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Vierter Stock Herbsthaus (German Edition)

Vierter Stock Herbsthaus (German Edition)

Titel: Vierter Stock Herbsthaus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Susami
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fange einfach an und Sie unterbrechen mich, wenn Sie Fragen haben. Ich möchte mich zunächst noch einmal dafür entschuldigen, dass ich Sie gewissermaßen in die Falle gelockt habe. Wie gesagt, ich zahle einen Teil Ihrer Miete, die Hälfte um genau zu sein … und ich bin auch derjenige, der diese Wohnung für Sie und Ihre Lebensgefährtin organisiert hat. Dürfte ich Sie fragen, wie Sie herausbekommen haben, dass ich etwas zu der Miete zahle?”
    „Die Sekretärin von Herrn Egner hat Ihren Namen erwähnt”, antworte ich. Strauss lächelt stumm in sich hinein und ich frage mich, ob ich der Frau gerade Ärger beschert habe. Nicht, dass sie für ihren Fehler-”
    „Mit der Sekretärin habe ich nicht gerechnet”, unterbricht Strauss meine Gedanken. „Aber es ist gut so. Jetzt können wir offen sprechen.”
    „Dann haben Sie auch Schwester Anne beauftragt, mir die Telefonnummer von Herrn Egner zu geben?”, frage ich.
    „Ja … es ist wirklich lächerlich, mein kleines Komplott. Nicht wahr?”
    Die beiden Herren haben ihr Spiel beendet. Der mit der Hut-Bademantel-Kombination klappt das Schachbrett zusammen und klemmt es sich unter den Arm. Strauss und ich sehen den beiden Männern nach, während sie durch den Innenhof zu einer der Glastüren gehen. Die Rollen des Infusionsständers poltern über das unebene Pflaster.
    „Frau Pander, ich erzähle Ihnen jetzt, was ich weiß. Ich werde versuchen, mich kurz zu fassen.”
    Strauss faltet seine Hände und holt tief Luft. Was er mir dann erzählt, das wirkt in sich geschlossen, wie schon viele Male durchdacht. Er ist vertraut mit dem, worüber er spricht, kein Überlegen, kein Zögern. Ich lasse den Doktor sprechen, unterbreche ihn nicht.
     
    ***
     
    „Ich bin nun seit fast zwei Jahrzehnten hier an dieser Klinik. Als ich in den Neunzigern anfing, da arbeitete ich mit einem alten Psychiater namens Schubert zusammen, er war damals so etwas wie mein Mentor, ein sehr gescheiter wenn auch etwas schroffer Mann. Jemand, der nicht viel um den heißen Brei herumredete, der Patienten auch einmal sagte, sie sollten sich nicht so wichtig nehmen und lieber verdammt noch mal etwas Nützliches tun, anstatt ihm die Ohren voll zu jammern. Obwohl ich viele seiner Ansichten nicht teilte … und auch heute nicht teile, habe ich viel von diesem Mann gelernt und ich denke oft an ihn. Er starb vor vier Jahren, wir hatten bis zuletzt regen freundschaftlichen Kontakt.
    Einige Wochen nach Schuberts Tod erhielt ich einen Brief von seiner Witwe … nun ja, eigentlich von ihm, geschrieben in zittriger Schrift, kurz vor dem Ende. Schubert berichtete mir in diesem mehrere Seiten langen Brief unter anderem von einigen Forschungsprojekten, die er nicht mehr zu Ende führen konnte. Mir kamen diese Projekte mehr als obskur vor, Schubert hatte auf seine alten Tage, möglicherweise unter dem Eindruck seines eigenen körperlichen Niederganges, angefangen, sich für Parapsychologie zu interessieren, für Geistererscheinungen, Berichte aus dem Jenseits, Gegenstände, die sich nur durch Gedankenkraft bewegen, solche vermeintlich verrückten Dinge eben … nichts, mit dem sich Wissenschaftler befassen, denen noch an ihrem guten Ruf gelegen ist.
    Das Meiste von dem, was mir mein Freund Schubert da schrieb, war mir vertraut. Wenn man Jahrzehnte mit psychisch Kranken arbeitet, dann trifft man natürlich auch auf Menschen, die behaupten, von Gespenster verfolgt zu werden, oder die regelmäßig mit verstorbenen Angehörigen sprechen und fest daran glauben, Antworten zu erhalten.
    Wie dem auch sei, gegen Ende seines Briefes schilderte Schubert den Fall eines ortsgebundenen paranormalen Phänomens, mit dem er sich schon längere Zeit beschäftigt und zu dem er Recherchen angestellt hatte. Mit diesem Phänomen sind nun auch Sie, Frau Pander, in Berührung gekommen … nun ja, vielleicht sollte ich besser sagen: Ich habe diese Berührung ohne Ihr Wissen und entgegen meiner eigenen moralischen Grundsätze eingeleitet. Aber lassen Sie mich bitte erzählen, was mein Freund zu diesem Phänomen zusammengetragen hat.
    Das Haus, in dem Sie wohnen, wurde in den Zwanzigern gebaut, erste Berichte über Spukphänomene gibt es meines Wissens seit Mitte der Achtziger Jahre. Und so weit ich weiß, beschränken sich diese Phänomene auf den vierten Stock, also auf das Stockwerk, in dem Sie mit Ihrer Lebensgefährtin leben.
    1986 meldete sich ein fünfzigjähriger Mann bei meinem Freund Schubert, er lebte zusammen mit seiner Frau

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