Villapark - Koestlbachers zweiter Fall
das mit der rosaroten Farbe auch alles nur ein Zufall und
hatte gar nichts zu bedeuten. Nur, das kannst du mir glauben, der Köstlbacher
hasst Zufälle, zumindest solche, die zu nichts führen. Wohl war ihm momentan jedenfalls
gar nicht. Nicht, weil er sich auf einmal erinnerte. Darüber freute er sich
sogar. Aber, weil all diese ›Vielleichts‹ zu nichts Konkretem führten.
Natürlich hätte der Köstlbacher jetzt schnurstracks zu dem rosaroten
Mädchen auf der Domtreppe hingehen und sie fragen können. Was allerdings
hätte er sie fragen sollen?
›Hat es einen tieferen Sinn,
dass Sie Pink tragen?‹
Oder:
›Kannten Sie eine Doris
Münzer?‹
Oder:
›Haben Sie Ihre rosaroten
Klamotten immer an oder stecken die manchmal auch nur in Ihrem Rucksack?‹
Zwar lag neben dem Mädchen ein Rucksack auf der Domtreppe, aber neben
vielen der anderen Treppensitzer lagen auch Rucksäcke. Heute liefen die jungen
Leute doch alle mit so einem Teil rum. Die Clara und der Karl hatten auch jeder
einen Rucksack, der als Schultasche umfunktioniert wurde und, wenn sie in die
Stadt gingen, immer mit dabei war, natürlich ohne Schulsachen.
Wenn das mit der Farbe Rosa was zu bedeuten hatte, dann würden sie es schon
noch raus bekommen, auch wenn er jetzt nicht irgendeine dämliche Frage stellte,
für die er keine wirkliche Begründung abgeben konnte.
Drum hatte sich der Köstlbacher schließlich auch entschieden, seinen
Weg über den Domplatz nicht länger zu unterbrechen und endlich weiter über
den Kohlenmarkt zum Haidplatz zu gehen. Einige Schüler des AAG hatten
bisher übereinstimmend zu Protokoll gegeben, dass in diesem Bereich der
Altstadt sich vermehrt Jugendliche aufhielten, die quasi zu einer Art
Brecheisengang gehörten. Unter Gang verstanden die vernommenen
Schülerinnen und Schüler vom AAG nichts Ungesetzliches, eben nur eine Gruppenzugehörigkeit.
Normalerweise delegierte der Köstlbacher solche Ermittlungen, weil, einen
ersten Eindruck, den konnte sich auch ein jüngerer Kollege verschaffen. Aber
bei so einem Wetter, da musst du einfach raus aus dem Büro an die frische
Luft, auch wenn’s nur die abgasverpestete Altstadtluft ist. Im Büro tauchte
zudem in immer kürzeren Abständen der Dr. Huber auf und wollte wissen, wie
lange er noch auf einen Abschluss dieses Mordfalles würde warten müssen. Wenn
du da zufälligerweise nicht gerade überlegend vor deiner
Pinnwand gestanden oder zumindest ein dienstliches Telefonat geführt
hast, dann ist der Dr. Huber immer vorschnell zu dem Schluss gekommen, es
würde nicht mit Hochdruck gearbeitet werden. Dabei der Köstlbacher total
Hochdruck. Sogar blutdruckmesstechnisch hätte sich das nachweisen
lassen.
In der Eisdiele am Dom standen ganze Trauben von Menschen an. Kein
Wunder, bei dem herrlich warmen Wetter! Der Köstlbacher zwar im Dienst, aber
ein oder zwei Kugeln Eis, die mussten schon mal drin sein. Auf dem Präsidium
hätte er sich jetzt auch was genehmigt, zumindest einen Kaffee von der Klein
und dazu vielleicht ein Gebäckstück, das er sich auf dem Weg zur Arbeit immer
gern vom Café Pernsteiner mitnimmt.
Gerade wollte sich der Köstlbacher in die Schlange vor dem Eisangebot
einreihen, besser gesagt, er hatte sich schon eingereiht, als ihm dieser Typ
auffiel, der mit seinem langen schwarzen Ledermantel, so ein Naziverschnitt.
Und diesmal musste der Köstlbacher nicht erst wieder lange überlegen, wo er den
schon einmal gesehen hatte. Diesmal wusste er es schlagartig, quasi
störungsfreie Erinnerung. Diesmal ja auch nicht abgelenkt von Jungfrauenbrüsten
vor dem Dom, die hauchdünne T-Shirts nur behelfsmäßig und kaum erfolgreich
zu bedecken versuchten.
Der Typ war der selbe, der vor dem AAG mit der Schülerin in Pink
geredet hatte. Nicht, dass so eine Unterhaltung eine strafrechtlich verfolgbare
Handlung dargestellt hätte. Aber eine innere Stimme sagte dem Köstlbacher, dass
es da irgendeinen Zusammenhang mit der Mordsache gibt.
Nur, eines musst du wissen, der Köstlbacher reagiert nur äußerst selten auf
innere Stimmen. Weil auf innere Stimmen hören und dann womöglich noch aus dem
Bauch heraus auf diese Stimmen reagieren, das im seltensten Fall verwendbar vor
Gericht, weil beweistechnisch nur auf schwachen Füßen.
Bis zum Haidplatz ist der Köstlbacher dann zuletzt aber gar nicht mehr
gekommen. Nicht, weil er sich etwa völlig untypisch am Ende spontan doch
noch entschieden hätte, seinem Bauch nachzugeben und den verdächtigen Typen
unter die Lupe
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