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VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition)

VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition)

Titel: VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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galt es als besondere Mutprobe, langsam und lässig aus dem Gestrolch herauszuspazieren. Als er wieder allein war, baute sich Kevin vor einem solchen Gestrolch auf. Sollte was dran sein? Er spürte eine lästige Unruhe. Hatte er Furcht vor diesem undurchdringlichen Haufen von verfilzten Pflanzen, von denen überall Tropfen herabfielen? Na gut, es mochten allerlei Tiere darin hausen, fremde Wesen, faszinierende Kreaturen wie jenes unheimliche Eingesicht. Kevin trat näher. Da waren schmale Pfade getreten, die sich ins Innere des Gestrolchs wanden. Sie sahen still und tückisch aus. Nach wenigen Schritten wurden sie zu düsteren feuchten Tunneln im Gewirr. Hineingehen? Nein. Kevin zog die Kamera hervor und machte ein paar Aufnahmen, veränderte die Einstellung des Farbfilters, sodass die drohende Stimmung dieser Pfade zur Geltung kommen konnte. Besuchen Sie den Regenplaneten, wo Sie sich gruseln können! Besuchen Sie den Regenplaneten, wo die Kinder mit dem Grauen Einkriegezeck spielen! Lassen Sie doch die Aufnahmen mit den karnesischen Vierzentnerfrauen beim Bizepsrollen einfach liegen! Ein irrsinnig lauter Schrei direkt neben seinem Ohr ließ Kevin einen Satz machen, und als er nach dem Verursacher des Lärms Ausschau hielt, entdeckte er, etwa zwanzig Meter entfernt, ein kleines Tier an einem Ast hängend. Von diesen Mistbiestern hatte er erzählen hören. Schreilen wurden sie genannt, und es soll Leute gegeben haben, die beim Geheul solcher Kreaturen bleibende Hörschäden davongetragen hatten.
    Tom und das Eingesicht mit jener Metallplakette am Hals standen und beobachteten aus vier aufmerksamen Augen Kevin, der über seinem Apparat die Umgebung vergessen hatte und versuchte, die abartige Hässlichkeit der Schreile perfekt in den Speicher zu bekommen, während in seinen Ohren ihr Gebrüll nachklang.
    »Was ist Schlechtes daran, wenn er die Gestrolche fotografiert?«, fragte Tom seinen Vater später.
    »Nichts. Schlecht ist, wie er fotografiert. Was er aussucht. Der Blick, mit dem er uns sieht.«
    »Was will er überhaupt hier?«
    »Weiß ich nicht. Interessiert mich nicht. Keinen von uns. Uns geht nur an, was er hier tut.«
    Tom schaute zum Himmel auf, von dem vereinzelte dicke Tropfen herabfielen, und sein Eingesicht schaute im selben Moment nach oben. In den Wolken waren Schlieren in einem bestimmten Grauton aufgetaucht. »Morgen wird es Nebel geben«, sagte Tom dann.
    »Das wird gut sein«, erwiderte Hubert Cass und setzte leise hinzu: »Und nützlich.«
    »Der Fremde verteilt manchmal Spielzeug an die Kleinen«, sagte Tom.
    »Was ist das für Spielzeug?«
    Tom holte ein buntes Etwas aus der Tasche des Overalls und reichte es seinem Vater. Der hob das Ding prüfend an die Augen und musterte es. »Hast du gesehen, wie er es den Kleinen gab?«
    »Ja: Sie spielten Wurbl-Ärgern, hinten am doppelten Gestrolch. Vorhin, als der warme Strichregen fiel. Die meisten hatten nur so dünne Spieloveralls an, es war ja nicht kalt ...«
    »Ich weiß. Fast siebzehn Grad.«
    »Er fotografierte sie, wie sie die Wurbls herausholten und ein bisschen herumschubsten, du kennst das ja. Dann gab er ihnen das Zeug da ... nein, er warf es so hin. Eine Handvoll von dem bunten Geglitzer.«
    »Er warf eine Handvoll davon hin?«
    »Ja ... Von da an hörten sie zu, wenn er was sagte. Ich konnte es nicht verstehen, er sortierte die Kleinen auseinander, in kleinere Gruppen.«
    »Die er danach fotografierte.«
    »Einmal die in den dünnen total durchnässten Overalls, hinterher die in den geflickten Sachen.«
    »Die anderen nicht?« Das Gesicht des Mannes war völlig unbewegt. »Was war dann?«
    »Er hatte da so ein Gerät. Sah aus wie eine Punktsonde, nur größer. Damit zielte er auf die Wurbls, und die wurden verrückt.«
    »Wie sah das aus?«
    »Na, sie zuckten so seltsam und fingen an, einander gegenseitig aufzufressen, bei lebendigem Leibe. Als wären sie wahnsinnig geworden.« Hubert Cass sah seinen Sohn eindringlich an; in seinen Augen stand ein Ausdruck, der den Jungen erschreckte. »Natürlich haben die Kleinen die verrückten Wurbls schnell umgebracht, ehe sie Schaden anrichten konnten«, sagte Tom rasch.
    »Wir wissen alle, was mit den irrsinnig gewordenen Eingesichtern geworden ist«, sagte Cass sehr leise, und Tom fröstelte, als er sich erinnerte. Niemand im Dritten Dorf dachte gern daran zurück. Man sprach nicht davon, und selbst die Regierung war ahnungslos, was das betraf. Besser so.
    »Das hat er auch fotografiert, wie die

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