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Vilja und die Räuber: Roman (German Edition)

Vilja und die Räuber: Roman (German Edition)

Titel: Vilja und die Räuber: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siri Kolu
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genommen in die Bäuche passte. Selbst Kalle hatte sich Nachschlag geben lassen, obwohl er sich schon stöhnend den Magen hielt. Im Bus herrschte verständlicherweise eine glücklich-schläfrige Stimmung.
    Die letzten Tage hatten wir begonnen, in Richtung Norden zu reisen. In Richtung Sommerfest, für das der Wilde Karlo nun einen Troyer in der richtigen Größe auf einem Bügel hängen hatte. Dass er ihn vor dem Fest trug, ließ Hilda nicht zu, damit kein Senf drauf kam. Ich hatte schon bemerkt, dass in dieser Reisegesellschaft niemand seine Kleidung wusch. Wenn die Sachen vor Dreck starrten, stopfte man sie einfach in eine Plastiktüte und vergaß sie. Wenn wir von meinem Vater gesponserte Bonbons tankten, standen wir manchmal auf Parkplätzen, wo eine Wäscherei neben dem Videoverleih lag, aber niemand kam auf den Gedanken, seine Kleidung dort hinzubringen.
    » Ist es wirklich Zeit?«, fragte der Wilde Karlo ernst. » Der ganze Juni ist ja wie im Flug vergangen. So ist das, wenn man Spaß hat! Oder hast du keinen Spaß gehabt, Vilja?«
    » Doch«, antwortete ich höflich. Dann sagte ich: » Irre viel Spaß!« Und ich meinte wirklich jedes Wort. Irre viel mehr Spaß als je in meinem bisherigen Leben. Ich hatte gar nicht gewusst, dass man überhaupt so irre viel Spaß haben konnte.
    » Müssen wir da übernachten?«, fragte Hele, die gerade einer neuen Barbiepuppe einen Irokesenkamm toupierte. Das Mädchen, dem die Puppe gehört hatte, war vor Entsetzen starr und stumm gewesen. Sie war das erste Überfallopfer, an das ich hinterher immer wieder denken musste. Ich hatte versucht, am Abend im Zelt mit Hele darüber zu sprechen, aber sie hatte kein Mitleid.
    » Je früher die Kleine es kapiert, desto besser: Wenn man aussieht wie Barbie und so große blaue Augen und gar keinen eigenen Willen hat, wird man garantiert geklaut. Eine aufrechte Haltung muss jeder erlernen. Dann doch lieber früher als später. Ich hab der Kleinen einen Gefallen getan.«
    War ich etwa so gewesen?, hatte ich mich gefragt, als ich in meinen Schlafsack kroch. Große Augen und gar kein eigener Wille? Damals, ganz am Anfang?
    » Hey Hilda, wirklich, lass uns nicht da übernachten«, fuhr Hele fort und sprühte der Puppe ordentlich Haarlack ins Haar. » Der Boss sitzt nur den ganzen Abend da und redet von alten Zeiten, und wir müssen uns das anhören«, sagte sie. » Sorry, aber irgendjemand muss hier mal Klartext reden. Sonst ist das jedes Jahr dasselbe. Jahr für Jahr für Jahr.«
    Ich bewunderte Heles Mut, bemerkte dann erstaunt, dass der Wilde Karlo, weil sie ihn Boss genannt hatte, nicht offen wütend wurde. Manchmal war ein so kleines Wort von entscheidender Bedeutung.
    » Wo fahren wir denn hin?«, flüsterte ich Kalle zu.
    » Auf Kaijas Veranda«, flüsterte er zurück. » Die liegt geradezu perfekt auf unserem Weg.«
    » Unser Stammplatz«, nickte Gold-Piet. » Kaija kocht warmes Essen.« Er massierte sich den mit Pfannkuchen gut gefüllten Bauch und schien schon wieder in Essensträumen zu versinken.
    Langsam gewöhnte ich mich daran, keine Antworten zu bekommen.
    Während der Fahrt konnte ich nur daran denken, dass wir nach diesem Stopp zum Räubersommerfest unterwegs sein würden. Der Gedanke machte mich sehr, sehr neugierig und irgendwie wehmütig.
    Das Räubersommerfest.
    Am ersten Tag meines Raubes hatte ich mir selbst ein Versprechen gegeben, das damit zusammenhing. Im Trubel des Sommerfestes wollte ich entfliehen.
    Wir hielten auf einer Birkenallee, die zu einem Ufer führte. Der See war flach und länglich, es schwammen Enten darauf. Die Hitze legte sich schwer auf mich, als ich aus dem Bus stieg und mitten auf dem Vorplatz eines Häuschens stand. An der Fahnenstange flatterte der Wimpel des Hauseigentümers. Auf der Vorderseite hatte das Häuschen eine große Veranda, und aus einem der Korbstühle dort erhob sich jetzt eine Frau. Erst winkte sie. Ein Raubüberfall war also offensichtlich nicht zu erwarten. Dann kam die Frau auf uns zugerannt. Unterwegs verlor sie eine ihrer Sandalen, wurde aber nicht langsamer. Sie stürmte geradewegs auf den Wilden Karlo zu, der die Arme ausbreitete. Und dann, einfach so, sprang sie mit solcher Wucht in seine Umarmung hinein, dass es den Räubervater umriss und er wie ein Käfer auf dem Rücken im Gras lag.
    » Du alter Dickwanst«, schrie die Frau, die quer über ihm lag und immer wieder auf seinen Bauch haute. » Du feister Schmerbauch, du!«
    » Du Schlängelwurm!«, schrie der Wilde Karlo

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