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Vierter Stock Herbsthaus (German Edition)

Vierter Stock Herbsthaus (German Edition)

Titel: Vierter Stock Herbsthaus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Susami
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Brandt hat gesagt, dass wir den nicht benutzen sollen. Der wird nicht mehr gewartet, der kann jederzeit-“
    „Komm schon Lena“, unterbricht sie mich. „Jetzt stell dich nicht so an. Sei nicht so ein verdammter Spießer.“
    Es geht nicht mehr, jetzt kann ich mich nicht mehr zurückhalten. Nicht nach diesem Satz.
    „DANN FAHR DOCH DEN GANZEN TAG MIT DEM SCHEISS AUFZUG, ICH HELF DIR JEDENFALLS NICHT, WENN DU STECKEN BLEIBST. VON MIR AUS KANNST DU DA DRIN VERFAULEN.“
    Paula schiebt mich grinsend zur Seite und läuft Richtung Wohnung.
    „Hör auf mit dem Geschreie, Lena. Du machst dich unattraktiv.“

Paula?
     
    Wir sitzen vor dem Fernseher. Paula stopft Kartoffelchips in sich rein und geht mir damit unfassbar auf die Nerven. Werden diese Dinger extra so hergestellt, dass sie beim Zerbrechen möglichst viel Lärm machen? Lassen irgendwelche Food-Designer in irgendwelchen Kartoffelchipsfabriken die Korken knallen, wenn sie es geschafft haben, die Dinger noch ein bisschen lauter zu machen? Kriegen die Arschlöcher 'ne Gehaltserhöhung, wenn sie weitere 0,5 Dezibel rausgeholt haben?
    Ich rutsche ans andere Ende des Sofas, weg von Paula, weg von ihrem Gekaue und Geknacke. Sie schaut rüber zu mir.
    „Willst du auch 'n paar?“
    „Nee … ich will nichts von dem Scheiß. Bist du bald fertig?“
    „Mal sehen.“
    Sie frisst weiter diese Chips, im Fernsehen läuft eine blöde Doku-Soap über Leute, die ins Ausland ziehen und dort nichts auf die Reihe kriegen. Paula stellt die Schüssel mit den Chips weg.
    „Schläfst du hier oder im Schlafzimmer?“
    „Weiß noch nicht.“
    „Bist du etwa immer noch sauer wegen dem blöden Vogel?“
    Sie streckt mir ihre Hand hin. Nein, noch nicht … noch will ich dich nicht anfassen.
    „Ja, ich bin sauer wegen dem Vogel. Und ich bin sauer weil du dich in letzter Zeit wie das größte Arschloch aufführst. Zumindest könntest du dich für das entschuldigen, was du getan hast.“
    Sie schaut mich an. Ihr Gesicht ist völlig unbewegt.
    „Für was entschuldigen?“
    „Na zum Beispiel dafür, dass du diesen Vogel fast umgebracht hast.“
    „Okay … soll ich mich bei dir oder bei dem Vogel entschuldigen?“
    „Komm schon Paula, hör auf mit dem Mist. Du hättest das einfach nicht machen sollen … ich hätte nie gedacht, dass du so brutal sein kannst.“
    Plötzlich richtet sie sich auf. Ich muss mich beherrschen, um nicht vor ihr zurückzuweichen. Plötzlich hat sie etwas verdammt Aggressives an sich.
    „Lena, jetzt hör mir mal zu. Täglich werden tausend Viecher abgeschlachtet, damit Leute wie du ihr Schnitzel auf den Teller kriegen. Und du machst so 'nen Aufstand wegen 'nem fetten Vogel, der jetzt wahrscheinlich quicklebendig irgendwo durch die Landschaft hüpft. Jetzt lass endlich mal gut sein!“
    „Du könntest dich einfach entschuldigen“, antworte ich.
    Paula lässt sich in die Sofakissen fallen. Einige Sekunden schaut sie Richtung Fernseher, dann dreht sie sich zu mir.
    „Entschuldige, dass ich das Ding geworfen habe. Reicht das?“
    Nein, es reicht nicht. Aber auf mehr kann ich nicht hoffen. Ich nehme die Hand, die sie mir hinstreckt.
    „Schläfst du heute Nacht bei mir?“
    „Ja“, antworte ich. Dann nehmen wir uns in den Arm. Ich kann nicht sagen, dass es schön ist. Paula fühlt sich kalt an … als ob sie es gar nicht wollen würde. Aber zumindest ist diese Umarmung ein Anfang … und vielleicht wird ja wieder alles gut.
    Kurz nach elf sind wir im Bett, kurz vor zwölf machen wir das Licht aus. Nein, kein Sex … nur zwei Bücher, für jede eins. Früher haben wir uns manchmal vorgelesen, es ist schon eine Weile her.
    „Schlaf gut, mein Schatz.“
    „Schlaf gut.“
    Ein letzter Kuss, eine letzte Umarmung, dann rollt sich jedes brave Mädchen auf seiner Seite des Bettes zusammen.
    Nach etwa zwanzig Minuten stehe ich auf, um mir eine Wärmflasche zu holen. Meine Füße fühlen sich an als wären sie in kühlschrankkaltes Hackfleisch gepackt.
    Ich tappe mit klopfendem Herzen durch das dunkle Wohnzimmer, öffne die Badezimmertür und mache Licht. Während ich darauf warte, dass endlich heißes Wasser kommt, kriege ich Angst, dass sie hinter dem Duschvorhang lauert. Ganz plötzlich ist sie da, diese Angst, wird immer stärker, gerinnt zur Sicherheit. Aber als ich den Vorhang mit einem mutigen Ruck aufziehe, ist da nichts. Nur die stumpfe, von Kalkflecken überzogene Badewanne und das Quietscheentchen, das mir Paula vor Jahren geschenkt hat. Unversehrt und

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