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Vilja und die Räuber: Roman (German Edition)

Vilja und die Räuber: Roman (German Edition)

Titel: Vilja und die Räuber: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siri Kolu
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war er räubermäßig schwarz.
    Der Streit zog sich so in die Länge, dass er während der gesamten Fahrt nicht endete und bei der nächsten Essenspause auf dem nächsten Campingplatz weiterging.
    Dann wurde es Hilda zu bunt. Sie nahm den Wilden Karlo beim Arm, führte ihn zur Behindertentoilette des Campingplatzes und ließ den Ganzkörperspiegel dort für sich sprechen. Da war Karlo gezwungen, seine Niederlage einzugestehen. Über seiner Hose hatte sich ein gewaltiger Kugelbauch gebildet, auf dessen oberer Halbkugel der Troyer kläglich hängen blieb.
    » Ich habe doch gesagt, du sollst schwimmen gehen!«, sagte Hilda. » Aber du tust es ja nicht.«
    » Willst du damit sagen, dass ich … stämmig bin?«, entgegnete der Wilde Karlo mit einer Stimme, die eine Katastrophe ankündigte. » Weib, versuchst du, mich zum Sport treiben zu bringen?!« Jedes Härchen auf Vater Räuberbergs Haut zitterte, so beleidigt war er. » Bin ich dick? Ein fetter Mops? Bin ich der Kapitän, über den alle lachen? Meinst du das?«
    Hilda schluckte, während sie überlegte, was sie sagen sollte. » Aber nein«, begann sie. » Ich meinte nur … Was meinte ich denn eigentlich?«
    Zum ersten Mal, seit ich sie kannte, sah Hilda unsicher aus. Beim Fahren wusste sie immer, was sie tun musste.
    » Wir sollten uns jetzt verzupfen«, wisperte Kalle mir zu. » Lass uns ganz schnell einen Vorwand finden!«
    » Also«, sprang Gold-Piet hilfreich ein. » Frau Hilda meint bestimmt nur, der Pulli hätte sich vielleicht noch in Form ziehen lassen, wenn man ihn vorher in Wasser eingeweicht hätte.«
    Das Gesicht des Wilden Karlo hellte sich auf. Er riss sich blitzschnell den Troyer vom Leibe. Ohne den Pulli sah er, wenn das möglich war, noch dicker aus. Eigentlich war dick nicht das richtige Wort, dachte ich dann. Er sah massiv aus. Mit so imposanten Bizepsen konnte man nicht » dick« sein. Wir hatten garantiert den massivsten Räuberhauptmann in ganz Finnland. Der Wilde Karlo goss Wasser auf seinen Pullover und warf ihn Hilda zu. » Na los, zieh ihn in Form!«, befahl der Wilde Karlo.
    Fassungslos hielt Hilda das Troyerknäuel in den Händen.
    » Na ja, jetzt klappt das natürlich nicht mehr«, log Gold-Piet rasch. » Jetzt haben sich die Umstände sozusagen geändert. Bedauerlich rasch und endgültig und so ’n Zeug. Das hätte man am Anfang des Sommers machen müssen. Jetzt sind die Fasern im Pulli schon erstarrt.«
    » Himmel!«, sagte Hele und rollte mit den Augen, genau wie ich das von Vanamo kannte.
    » Wie schön, dass du dich mit Strickwaren so gut auskennst, Piet«, säuselte Hilda ein bisschen boshaft. » Du kannst die Sache bestimmt in Ordnung bringen.«
    Sie drückte das nasse Bündel Gold-Piet in die Hand, der vor Entsetzen bleich wurde.
    » Hey, sorry«, sagte Hele, während sie eine gestern geraubte Barbiepuppe zum Punk stylte, indem sie ihr mit schwarzem Nagellack die Augen schminkte, » aber warum beschafft ihr nicht einfach einen neuen?«
    » Hiermit eröffne ich die Planungsbesprechung für die Operation Ein Troyer für den Wilden Karlo«, sagte der Wilde Karlo feierlich und nahm sich ein Knäckebrot, von dem er die Hälfte abbiss.
    » Himmel«, sagte Hele. » Warum fahren wir nicht einfach los, halten ein paar Autos an, durchsuchen sie von oben bis unten und beschaffen den Pulli?«
    » Yeah, wir schwingen die Messer und sagen: › Her mit dem Pulli!‹«, sagte Kalle mit Grabesstimme, was Hele zum Kichern brachte. » Na, wie denn dann?«, sagte Kalle. » Mein Herr, würden Sie bitte Ihre Oberbekleidung ablegen?«
    » Wir brauchen alles, was Sie am Leibe tragen, mein Herr«, spann Hele weiter und geriet sichtlich in Begeisterung. » Vielen Dank für Ihren Besuch, bitte beehren Sie uns bald wieder, any time!«
    » Ihr kapiert das nicht, Kinder«, sagte der Wilde Karlo gekränkt. » Ein Troyer ist von enormer Bedeutung! Beim Sommerfest, beim lebensgefährlichen und für die Ehre entscheidenden Sommerfest, ist er ab-so- LUT wichtig. Er ist gewissermaßen eine Frage der Glaubwürdigkeit. Erinnert euch, Merkmal Nummer zwei der Räuberei: das Aussehen!«
    Er sah mich an und wedelte mit der Hand. Erst wusste ich nicht, was er meinte, dann begriff ich, blätterte rasch in meinem Heft und las vor:
    2) Aussehen
    Die Glaubwürdigkeit eines Räubers hängt stark von seinem Aussehen ab. Ein Staatspräsident muss wie ein Staatspräsident aussehen, ein Räuber wie ein Räuber. Beim Auszuraubenden darf keinerlei Zweifel aufkommen, ob es sich um

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