Villapark - Koestlbachers zweiter Fall
oft spät nachts noch in den Villapark. Und jetzt im Frühjahr, da war sie
praktisch an jedem regenfreien Abend irgendwann darin anzutreffen. Sie
hatte dort einen Lieblingsplatz. Oben auf der Mauer!«
Der Köstlbacher schaute fragend zum Liebknecht. Der nickte. Das musste die
Stelle sein, die der Pirzer und die Koch beschrieben und auch fotografiert
hatten, als sie kürzlich noch einmal dort eine Ortsbegehung gemacht
hatten. Der Köstlbacher erinnerte sich jetzt auch wieder, weil er auf seiner
Pinnwand ja ein entsprechendes Fähnchen mit Foto gesetzt hatte.
»Ja! Und weiter!«, forderte der Köstlbacher den Roland auf.
»Also, es war natürlich nicht 1000 pro sicher, dass ich sie dort antreffen
würde. Aber ich wollt’s wenigstens versuchen. Unser Streit war sinnlos. Und mir
tat auch so einiges leid, was ich zu ihr gesagt hatte. Jedenfalls wollte ich
mich versöhnlich zeigen und sie auch wegen ihrer Kokserei nicht mehr
angehen. In der Beziehung hatte ich eh keine Chance, sie zu ändern!«
»Und dann? Haben Sie die Doris an ihrem Lieblingsplatz auf der Mauer
getroffen?«, fragte der Köstlbacher.
»Ja und nein!«, antwortete der Roland.
»Ja und nein!«, bluffte der Köstlbacher nach. »Was soll das? Haben Sie die
Doris nun getroffen oder nicht?«
»Ich habe sie oben stehen sehen. Wenigstens dachte ich, dass sie da oben
steht. Allerdings muss ich zugeben, dass ich mir nicht ganz sicher war, weil
die Doris doch ein sehr kleines Persönchen war. Und die Person da oben
wirkte irgendwie größer. Vermutlich habe ich mich da aber nur getäuscht.
Vielleicht hat sie sich auf einen Mauervorsprung gestellt oder so. Jedenfalls
habe ich ihren Namen gerufen, um sie nicht zu erschrecken, und bin schnell nach
vorne zur Mauer gelaufen. Auf dem Weg dorthin sind 10 oder 15 Meter, während
der man kurz keine Sicht mehr auf die Mauer hat, weil Büsche davor sind. Wie
ich dann an der Mauer angekommen bin und die paar Stufen zu ihr hoch wollte,
war sie verschwunden. Ich bin trotzdem hoch, um nachzusehen, weil ich mir
nicht vorstellen konnte, wo sie hin sein könnte, aber sie war tatsächlich weg.
Ich hätte ihr Nichts zurufen sollen, dachte ich, weil so hatte sie Gelegenheit,
sich mir zu entziehen. Sie wollte offenbar heute absolut nichts mehr von mir
wissen. Also habe ich umgedreht und bin gegangen. Sie im Dunkeln hier zu
suchen, war sinnlos. Hinaus habe ich einen anderen Weg genommen, als herein.
Wenn Sie wollen kann ich Ihnen auch das gerne zeigen. Jedenfalls habe ich den
Park zur Donau hin verlassen. Ich liebe die Donau! Das hatte ich schon immer
mit der Doris gemeinsam. Wir standen so oft an der Donau oder machten lange
Spaziergänge an ihrem Ufer entlang. Doch diesmal brachte mir die Nähe des
Flusses nichts Gutes. Beim Verlassen des Parkes bin ich im Dunklen über etwas
gestolpert. Doris! Sie war noch warm. Sie konnte noch nicht lange hier gelegen
haben. Ich hoffte so sehr, sie lebt! Behutsam nahm ich sie in meine Arme und
trug sie hinauf in den Park, so weit, bis es hell genug war und ich erkennen
konnte, was wirklich mit meiner Doris geschehen war. Was ich nun gesehen habe,
das werde ich bestimmt nie mehr vergessen. Kurz zuvor hatte ich noch die
vage Hoffnung gehabt, die Doris würde nicht tot sein. Aber wie ich sie nun
im Licht sah, da war mir natürlich sofort klar, dass eine solche Verletzung
niemand überleben kann. Ich bekam Panik, ließ die Doris liegen und lief so
schnell ich konnte weg«, beendete der Roland seine Geschichte. Zuletzt war
er dabei immer bleicher geworden, was den beiden Kriminalern natürlich nicht
entgangen war.
»Trinken Sie von Ihrem Kaffee!«, forderte der Köstlbacher den Roland mit
dem Gefühl auf, hier jemandem zugehört zu haben, der weitaus ehrlicher war, als
er, zugegeben voreingenommen, anfangs von ihm erwartet hatte.
Irgendwie zusammengepasst hat die Aussage vom Roland sogar mit den
Ermittlungen vor Ort vom Pirzer und der Koch. Auch wenn die Spurensicherung
davon nichts mehr bestätigen konnte.
*
Den Roland Fuchs festzuhalten, war vorläufig nicht nötig, auch wenn seine
Aussage erst einiger Überprüfungen bedurfte. Ihn als Tatverdächtigen
einzustufen, kam vorerst nicht in Betracht, da er sich wohl sonst kaum
selbst gemeldet hätte. Die Personalien waren aufgenommen. Der Roland hatte einen
festen Wohnsitz in Regensburg. Man würde zur Klärung einiger Details
noch seine Präsenz benötigen. Zunächst einmal aber durfte er das Präsidium
verlassen. Nichts anderes hätte auch der
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