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Vilja und die Räuber: Roman (German Edition)

Vilja und die Räuber: Roman (German Edition)

Titel: Vilja und die Räuber: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siri Kolu
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Hätte man daneben gestanden, hätte man gar nichts gehört. Ein Überfall wie aus dem Lehrbuch, hört ihr!«
    » Na ja, ganz so war es nicht«, sagte ich lächelnd.
    Bei Gold-Piet hörte es sich an, als sei ich ein Mafia-Boss auf Besuch im Süßwarenladen: Mein Junge, erweise mir eine kleine Gefälligkeit, capisce.
    » Wie denn dann?«, fragte Hele und stopfte sich Salmiakflöhe und saure Ratten gleichzeitig in den Mund. Ich hatte ihr das schon nachgemacht und wusste, dass die Geschmackskombination grauenerregend war. » Was hast du denn gesagt?«
    » Das ist mein Geheimnis«, sagte ich. » Ich kann nur so viel verraten: Auch für die Zukunft habe ich vorgesorgt. Wenn wir die hier aufgegessen haben, können wir den Vorrat in jeder größeren Stadt auffüllen.«
    » Unsere Vilja hat ein Markenzeichen!«, sagte der Wilde Karlo mit bewegter Stimme. » Sie ist erst zehn und hat eine ganz neue Gattung von Verbrechen begründet, die von nun an für immer mit ihrem Namen in Verbindung gebracht werden wird. Eine bemerkenswerte Leistung. Denk mal, Hilda, was für gute Lehrer wir sind!«
    Kalle ärgerte die offensichtlich neidische Hele: » Dir fällt ja leider nichts Eigenes ein!«
    » Ich habe aber schon mal ein Cabrio überfallen, indem ich mich direkt davor aus dem Baum fallen ließ!«, sagte Hele.
    » Ja, das hast du«, entgegnete Hilda eisig. » Und das machst du nie wieder. Es war reines Glück, dass die anhielten und dich nicht überfahren haben.«
    » Ein Markenzeichen«, sagte der Wilde Karlo. » Vilja, wir müssten ein Fest für dich haben. Eine Torte!«
    » Na, der ganze Bus ist voller Süßkram, das wird wohl für ein Fest reichen«, sagte Hele verdrießlich. Dann musste sie lachen, obwohl ihr gar nicht recht danach war, und auch wir anderen brachen in fröhliches Gelächter aus.

Kapitel 8
    in dem die Operation » Ein Troyer für den Wilden Karlo « durchgeführt wird
    N ach meinem großen Raubzug vertrauten sie mir viel mehr. Ich stellte fest, dass Gold-Piet nicht mehr ständig neben mir saß, um im Blick zu behalten, ob ich nicht etwa Anstalten machte, plötzlich abzuhauen. Hele stichelte nicht mehr mit kleinen Drohungen, sondern behandelte mich halbwegs menschenwürdig. Der Wilde Karlo hielt nicht mehr solche Vorträge über die Freiheit und den Lebensstil der Landstraße wie in den ersten Wochen. Offenbar fand er inzwischen, dass ich dazugehörte.
    » In zwei Wochen ist das Sommerfest«, verkündete Hilda eines Abends beim Essen. » Wir sollten noch etwas Zubehör sammeln.«
    » Juhuu, mehr Überfälle!«, sagte Kalle. » Jetzt will ich auch mit! Ich bin fast genauso alt wie Vilja, und die hat schon ein Markenzeichen. Das Alter ist also kein Grund. Es hat keiner gesagt, dass man zehn sein muss, um Überfälle zu machen! Und außerdem werd ich im Herbst zehn.«
    Am Klapptisch herrschte, wie immer, wenn jemand versuchte, die bestehenden Regeln infrage zu stellen, unheilverkündende Stille. Doch dieses Mal merkte Kalle nicht, wie sich der Sturm zusammenbraute. Er setzte hinzu: » Außerdem wiege ich weniger als Papa. Mit den Wurfgriffen komme ich garantiert doppelt so weit wie er.«
    » Was willst du damit andeuten?«, knurrte der Wilde Karlo, und das Knurren hörte sich richtig ärgerlich an. » Und du Hilda, was redest du da! Was denn bloß für Zubehör? Wir haben doch alles, was wir brauchen.«
    » Na ja, um ganz ehrlich zu sein«, Hilda schaute konzentriert auf den Tisch und musste sich offensichtlich anstrengen nicht zu lachen, » bevor wir die anderen Räuberhauptleute treffen, musst du unbedingt einen neuen Pulli haben.«
    » So, muss ich das?«, sagte der Wilde Karlo und zog seinen Seemannspullover über dem Bauch etwas herunter. » Dieser hier ist noch völlig in Ordnung. Lies doch die Zeitschriften auch mal, wenn wir sie schon klauen. Nabelfrei ist heutzutage Mode.«
    Glaubte man dem Wilden Karlo, so war ein Leben ohne Troyer nicht möglich. Seiner Meinung nach gehörte der Troyer unbedingt zur Ausrüstung, wenn er Autos überfiel oder wenn er unter dem Bus umherkroch, um den mit Draht befestigten Stoßdämpfer zu überprüfen, oder wenn er an einem freien Tag angeln ging. Natürlich trug Karlo T-Shirts wie jeder andere Vater auch, aber immer wenn er unter die Leute ging, wenn er zum Beispiel in Bonbonläden und auf Straßen Überfälle machen wollte, zog er einen Strickpullover, den er Troyer nannte, über das T-Shirt. Der Troyer sollte dazu dienen, ihn total muskulös aussehen zu lassen, außerdem

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