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VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition)

VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition)

Titel: VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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Regenplaneten Fahrt verloren und tauschte Signale mit Vilm Village aus. Die Kommunikation war schwierig wie immer, wegen der Störungen, die all die Wolken und Gewitterfronten verursachten. Heute war es besonders schlimm – und das lag keinesfalls am Wetter. Das war nicht mieser als an jedem anderen Tag auf Vilm auch. Während die Piloten des Landungsschiffes sorgsam jede Anweisung der Bodenstation sklavisch befolgten, entfaltete sich unten am Landeplatz hektische Betriebsamkeit. Menschen und Eingesichter liefen scheinbar planlos durcheinander, zwischen den drei Ortschaften gingen Massen von Botschaften hin und her.
    Sdevan und sein Eingesicht rannten die schmale Treppe hoch, die sich um die gesamte Länge des Sendemastes am Landeplatz wand und auf eine kleine Plattform oben an der Spitze führte. Beide waren mit Paketen beladen. Je höher sie kamen, desto schmieriger wurden die Stufen und desto heftiger schlug ihnen der Wind den Regen um die Ohren. Einige Male griff Sdevan ein, wenn sein Eingesicht sehr nah an den Abgrund geriet, und ebenso oft bremste der Sechsbeiner den Menschen, wenn der vom eigenen Schwung über das Geländer getragen zu werden drohte. Leider war keine Zeit gewesen, aus den Früchten einen speziellen Kraftmix zu mischen, einen von der Ich-bin-der-Herrscher-der-Welt-Sorte, mit dem gigantischen Muskelkater zwei Tage danach. Sdevan trieb sich selber an. Als die beiden oben angekommen waren, machten sie sich sofort an die Arbeit, ungeachtet der Tatsache, dass beide keuchten und eine Pause dringend nötig gehabt hätten. Auch dem Ausblick, der sich von hier bot, schenkte Sdevan keine Beachtung. Er befand sich auf dem höchsten Bauwerk des Planeten, und es war ihm absolut kein Vergnügen, so weit oben zu sein. Die sichere Oberfläche war solchen Orten vorzuziehen. Und die Zeiten, in denen menschliche Bauwerke ihn allein durch Größe beeindrucken konnten, waren vorbei. Sdevan hielt die Augen des Eingesichts fern von der bestürzenden Aussicht, und seine Hände und Pfoten hatten sowieso Beschäftigung. Die Pakete wurden abgeschnallt, auseinandergenommen und ihr Inhalt entfaltet – Zähne zerrissen Schnüre, Füße stellten sich auf Zipfel, Pfoten stemmten sich gegen den Wind, Hände strichen glatt. Alle Bewegungen waren so perfekt aufeinander abgestimmt, als sei es ein Wesen, was da arbeitete, und nicht zwei grundverschiedene. Und das entsprach der Wahrheit. Unterdessen liefen unten, während das Landungsschiff zu einer völlig nutzlosen dritten Planetenumkreisung aufgefordert wurde, die Vorbereitungen auf Hochtouren. Es waren nur wenige auf Vilm, die von dem überrascht waren, was die Vilmgeborenen beschlossen hatten. Nicht einmal Tina protestierte. Sie nahm das zur Kenntnis und fügte sich in ihr Schicksal; eine Regierung hatte zu tun, was das Volk ihr auftrug.
    Dann landete das Raumschiff, das für seine Reise von der Armorica bis hierher mehr als fünfmal so lange gebraucht hatte wie die Rettungsschiffe, die damals waffenstarrende Kampftruppen unter der Führung der Auswahl auf den Regenplaneten geschafft hatten. Das Schiff setzte mit betonter Vorsicht und manierlich auf. Insbesondere bemühten sich die Piloten, keine einheimische Vegetation zu beschädigen. Als die Masse des Raumfahrzeugs zur Ruhe gekommen war und die Verständigungswege geöffnet wurden, kamen auf allen möglichen Kommunikationsleitungen dieselben Datenpakete ins Schiff. Die Schleusen blieben vorerst geschlossen. Mechin beugte sich interessiert vor und las, was da geschrieben stand. Er brauchte lang dazu, länger als die Päpstin, die wahrscheinlich einen Interface-Anschluss für größere Datenmengen im Kopf hatte und nach wenigen Sekunden schallend loslachte. Mechin schaute seine Nachbarin irritiert an. »Die sind echt gut«, sagte sie und grinste. »Sie haben beschlossen, eine Art Eintritt zu verlangen. Nun bin ich gespannt, was die geballte diplomatische Macht an Bord dieses Schiffes dazu sagt.«
    Die Päpstin stand auf, strich die Falten ihres schneeweißen Gewandes zurecht und nickte hoheitsvoll zu Mechin hinüber. »Dann werde ich wohl wieder mal in einer Konferenz mit all den Voll- und Halbdiplomaten sitzen müssen. Beinahe hätte ich die Bande meine Kollegen genannt.« Sie zwinkerte dem Arzt zu und schritt den Gang hinunter in Richtung des übertrieben prunkvollen, mit rotem Samt ausgeschlagenen Besprechungszimmers; sehr majestätisch und sehr würdevoll und ganz Pontifex. Dennoch wirkte sie deplatziert an Bord dieses

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