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Vilja und das Raeuberfest

Vilja und das Raeuberfest

Titel: Vilja und das Raeuberfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siri Kolu
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der Schule deswegen lügen muss.«
    Vom » sich schämen« verstand ich eine ganze Menge. Ich hatte mich dafür geschämt, wie unausstehlich mein Vater das ganze Jahr über gewesen war. Ich hatte mich für Papas Gerede über seine Ahnenforschung geschämt – jedes Mal, wenn wir Besuch bekommen hatten. Das ganze Jahr über hatte ich mich für mein normales, langweiliges Leben geschämt, was mir im letzten Sommer bei der Räuberfamilie erst so richtig bewusst geworden war.
    » Weißt du, Hele läge gar nicht mal so falsch«, sagte Kalle und wurde dabei auf sich selbst wütend. » Ich schäme mich dafür, dass wir immer Angst vor einer Festnahme haben müssen. Und ob auch alles, was wir machen, wirklich total beeindruckend in den Augen der anderen Räubersippen ist. Verdammt! Ich würde alles dafür tun, um eine ganz normale Familie zu haben – und normale Eltern! Und dafür, dass ich nicht immer Angst haben müsste!«

Kapitel 7
    in dem wir lernen,
    eine Wettkampf-Einladung
    äußerst stilvoll
    entgegenzunehmen
    A m nächsten Abend leitete der Wilde Karlo eine räubermäßige Kampfgymnastik-Übungsstunde am leer gewordenen Strand. Die Schweißtropfen liefen an seinen Zöpfen herab, als er uns die traditionelle Glotz-Rotation, beziehungsweise natürlich GloRo, beibrachte. Die Räuber liebten praktische Abkürzungen.
    Wir waren lange geschwommen, der Boden des niedrigen Sees war erst zur Mitte hin nicht mehr schlammig gewesen. Der Wilde Karlo hatte, ganz wie es für ihn typisch war, erst laut gebrüllt und war dann abgetaucht. Hele, Kalle und ich hatten uns zu einem Wasserkampf hinreißen lassen. Heles Wassermaschinengewehr war gnadenlos, sie hielt die Finger ganz knapp über die Wasseroberfläche, machte sie ganz steif, und dann drehte sie sich blitzschnell um sich selbst. Der herausschießende Wasserstrahl war scharf und spritzte weit – genauso wie ein echtes Maschinengewehr. Bei der dichten Wassersalve blieb Kalle und mir nichts anderes übrig, als aufzugeben. Als ich zum Strand zurückwatete, um meine Haare zu trocknen, bemerkte ich Hilda, die mit zugeknöpftem Hemd bis zu den Waden im Wasser stand und dabei ganz in Gedanken versunken zu sein schien.
    Die Abfolgen der Drehungen, Sprünge und Schläge, die wir in der Übungsstunde vom Wilden Karlo lernten, erinnerten irgendwie an seltsame Parkgymnastik. Der Räuberhauptmann führte uns die Übung immer zuerst einmal vor, und wir wiederholten sie dann, bis wir sie seiner Meinung nach gut genug beherrschten.
    » Jetzt kommt eine meiner Lieblingsübungen: EisWeGe«, lehrte er uns. » Eine eiskalte Wettkampfeinladung für einen ebenbürtigen Gegner.« Er beugte seine Knie, drehte seinen Kopf so, dass er gut nach vorne glotzen konnte, brachte seine Hände in Position und hob drohend den Zeigefinger. Dann krähte er plötzlich los wie ein Hahn.
    Wir Kinder wiederholten die Übung und blieben dabei völlig ernst. » Wie wär’s denn, wenn wir einfach mal kämpfen würden?!«, flüsterte Kalle mir zu. » Wir werden wohl selten in eine Situation kommen, in der man wie ein Hahn krähen muss!«
    Ich konnte nicht anders, ich prustete los. Der gestrige Abend hatte uns einander gewaltig nähergebracht.
    » Ich hab’ das gehört!«, sagte der Wilde Karlo. » Räuberhauptmänner haben das Gehör eines Hundes und den Instinkt eines Schakals!«
    » Wenn ihr so kämpft, wie es die Etikette besagt, weiß man schon nach EisWeGe, was ihr eigentlich für Räuber seid«, meinte Hilda und machte eine Reihe von Kampfbewegungen. Ihre EisWeGes und REW es sahen aus, als tanzte sie: leicht, präzise, aber sanft.
    » Das hier wird noch eng …«, murmelte Hele und machte eine eiskalte, perfekte EisWeGe. Ihr Krähen ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. » Die anderen sollen bei dem Sommerfest ruhig mit geschärften Messern auf uns warten. Weil’s das letzte Mal eben so gelaufen ist, wie’s gelaufen ist. Und das gerade jetzt, wo es wegen des Kampfes um die Herrschaft so viel zu verlieren gibt. So würde ich es jedenfalls machen. So würde es jede Räubergruppe machen, die was auf sich hält, wenn man denen mal ordentlich eins auf die Finger gegeben hätte. So wie wir es bei denen gemacht haben.«
    » Genau deshalb müssen wir ja zum Räuberfest gehen!«, sagte der Wilde Karlo trotzig. » Um zu zeigen, dass wir keine Angst haben, und dass wir immer noch die furchtloseste, charismatischste und furchterregendste Räubergruppe in ganz Finnland sind!«
    » Trotzdem muss man dort nicht

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