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VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition)

VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition)

Titel: VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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in der er Casbah Masaki vermutet. Das graue feuchte Wetter dieser Welt gibt nichts her – oder da ist nichts. Wo eben noch, vor ein paar Stunden, Casbah Masaki war, ist nichts mehr. Seine Hoden versuchen, zurück in seinen Körper zu gelangen, und das tut weh. Eddon-22-mog beschließt, die letzten beiden Messstationen zu lassen, wie sie sind, und den Heimweg anzutreten. Seine Aufgabe ist zweitrangig. Irgendwas ist passiert. Etwas Schreckliches. Casbah Masaki ist offenbar in großen Schwierigkeiten. Womöglich ist er der Einzige, der im letzten Augenblick alles vor dem Untergang retten kann.
    Eddon-22-mog kommt dazu und rettet die Besatzung von Casbah Masaki – alle Brüder sind dankbar und stiften zugunsten seines Kontos. Das Konto schwillt an wie der Schwanz eines Bruders bei einer Geldheirat. Na ja, entschuldigt sich Eddon-22-mog bei sich selbst, ist doch wahr. Nichts ist geiler als Geld. Sie würden ihren Retter mit Reichtümern überhäufen. Vor seinen Augen zucken Träume von einem Riesenhaufen Geld und goldumrandeten Kontoauszügen vorbei. Er funkt Casbah Masaki ein weiteres Mal an – keine Reaktion.
    Jetzt rennt er, seine Füße patschen zwischen den fremdartigen Pflanzen, und sein Atem wird flach und hastig. Er gerät, während er schneller läuft, als gesund für ihn ist, in einen erhitzten, angstzitternden Zustand. Sein Herz schlägt so heftig, dass er stehen bleiben muss und sich sekundenlang zusammenkrümmt. Würde ihm die Furcht nicht die Kehle zuschnüren, müsste er kotzen. Er geht weiter, laufen kann er nicht mehr, und er tut etwas Unvorstellbares: Er stellt den Sender in seinem goldschimmernden Halsband auf eine der verbotenen Notfallfrequenzen. Die darf man nicht benutzen. Niemals. Es drückt ihm die Luft ab, und er muss schlucken, ehe er sich meldet. Er sagt alles, was geschehen ist, dass er die Station nicht an dem Platz sieht, an den sie gehört; er weiß, dass jedes Wort auf diesen Frequenzen aufgezeichnet wird. Das fressen alles die gierigen Maschinen in den tiefsten Kellern der Station, jene Apparate, die niemals wieder etwas von dem hergeben, was sie gespeichert haben. Er bittet um Antwort. Das ist unprofessionell, das bringt keinen Profit. Er weiß das, und es ist ihm egal. Seine Beine laufen ohne sein Zutun weiter. Ihm wird ganz anders, als er auf diesen heiliggesprochenen Frequenzen keine Antwort bekommt. Sein Herz verlässt den angestammten Platz und erzeugt einen pulsierenden Schmerz in seinem Hals, dicht neben dem Kehlkopf.
    Als er endlich um das letzte wirre Gebüsch biegt und Casbah Masaki in sein Blickfeld gerät, stockt sein Atem, er stolpert. Alle Träume von einem Riesenhaufen Geld und goldumrandeten Kontoauszügen rutschen in sich zusammen. Entsetzt starrt er auf die Gebäude der Station – oder, besser gesagt, auf das, was von ihnen übrig ist. Zerstörung. Vernichtung. Auflösung. Die Kuppel ist ein Skelett aus dürren Sparren, das sich trotzig in den grauen Himmel reckt. Niemand ist zu sehen, kein einziger Bruder ist dabei, das Chaos zu ordnen. Heruntergefallene Abdeckungen liegen durcheinander; einst haben sie das Dach gebildet. In den Gehwegplatten vor dem Eingang haben sich grindige Öffnungen aufgetan, die anklagend in den regenverhangenen Himmel blicken. Und da unten ist Finsternis, Stille und nichts, was nur zur leisesten Hoffnung Anlass gibt. Keine goldumrandeten Kontoauszüge. Dies ist das Ende, Eddon-22-mog weiß das.
    Die Erkenntnis trifft ihn wie ein Donnerschlag.
    Seine Aktien sind im freien Fall. Die Wertpapiere sind billiger als das Papier, auf dem sie gedruckt sind. Die Konten sind nicht bloß gelöscht – sie sind nichts mehr wert. Eddon geht weiter, den gewohnten Weg, als wäre alles noch da.
    Er geht gemessenen Schrittes durch die Kuppel, von der nur ein Skelett übrig ist, und er steigt die Stufen in die tieferen Regionen von Casbah Masaki hinab. Die Beleuchtung arbeitet lediglich stellenweise, trotzdem gibt es genug Licht, um zu erkennen, was passiert ist.
    Jemand – oder etwas – hat die Station entdeckt. Oder die Gefahr der Entdeckung ist plötzlich zu groß geworden. Die Brüder liegen alle miteinander aufgereiht im Schlafsaal, tot, die Blicke der starren Augen auf die goldene Scheibe der Bruderschaft gerichtet, wie es sich gehört. Ob männlich oder weiblich, alle haben ihren Halsring abgenommen und ihn unter die mächtige schimmernde Scheibe gelegt. Geopfert. Eddon begreift, was geschehen ist, bloß nicht, warum es geschah. Die Bruderschaft hat

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