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Vierter Stock Herbsthaus (German Edition)

Vierter Stock Herbsthaus (German Edition)

Titel: Vierter Stock Herbsthaus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Susami
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mit seinen tief im Schädel sitzenden Augen.
    „Schon okay … kein Problem.“
    „Da hätte ich mich auch erschreckt, wenn das plötzlich an der Wand hängt“, schaltet sich Kerstin ein. „Du bist um den Schrank rum und da hing das Ding?“
    „Nein, das war in einem Sack“, antworte ich. „Der Sack hängt an der Wand, ich mach den Reißverschluss auf und da fällt das beschissene Ding genau auf mich drauf. Deshalb hab' ich auch so Panik gekriegt.“
    Kerstin kratzt sich am Kopf und starrt dieses Ding an, das ihr Lover gerade die Treppe hoch geschleppt hat. Wieder Tobias:
    „Das ist bestimmt alt, das ist bestimmt was wert. Vielleicht ist damit mal jemand im Zirkus aufgetreten. Oder im Zoo … vielleicht haben die da jemand rein gesteckt und die Leute haben geglaubt, das ist ein echter Affe. Vielleicht haben die mit so was früher auch Filme gedreht.“
    Er kratzt sich am Kopf und ich frage mich, ob die beiden Läuse haben. Sie kratzt sich auch dauernd. Dann zupft Tobias weiter an dem Fell herum.
    „Tarzan oder so … so alte Schwarzweißfilme mit Affen. Da haben die bestimmt Filme mit gedreht. Oder nach dem Krieg im Zoo, als die keine richtigen Affen mehr hatten … die hatten die doch alle aufgegessen, weil die Leute sonst nichts hatten.“
    Langsam aber sicher geht mir der Typ auf die Nerven. Es ist überhaupt nicht sein blödes Gequatsche, mich stört, dass er es dauernd anfasst. Er soll verdammt noch mal die Finger von dem Kostüm lassen!
    „Da könnte man jemanden total mit erschrecken.“
    Jetzt reicht es.
    „KÖNNTEST DU MAL AUFHÖREN AN DEM SCHEISS DING RUMZUFINGERN!“
    Er schaut zu mir hoch.
    „Mach mal halblang. Immerhin hab' ich das Teil nach oben geschleppt. Das ist übrigens gar nicht so leicht, das wiegt bestimmt zehn Kilo.“
    Er steht auf und wischt sich die Hände an der Hose ab. Ich schaue hinunter zu dem Affen, zu dem schwarzen Tier. Ein Kostüm, ein altes, stinkendes Kostüm … und ich krieg fast 'nen Herzinfarkt. Das Ding liegt da und rührt sich nicht, gammelt auf dem Steinboden der Lobby vor sich hin, eingerahmt von altem Krempel, dem Fernseher mit der verbogenen Antenne, den muffigen Decken … Und doch ist dieses stinkende Etwas das Tier, das ich gesehen habe, das nachts in meinem Zimmer war. Hier liegt es und rührt sich nicht. Am liebsten würde ich ihm ins Gesicht treten, diesem verdammten Stück Scheiße. Aber ich reiße mich zusammen.
    „Sorry, Tobias … das war 'n ziemlicher Schreck. Könntest du mir helfen, das Ding ins Auto zu bringen?“
    Er zögert, dann antwortet er doch.
    „Ja … klar. Was willst du denn damit?“
    „Ich will das jemandem zeigen.“
    „Okay … wie auch immer.“
    Tobias faltet das Affenkostüm zusammen und trägt es mir bis ans Auto. Er will es auf die Rückbank legen aber ich bestehe auf den Kofferraum.
    „Wie du meinst.“
    Klappe zu, Affe tot. So sagt mein Vater manchmal, wenn er „Fertig, Aus, Basta!“ meint. Das dünne Blech des Kofferraumdeckels schließt sich scheppernd über dem großen, schwarzen Tier … über Stoff und Fell und Leder, gefaltet weniger als einen halben Quadratmeter groß.
    Ich schließe den Wagen ab, gehe zusammen mit Kerstin und Tobias zurück ins Haus, schließe hinter ihnen – ich komme mir vor wie ein Zoowärter – die Tür zum Restaurant ab, schließe sie wieder vom Rest des Hauses aus, will wieder nach oben gehen … und bleibe auf dem Treppenabsatz zwischen der dritten und vierten Etage wie festgeschraubt stehen. Ein diffuses Gefühl der Bedrohung schnürt mir die Brust zu, ein kaltes, schwammiges Unbehagen erfüllt meinen Körper. Und dann, als ich da stehe, mich am Geländer festhalte und nicht weiter kann, da wird aus der diffusen Bedrohung ganz langsam eine Angst, die sich in Worte fassen lässt. Es ist, als würde aus schwerem Nebel ein Gesicht auftauchen … erst erkennt man nur, dass es ein Gesicht ist, dann erkennt man einige der Besonderheiten, in denen sich die vielen Millionen Gesichter voneinander unterscheiden, eine große Nase, ein fliehendes Kinn, die Höhe des Haaransatzes … und dann, dann fügen sich diese Besonderheiten zusammen und schon ordnet man dem Gesicht einen Namen zu.
    Es dauert mehrere Minuten, bis sich in meinem Kopf alles zusammengefügt hat, bis ich mir ganz sicher bin: Was immer auch da oben ist, da oben im vierten Stock, dieses Etwas weiß ganz genau, was ich getan habe. Es weiß, dass ich dieses … nein, dass ich SEIN Kostüm gefunden habe, es weiß, dass wir es aus

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