Vilja und die Räuber: Roman (German Edition)
hat seinen Heiligen Gram ja auch wer weiß wie lange gesucht.«
» Ach ja, wer noch mal?«, fragte ich und schrieb mit Schönschrift in mein Notizbuch: Heiliger Gral.
» Na der, wie heißt der denn nun«, sagte der Wilde Karlo und hüpfte mit schräg gelegtem Kopf auf und ab, weil er immer noch Wasser im Ohr hatte. » Dieser ganz berühmte Räuberhauptmann.«
» Artus?«, fragte ich sanft.
» Artus!« Karlo lächelte. » Genau der! Den kennen wir doch alle!«
» Dann treffen wir ihn bestimmt beim Sommerfest«, sagte Gold-Piet und grinste mit seinen Goldzähnen. » Da sind ja alle aus der Branche.«
Endlich, nach zwei Wochen Warterei, kam zum Glück Bewegung in die Sache. » Ein HaRei-Kombi, blau, sieht vielversprechend aus, Tempo achtzig«, sprach Hele ins Funkgerät. Wir saßen total cool in der Astgabel einer Birke, aber Hele war wie immer noch cooler als ich. Sie hielt sich nur mit den Beinen fest, während sie in der einen Hand das Fernglas und in der anderen das Walkie-Talkie hielt. Das Gerät begann zu prasseln, offenbar kam aus dem Bus eine Frage.
» Fährt alleine. Trägt die richtige Größe.«
Wieder ein Prasseln.
» Birke – over«, sagte Hele. » Jepp.« Sie hängte sich das Fernglas um, steckte das Funkgerät in die Potasche und schwang sich leicht und elegant hinunter. Unten wartete Hele ungeduldig auf mich. Wir hatten nur sehr wenig Zeit, um uns in Stellung zu bringen, bevor der Kombi herankam. Geringschätzig betrachtete sie meine Abstiegsversuche, zog das Walkie-Talkie aus der Tasche und sagte: » Stau in der Birke, die Touristin hängt noch fest, Moment!«
» Was ist denn bloß ein HaRei?«, fragte ich, an den Birkenstamm geklammert, dass meine Fingerknöchel weiß waren. Hinaufzuklettern war viel leichter gewesen. Schließlich gelang es mir, am Stamm runterzurutschen, aber ich musste die ganze Zeit die Augen geschlossen halten. » Ist das eine Automarke?«
» Ein Halb-Reicher«, sagte Hele, als wir auf die Nebenstraße und das dort näher kommende Auto zu rannten. » Der meint, er ist nichts Besonderes, aber er investiert viel in seinen Komfort, also Auto, Essen, Kleidung. Das passt uns gut. Hervorragende Überfallopfer, die HaReis.«
» Waren wir auch HaReis?«, keuchte ich.
» Nein, absolut nicht«, antwortete Hele, kein bisschen außer Atem. » Dein Papa ist ein GaRei- HF von der schlimmsten Sorte. Eigentlich erstaunlich, dass wir euch angehalten haben. Wir müssen uns wohl gelangweilt haben oder so was.«
Ich war völlig damit ausgelastet, mit Heles leichten und langen Schritten mitzuhalten. Trotz des vielen Schwimmens neuerdings hatte ich keine Kondition. Statt einer Frage kriegte ich nur ein Krächzen und ein paar Japser raus.
» Ach so, dein Papa?«, erbarmte Hele sich schließlich. » GaRei- HF s auszurauben lohnt sich nicht. Ganz reich, Hoffnungsloser Fall. Die haben fast nichts dabei, was uns nützen könnte.«
Sie lachte ihr Hele-Lachen, was sich anfühlte, als bohrte der Zahnarzt ohne Betäubung.
» Und was seid ihr dann selber? Besser als alle anderen, oder wie?«, brauste ich auf und blieb mitten auf der Straße stehen. Ich wusste, dass der Kombi jeden Moment an uns vorbeisausen würde.
Dass sie meinen Vater als hoffnungslosen Fall bezeichnete, ging mir dann doch gegen die Ehre. Er war zwar kleinlich. Und wichtigtuerisch. Und völlig verliebt in sein blödes Auto.
» Wir selber?«, lachte Hele auf. » Wir sind Vollblut-Landstraßenräuber!«
Dann senkte sie den Kopf und lief brüllend auf das Auto zu, das an uns vorbeisauste und dann eine Vollbremsung machte, weil nach der Kurve der Räuberbus quer auf der Straße stand. Sie rannte, und auch ich setzte mich wieder in Bewegung und ließ ein gewaltiges Gebrüll ertönen, das die Vögel auf beiden Seiten der Straße so erschreckte, dass sie sich in Scharen in die Lüfte erhoben.
Kapitel 9
in dem wir eine beeindruckende Verwandte kennenlernen
E s ist Zeit«, sagte Hilda beim Blick auf die Karte, als wir uns nach dem Frühstück um die besten Sitzplätze im Räuberbus drängelten. Das Frühstück war ausnehmend festlich gewesen, denn in dem Kombi, den wir am Tag zuvor angehalten hatten, fand sich neben einem Troyer in der richtigen Größe auch eine Kühlbox voller Fertigpfannkuchen. Zum Frühstück hatte es also Pfannkuchen mit Marmelade gegeben. Der Wilde Karlo hatte erst Knäckebrot, Pfannkuchen und Schinkenspeck und zum Nachtisch noch einmal Pfannkuchen gegessen. Auch alle anderen hatten mehr gegessen, als genau
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