkleid und hatte sich ihr lockiges Haar hochgesteckt und Grandma wirkte sehr vornehm in ihrem roten Etuikleid aus Leinen. Die vier Schwestern trugen ihre Schuluniformen und hatten zur Feier des Tages glitzernde Spängchen im Haar.
Die Wände der Aula waren mit dunklem Holz verkleidet und mit gerahmten Urkunden aus allen Epochen der Schulgeschichte geschmückt. Der Raum hatte eine hohe Decke und einen Parkettboden aus dunkler Eiche, der nach Bohnerwachs roch. Wenn ehemalige Schüler der Drysdale die Schule besuchten, war es nicht selten dieser vertraute Geruch nach Bohnerwachs in der Aula, der Erinnerungen an ihre Schulzeit in ihnen wachrief.
»Wo möchtet ihr gerne sitzen?«, fragte Dad, als sie den Mittelgang hinuntergingen. Um sie herum waren fünfhundert Stühle für das Konzert aufgestellt worden.
»Weiter vorne, auf der linken Seite«, sagte Mum.
Dad blieb neben der zweiten Reihe stehen. »Wie wäre es mit diesen Plätzen hier? Die erste Reihe ist für die Jury reserviert.«
»Eine gute Wahl«, sagte Mum. »Bist du einverstanden, Marilyn?«
Grandma hätte lieber weiter hinten gesessen, um Glenda im Auge behalten zu können, aber sie sagte nichts.
Wie sollte ich das erklären?, dachte sie. Abgesehen davon habe ich keine Ahnung, wo Glenda sitzen wird.
»Ja, das ist wunderbar so, meine Liebe«, sagte sie zustimmend.
»Mädchen, ich schätze, ihr werdet hinter der Bühne sitzen, während ihr auf euren Auftritt wartet?«, fragte Dad.
»Ja.« Flame nickte und sah sich in der Aula um, um festzustellen, ob Glenda schon eingetroffen war. Ihr fiel auf, dass Grandma ein wenig blass wirkte.
Dad legte die Programmhefte auf ihre Plätze, aber sie waren ziemlich früh dran, deshalb blieben sie weiter stehen. Die Cantrips waren eine beliebte Familie. Viele ihrer Freunde würden an diesem Abend kommen, und darauf freuten sie sich schon sehr. Einer nach dem anderen gesellte sich zu ihnen, und sie fingen an, miteinander zu plaudern.
Flora und Sky gingen hinter die Bühne, um Mr Taylor beim Aufbau zu helfen. Flame und Marina wollten Grandma nicht allein lassen und blieben bei ihren Eltern stehen. Glenda und Verena konnten jede Minute eintreffen.
»Mir ist schlecht«, flüsterte Marina Flame zu.
»Du bist bloß aufgeregt«, gab Flame zurück, obwohl ihr eigener Magen ebenfalls ein fester Klumpen war.
»Das ist schließlich kein Wunder!«, erwiderte Marina.
Flame nahm ihren Arm. »Es wird alles gut werden. Lass uns überlegen, wie wir sitzen müssen.«
Die beiden Schwestern gingen durch die Aula nach vorne und blickten zur Bühne hinauf.
»Wo ist Norden?«, fragte Flame. Sie sah sich ratlos in der Aula um.
»Während der Mittagspause steht die Sonne dort drüben, also muss da Süden sein«, sagte Marina und deutete auf die Fensterfront, die sich über eine komplette Seite der Aula erstreckte.
»Das ergibt Sinn«, sagte Flame. »Okay, wenn dort Süden ist, ist Osten hier drüben.« Flame zeigte auf den hinteren Bühnenbereich. »Ich bin Osten, also werde ich dort sitzen und ein Auge auf Glenda haben. Das ist gut.«
»Das bedeutet, Flora wird am vorderen Bühnenrand sitzen, mit dem Rücken zum Publikum. Denn dort ist Westen«, sagte Marina.
»Ich denke, sie wird kein Problem damit haben«, erwiderte Flame.
»Es wird so komisch aussehen!«, seufzte Marina.
»Aber wir haben nun mal keine Wahl«, murmelte Flame.
»Da hast du recht. Gut, ich werde also zu deiner Linken sitzen, dort drüben«, sagte Marina entschlossen. Sie zeigte auf
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