Vilja und die Räuber: Roman (German Edition)
macht. So einfach ist das. Schwarz hat Stil, und mit Schwarz, gerade mit Schwarz erzielt man den notwendigen Eindruck. Schre-cken-er-re-gend.« Er ließ meine Wangen los und nahm abwechselnd einige betont schreckenerregende Räuberhauptmannsposen ein.
» Tja, warum nicht!«, sagte Gold-Piet zum Abschluss der Besprechung. » Scheint so, als hätten wir eine Operation im Gange. Lasst uns den Troyer abgreifen.«
Das war keine große Sache, hätte man meinen können. Aber selbst nach zwei Tagen hartnäckigster Versuche war die Operation Ein Troyer für den Wilden Karlo noch nicht abgeschlossen. Autos zu überfallen war nicht das Problem. Das konnten wir im Schlaf: Flagge hoch, Griffe raus, den Bus quer davor und die Männer in die Luft. Das Problem bestand darin, zu wissen, wen zu überfallen sich lohnte. Beim Rauben von Esswaren brauchte man nicht so wählerisch zu sein. Zweimal war die Beute ein ganzer Kofferraum voll mit frischem Rhabarber, Frühkartoffeln, eingelegten Heringen und Erdbeerkörbchen. Wir lebten so gesund wie nie zuvor.
Nach dem zweiten Tag und dem sechsten gelungenen Überfall hatten wir kaum noch Hoffnung. Nach jedem Überfall mussten wir mit Vollgas an einen neuen Ort rasen, damit der Verkehrsfunk oder die örtliche Polizei uns nicht auf die Spur kamen. Der Bus war schon grau vom Staub der Landstraßen, das Essen schmeckte nicht mehr richtig, und wieder hatte man einen halben Tag an den Wurfgriffen gehangen, ohne Ergebnis.
» Könnten wir uns nicht etwas anderes ausdenken? Lasst uns ein ganzes Bekleidungsgeschäft ausrauben, dann wird schon ein Troyer dabei sein«, sagte ich.
» Was?« Hilda schien verblüfft von dem Gedanken, dass man Kleidung auch bekommen konnte, ohne sie Menschen vom Leib zu reißen.
» Ungefähr so wie die Süßigkeiten«, sagte ich.
» Klingt kompliziert«, sagte Hilda vorsichtig. » Und sehr komplizierte Sachen gefallen Karlo nicht.«
» Es hat keinen Zweck«, sagte Hele und setzte sich die Badekappe auf. Wir hatten im Atlas einen kleinen, abgelegenen See gefunden, wo wir unsere überhitzten Sinne abkühlen konnten. » Das Wetter ist gegen uns. Bei dieser Hitze nimmt doch niemand Wollpullover mit. Jedenfalls keine schwarzen mit langen Ärmeln. Also echt, das ist ab-so- LUT nicht richtig durchdacht!«
» Wer hat denn gesagt, es würde leicht sein?«, sagte der Wilde Karlo, während er in seiner selbstgebastelten Unter-Badehose aus dem Bus stieg. » Wir brauchen Herausforderungen.«
Behäbig setzte er seinen massigen Körper in Bewegung und begann gleichzeitig, gewaltig zu brüllen, wie um sich selbst Mut zu machen. Brüllend rannte er den ganzen Weg ins Wasser. Weiter draußen im See erlitten zwei ältere Hechte vor Schreck einen Herzanfall und ploppten tot an die Oberfläche.
» Ziemlich furchterregend«, lachte ich Kalle zu.
Es rührte mich, dass der Wilde Karlo nach Hildas Andeutungen tatsächlich angefangen hatte zu schwimmen – in jeder Badepause. Mehr als einmal hatte ich ihn dabei ertappt, wie er das Bild von Kapitän Cousteau in der National Geographic betrachtete. Er sah sich das Bild lange an, nahm dieselbe Körperhaltung ein, sackte wieder in sich zusammen und ging kurz darauf zum Bus, um sich die Badehose anzuziehen.
» Du solltest ihn mal sehen, wenn er den ganzen Weg vom Bus bis zum Ende eines Badestegs rennt und dann eine Arschbombe ins Wasser macht!« Kalle grinste.
Ich sah zu, wie der Wilde Karlo, den mächtigen Bauch in die Luft gereckt, eine Weile Toter Mann spielte, schließlich genug hatte, sich aufrichtete und in Richtung Ufer watete. Auf halber Strecke hockte er sich hin und ging in der Hocke weiter, nur die Augen über Wasser wie ein Krokodil. Für einen so kräftigen Mann bewegte er sich überraschend flink. Als er sich schließlich im seichten Uferwasser brüllend aufrichtete, tat Kalle ihm den Gefallen, aus Sympathie ein bisschen ängstlich zu kreischen.
» Die Disziplin lässt nach. Das Volk rebelliert. Glaubt nicht, dass ich das nicht merke!«, sagte der Wilde Karlo hinterlistig, mit täuschend sanfter Stimme. » Aber wir geben nicht auf! Hier geht es um grundlegende Dinge. Um Hoffnung!«, predigte er, während er sich das Wasser aus dem Ohr wischte. Seine nassen Haare klebten ihm am Kopf, die Zöpfe trieften. Diese neue Frisur ließ ihn, wenn das überhaupt möglich war, noch seltsamer aussehen. » Das ist ein … repräsentatives Kleidungsstück. Früher oder später wird es wie von selbst zum Räuberhauptmann kommen! Der Dingsda
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