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Vierter Stock Herbsthaus (German Edition)

Vierter Stock Herbsthaus (German Edition)

Titel: Vierter Stock Herbsthaus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Susami
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Ich überlege, ob ich Paula noch mal anrufen soll, lasse es dann aber sein. Ich will ihr nicht auf die Nerven gehen.

Sechs Kreise
     
    Herr Brandt spricht einen Dialekt, den ich nicht einordnen kann. Vielleicht was Rheinländisches. Er macht einen ausgesprochen gutgelaunten Eindruck auf mich, Typ Rheinische Frohnatur. Ein bisschen hört er sich an, als hätte er schon ein paar Bier intus.
    „Also wenn Sie Zeit haben, junge Frau, dann können Sie heute noch vorbeikommen. Ich bin heut' Abend so ab sieben sowieso da. Ich mach sowieso noch meinen kleinen Rundgang.”
    „Ähm … also wir würden ja zu zweit in die Wohnung ziehen. Ich müsste erst nachfragen, ob meine Freundin heute Abend Zeit hat.”
    „Ja gut, dann machen Sie das mal. Meine Nummer haben Sie ja. Also wie gesagt, ich bin heute Abend sowieso da. Sie können auch erst alleine vorbeikommen und dann noch mal zu zweit. Macht mir keine Umstände, hab ich ein bisschen Abwechslung.”
    „Gut, ich melde mich gleich noch mal.”
    „Jo, bis dann junge Frau. Tschööö.”
    Ich lege auf und bin mir fast sicher, dass dieser Herr Brandt was getrunken hat. Ich stelle mir vor, wie er angesäuselt, mit einer Bierflasche in der Hand und einem Karnevalsschlager auf den Lippen, durch die Flure des Hauses torkelt, auf das er aufpassen soll. Grinsend rufe ich Paula an.
    „Schatz, ich bin es. Wir könnten uns heute Abend schon diese Wohnung in der Georgstraße anschauen. Hab' gerade mit dem Typen gesprochen, der im Moment noch auf das Haus aufpasst. Macht 'nen lustigen Eindruck.”
    „Ich dachte, du bist krank.”
    „Nö, geht schon wieder. Fühl' mich schon besser.”
    Drei Sekunden Stille.
    „Scheiße Lena! Du weißt doch dass ich heute Abend ins Fitnessstudio wollte. Hab' ich doch gestern schon gesagt.”
    Stimmt, das hat sie gestern schon gesagt. Aber mir gefällt ihre Tonlage nicht und meine Antwort kommt aggressiver als beabsichtigt.
    „Du kannst an jedem verdammten Tag in dieses blöde Studio. Das muss doch echt nicht heute sein.”
    „Du weißt genau, dass ich meinen Rhythmus habe. Und eigentlich wollte ich schon gestern. Ich gehe auf jeden Fall heute Abend ins Studio. Wann soll die denn sein, diese komische Besichtigung?”
    „Der Mann, mit dem ich telefoniert habe, ist ab sieben da.”
    „Sorry, das wird mir alles zu stressig.”
    „Scheiße Paula, dann geh ich eben alleine.”
    „Dann geh' eben alleine.”
    „Mach ich auch! Tschüss!”
    Ich lege auf, bevor sie noch etwas sagen kann. Dann rufe ich Herrn Brandt an. Schon beim zweiten Klingeln nimmt er ab.
    „Brandt hier am Apparat! Also nicht, dass Sie meinen, der Apparat brennt. Mein Name ist Brandt.”
    „Hallo Herr Brandt, hier Lena Pander. Wir haben gerade telefoniert.”
    „Ja-ja, ich erinnere mich dunkel. So schlecht ist mein Gedächtnis noch nicht.”
    Ich muss lachen. Es tut mir gut, nach dem Gespräch mit Paula einen gutgelaunten Menschen am Telefon zu haben.
    „Also ich könnte um sieben vorbeikommen.”
    „Ja gerne, ich bin da.”
    Herr Brandt fragt mich, aus welcher Richtung ich komme und beschreibt mir umständlich den Weg. Ich lasse ihn seine Beschreibung zu Ende bringen, obwohl ich schon nicht mehr zuhöre. Nachher werde ich einfach die Adresse ins Navi eingeben.
    „Ja dann bis später, junge Frau. Um sieben draußen vor dem Eingang. Meine Nummer ham Sie ja, also falls wir uns nicht finden.”
    „Ja, dann bis später. Tschüss.”
    „Tschüssikowski.”
    (Das sagt er tatsächlich.)
    Als ich gerade aufgelegt habe, klingelt mein Telefon. Paula ist dran.
    „Gehst du jetzt alleine da hin?”
    „Ja, um sieben.”
    „Und du triffst dich mit diesem Hausmeister?”
    „Ja genau.”
    „Ist der Typ okay? Also hast du einen guten Eindruck von dem?”
    Ich grinse in mich hinein. Sie macht sich Sorgen um mich.
    „Ja-ja, mach dir mal keine Gedanken. Der Typ ist harmlos. Ich erzähl dir dann alles. ”
    „Okay, aber wenn du das Gefühl hast, mit dem Typ stimmt was nicht, dann haust du ab. Versprochen?”
    „Keine Sorge, ich lass mich nicht vergewaltigen. Viel Spaß beim Training!”
    „Werd' ich haben … dann bis später, mein Schatz.”
    „Bis später, Sweetie.”
     
     
    Kurz vor sieben biege ich mit meinem kleinen roten Citroen in die Georgstraße. Paula sagt, wenn man bei Wikipedia den Begriff „Frauenauto” eingibt, dann kommt ein Bild von mir in meinem Auto. Soll sie doch lästern.
    Die Gegend, durch die ich gerade fahre, ist weniger schick als das Viertel, in dem ich und

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